Fast eine halbe Million Euro Schulden: Yvonne Gabriel, 56, war die einzige von vier Halbgeschwistern, die nach dem Tod ihres Vaters Gunter Gabriel 2017 das Erbe annahm. Was für eine Bürde! Mittlerweile ist es ihr gelungen, klar Schiff zu machen.
Gunter Gabriel: Immer zwischen Eskapaden und der ganz großen Karriere
Manche sahen in Gunter Gabriel den Macho, andere den freiheitsliebenden Rebell – vor allem war er ein begehrter Songschreiber für Sänger von Frank Zander, 80, bis Juliane Werding, 66. Und seine Country-Schlager machten ihn selbst zum Star. Nach einem Karriere-Tief feierte er in den letzten Lebensjahren mit dem Musical "Hello, I'm Johnny Cash" noch mal einen großen Bühnenerfolg. Seine privaten Stationen: vier Ehen und ungezählte Affären mit der ein oder anderen "süßen Braut". Anders als ihren Vater zog es Yvonne Gabriel in ein bürgerliches Leben. Heute arbeitet die Verlagskauffrau und dreifache Mutter in der Modebranche. Das neue Album zu Ehren ihres Vaters könnte jedoch alles ändern.
Yvonne Gabriel im Interview: Die Musik verbindet sie bis heute mit ihrem Vater
GALA: Sie haben die Stimme Ihres Vaters nun wieder ganz nah gehört, als aus Demobändern, die Sie auf seinem Hausboot gefunden haben, ein Album wurde. Wie war das?
Yvonne Gabriel: Hochemotional. Bei den ersten Studioaufnahmen mussten wir ständig unterbrechen, weil überall Tränen flossen. Und ich musste ja auch für die Duette selbst singen.
Mit Duetten haben Sie Erfahrung: Kurz nachdem sich Ihre Mutter scheiden ließ, hat Ihr Vater mit Ihnen "Hey Yvonne, warum weint die Mammi?" aufgenommen. Das war sicher auch emotional.
Nein, das Lied entstand damals fast wie von selbst. Als ich mal wieder bei ihm zu Besuch war und er nach meiner Mutter fragte, hat er im Grunde einfach mitgeschrieben. Was ich als Siebenjährige gefühlt habe: dass er sie zurückhaben wollte. Gabi, seine große Liebe.

"Aber wir waren doch Familie – trotzdem"
Er hatte auch während der Ehe Affären.
Und gleichzeitig war er unendlich eifersüchtig. Meine Mutter hatte einen Verehrer, mit dem sich mein Vater um sie geprügelt hat, das war wie im Wilden Westen.
Waren Sie als älteste Tochter die Konstante in seinem Leben?
Wir hatten eine sehr innige Beziehung. Auch mit meiner Mutter war er später befreundet. Weihnachten kam er besonders gern zu uns. Klar kam er zu spät und mit irgendeiner Frau. Aber wir waren doch Familie – trotzdem. Es gab allerdings auch mal lange Funkstille zwischen uns beiden, weil ich wütend war. Da hatte er wieder auf die falschen Finanzberater gesetzt. Mit Geld konnte er nicht umgehen.
Wie ging er mit Schulden um?
Er hat immer nach Lösungen gesucht. Er hat die "Wohnzimmerkonzerte" für 1000 Euro erfunden. Aber davon blieb nur wenig übrig, weil er ja auch hohe Kosten hatte. Ich glaube sowieso, es kam ihm da vor allem auf die Nähe zu den Fans an.
Haben Sie lange überlegt, ob Sie sein Erbe – inklusive Schuldenberg – annehmen?
Es nicht zu machen, hätte sich falsch angefühlt. Und aus heutiger Sicht muss ich sagen: Ich bin an der Sache gewachsen.
Sie wagt den Schritt auf die große Bühne
Ein Weg für Sie, um an Geld zu kommen: Sie haben seine Band zusammengetrommelt und stehen nun als Frontfrau auf der Bühne.
Bei den ersten Auftritten habe ich gedacht, ich sterbe! Mein Vater wollte immer, dass ich Musik mache, aber ich war keine Rampensau, obwohl ich durch ihn ja schon früh mit dem Showbusiness in Berührung gekommen bin. Außerdem ging es bei mir dann auch mit der Familie los, ich habe schnell hintereinander drei Jungs bekommen. Die Sache mit der Musik hat sich jetzt ergeben, ohne dass ich es forciert hätte. Da sitzen dann diese Trucker bei einem Festival vor mir im Publikum, verziehen erst mal keine Miene, sind skeptisch – und applaudieren schließlich! Das ist großartig.
Wird die Musik vielleicht doch noch Ihr Hauptberuf?
Da will auf jeden Fall was raus, was offenbar immer schon da war. Ich wusste auch nicht, dass ich Songs schreiben kann. Als ich das Lied "Denkmal“ zu Hause an meinem kleinen Piano geschrieben habe, meinte mein mittlerer Sohn: "Mama, vergiss es!" Wie Jungs so sind. Jetzt ist der Song auf der Platte. Ich glaube, mein Vater schiebt mich. Er würde sagen: "Trau dich!"

Kein klassischer Familienvater
Er mochte klare Worte. Auch Ihnen gegenüber?
Er hat nie gesagt: "Ich hab dich lieb." Später eher: "Du bist 'ne geile Alte!" Seine Zuneigung hat er anders ausgedrückt, zum Beispiel, als er nach der Geburt meines ersten Sohnes einen Lkw mit zehn Paletten Windeln geschickt hat.
Konnte der selbst ernannte "Hafen-Cowboy" gut mit seinen Enkeln umgehen?
Sogar sehr gut. Auch wenn er ihnen nicht die klassischen Opa-Sachen beigebracht hat – rauchen würde ich wirklich nicht dazuzählen. (lacht)
Eine Wackelkapitän-Figur und Urlaub in den Dolomiten – Die Erinnerung bleibt
An welches gemeinsame Erlebnis aus Ihrer eigenen Kindheit erinnern Sie sich besonders gern?
An viele! Vor allem an unsere Fahrradtour über die Dolomiten, als ich 13 war. Es war seine Idee. Sich zu zweit die Berge hochkämpfen, nicht aufgeben – das hat uns sehr verbunden.

Warum haben sich so viele Frauen in diesen schwierigen Menschen verliebt, bis zuletzt?
Weil er charismatisch war. Und er konnte unendlich gefühlvoll sein, wie mir mal eine seiner Frauen erzählte – nicht nur weißes Tischtuch, Kerzen, Rosen. Seine Tagebücher sind voll mit Tränen über Frauen, die er verloren hat. Übrigens: Wenn er in diesen Phasen des Leids war, konnte ich besonders gut richtige Gespräche mit ihm führen.
Welche Erinnerungsstücke an ihn haben Sie noch?
Eine kleine Wackelkapitän-Figur beispielsweise, die hatte er im Bad stehen. Auch Hemden habe ich behalten, die trage ich. Und natürlich seine pinken Socken. Das war für ihn die Farbe des positiven Denkens.