Als sich die Tür zum VIP-Raum
der "Kerner"-Redaktion in Hamburg öffnet, lässt Veronica Ferres gerade ein stattliches Stück Weißbrot in ihrem Mund verschwinden. Später, während sie mit Gala über Kindererziehung, ihre Rolle als Mutter und ihren neuen Film spricht, schiebt sie munter Lakritz hinterher - Angst um ihre Figur muss die 45-Jährige nicht haben. Sie mache viel Sport, erzählt sie und präsentiert gleich das Ergebnis: Einmal In-den-Hintern-Kneifen gefällig? Nur zu! Gala kann hiermit bestätigen: Das Training hat sich gelohnt! Nicht so offen gab sich die Schauspielerin, als es um die Vorwürfe gegen ihren Lebensgefährten Carsten Maschmeyer als ehemaliger Chef des Finanzdienstleisters AWD gehen sollte - kein Kommentar. Da gibt es doch schönere Themen!
Für Gala haben Sie ausnahmsweise mal hinter der Kamera gestanden und Szenen Ihres Alltags fotografiert. Wie hat Ihnen der Perspektivwechsel gefallen?
Wunderbar. Ich war gerade auf einem Event. Als ich dort den iPod rausholte und die Fotografen ablichtete, gab es einige erstaunte Gesichter.
Sind Sie denn eine gute Fotografin?
Nein, bin ich nicht. (lacht)

Schießen Sie manchmal Fotos von Ihrer Tochter fürs Familienalbum?
Ja, ich mache viele Schnappschüsse. Das sind schöne Erinnerungen.
Könnten Sie sich vorstellen, auch beim Film als Regisseurin hinter der Kamera zu stehen?
Dafür bin ich zu ungeduldig. Es heißt ja, man sei als Regisseur zwei Jahre mit einem Film beschäftigt. Ich bin lieber auf der Seite des Schauspielers oder des Produzenten.
Vor der Kamera spielen Sie immer wieder normale, geerdete Frauen, jetzt auch in "Marco W. - 247 Tage im türkischen Gefängnis". Liegt Ihnen das besonders?
Ich habe gerade in einer Literaturverfilmung von Pavel Kohout eine Frau gespielt, die versucht hat, sich umzubringen, und die sich in einen 20 Jahre jüngeren Mann verliebt. Die war ganz anders, überhaupt nicht geerdet. Mir gefällt Rollenvielfalt. Beim Drehen bin ich im Dienst der Geschichte unterwegs und will sie authentisch erzählen. Es gibt für mich nichts Schöneres als die Verwandlung. Das macht mir Spaß.
Die Mutterrolle glaubt man Ihnen gern. Sind Sie privat eher eine Glucke oder die coole Mama?
Ich denke, ich bin eine gute Mischung. Für mich war es sehr wichtig, "Der Prophet" von Khalil Gibran zu lesen. Er beschreibt wunderbar, dass die größte Herausforderung für uns Eltern darin besteht, die eigenen Ängste nicht auf die Kinder zu übertragen, sondern sie zu freiheitlichen Menschen zu erziehen. Wenn wir das durch zu viel Glucken versäumen, ist das vielleicht eine Befriedigung für uns, aber eine totale Hemmung der kindlichen Persönlichkeit.
Gibt es ein Frauenbild, das Sie Ihrer Tochter vermitteln möchten?
Erziehung funktioniert, indem man etwas vorlebt. Ich habe kein Frauenbild im Kopf, nach dem meine Tochter sich entwickeln soll. Wichtig ist mir, dass sie gerne tut, was sie tut, dass sie gerne mit den Menschen zusammen ist, die sie umgeben. Und dass Sie gerne an dem Ort ist, an dem sie sich aufhält. Alles andere ergibt sich dann.
Welche Frauen beeindrucken Sie?
Mit Nicole Maibaum als Co-Autorin habe ich gerade meine Vorbilder porträtiert, in meinem neuen Buch "Kinder sind unser Leben". Darin wird die Arbeit von Frauen und auch Männern beschrieben, die zum Teil selbst ein schweres Schicksal durchmachen mussten und heute Kindern in Not helfen. Das sind Menschen, die mitten im Leben stehen und Unglaubliches leisten.
Häufig sind es Mütter, die Erstaunliches aushalten für ihr Kind. Sind Frauen die Stärkeren?
Ich glaube, dass wir ungeahnte Kräfte, dass wir alle irgendwo so einen Löwenmutterinstinkt in uns haben. Wir wollen unser Rudel verteidigen.
Hätten Sie auch so viel Kraft gehabt wie Marcos Mutter, die 247 Tage lang nicht wusste, ob ihr Sohn freikommt?
Ich war dankbar, diese Rolle zu spielen, und hoffe, dass ich dieselbe Kraft aufbringen könnte, wie wir sie im Film darstellen. Ansonsten ist so eine Frage zu abstrakt. Man kann sich nur wünschen, dass einem so etwas nie passiert.


Sie sind auf einem Hof bei Solingen aufgewachsen, inzwischen führen Sie ein Glamour-Leben. Für Ihre beruflichen Leistungen haben Sie Auszeichnungen und Preise erhalten. Können Sie das jetzt besonders genießen?
Natürlich freue ich mich über die zahlreichen Auszeichnungen. Ich weiß nicht, ob ich es besonders genießen kann. Aber ich bin jeden Tag dankbar, eine wunderbare, gesunde Tochter, eine tolle Familie, treue Freunde zu haben - und den schönsten Beruf der Welt.
Ihr Lebensgefährte Carsten Maschmeyer hat sich ebenfalls aus einfachen Verhältnissen herausgearbeitet.
Da gibt es sicher Parallelen.
Der rote Teppich gehört für Sie beide zu Ihrem Leben, Sie müssen sich also viel stylen. Macht Ihnen Mode Spaß?
Ja, sehr. Ich gehe auf die 50 zu - und fühle mich wohler denn je.
Sie sind Reiterin. Schminken Sie sich vor einem Ausritt?
Nein. Und auch sonst brauche ich für mein persönliches Make-up nur ein paar Minuten, wenn ich mich morgens nach dem Sport fertig mache.
Ihre Figur ist traumhaft. Doch das war nicht immer so, als Jugendliche mussten Sie Hänseleien aushalten. Haben Sie Tipps für Mädchen in einer ähnlichen Lage?
Bewegung, Bewegung, Bewegung. Sich nicht schlecht fühlen, wenn man mal Lakritze isst. Aber auch die Essgewohnheiten ändern, wenn es notwendig ist. Der beste Zeitpunkt dafür ist: jetzt. Und nicht morgen. Jetzt. Ich gönne mir aber auch mal ein Stück Himbeerkuchen mit Sahne, das sagt mir dann mein Körper, und da höre ich hin.
Sind Sie eigentlich gern Blondine?
Wahnsinnig gern, das weckt doch immer Beschützerinstinkte. Alle glauben ja, blonde Frauen können nicht denken. (grinst)
Andrea Schumacher