Mails schreibt und empfängt sie nicht. Das lässt Verona Pooth, 51, ihre Assistentin erledigen. Ansonsten aber ist die Powerfrau in Sachen Technik auf dem aktuellen Stand. Und hat den Sprung von der analogen Werbe-Ikone zum Instagram-Star mühelos geschafft. Als in GALAs Geburtsjahr 1994 das erste Smartphone auf den Markt kam, war für Verona das Handy schon längst unverzichtbar. Wie sie die Digitalisierung erlebt hat und warum das Internet für sie Beweismittel Nummer eins ist, erzählt sie im Interview.
Verona Pooth konnte mit ihrem ersten Handy am Kiez mithalten
Erinnern Sie sich an Ihr erstes Handy?
Verona Pooth: Oh ja, das war 1990, es war ein riesengroßes Motorola-Handy und sah aus wie ein Aktenkoffer. Meine Rapper Brian und Philipp waren mehr als begeistert, als mein Manager Alain mir den Floh ins Ohr gesetzt hatte, dass wir als Gruppe Chocolate immer erreichbar sein sollten.
Warum das denn?
Damit uns kein Auftrag durch die Lappen geht. Ich war damals "Miss Hamburg" und "Miss Germany", ging mit meinem Hit "Ritmo de la Noche" auf Tour. Von meinem Ersparten investierte ich 20.000 Mark in einen Mercedes-Diesel, ein altes Taxi, das ich anthrazit umlackieren ließ. Die Jungs in der Werkstatt haben mir für das Telefon ein spezielles Fach ins Auto gebaut. Durch die Antenne, für die extra ein Loch, groß wie ein Fünf-Mark-Stück, ins Dach gesägt werden musste, hat man sofort erkannt, dass ich ein Mobiltelefon hatte. Das war damals noch eine Sensation.
Ihr erstes Statussymbol?
In Hamburg hatten das sonst nur die Kiezgrößen, die schweren Jungs von der Reeperbahn, das Motorola war ein richtiges Zuhältertelefon. Vor den Clubs, dem "Madhouse", "Traxx", "Voilà" und "Top Ten", parkten die Maserati und Ferrari mit den riesigen Antennen, und man wusste: Oh, die haben ein Mobiltelefon. Und dann kam ich kleine 22-jährige Mickymaus und hatte genau das gleiche Telefon. Das war abgefahren. Es bildete sich immer eine Traube um mein Taxi. Die Männer kamen alle und staunten, das Auto war plötzlich stadtbekannt. Und als ich dann mit meinen Jungs unterwegs war und das Telefon tatsächlich klingelte, haben wir alle gekreischt und waren total aufgeregt. Die Investition, das waren damals ja mehrere tausend Mark, hat sich rentiert. Allein, dass auf meiner Visitenkarte eine Mobilnummer stand, sorgte schon für Staunen und verlieh mir einen Status von Professionalität und Erfolg.
Haben Sie Ihr Handy heute auch immer dabei?
Ich liebe mein Handy. Es ist ein kleiner Computer, man kann alles drauf machen, was man auch auf dem Laptop machen kann. Ich kann alles dokumentieren, meinen Instagram-Account pflegen, Dokumente ablegen, und ich kann jederzeit aus der Handtasche heraus jemandem mein Privatleben zeigen, wenn ich es möchte. Mein Hund, mein Mann, meine Kinder, so wie früher die drei Fotos, die man im Portemonnaie hatte. In der digitalen Welt funktioniert alles viel schneller und aktueller.
Gefällt Ihnen das?
Ja, weil alles transparent ist. Heute hat die Lüge kaum noch Platz. Früher konnte jeder erzählen, dass er einen interessanten Job oder ein großes Haus hat, dass er studiert hat, ein Ferienhaus besitzt und seine Frau bildschön ist. Wenn heute einer zu dolle auf den Putz haut, ist das nicht mehr ganz so einfach.
Kommt Ihnen diese Ehrlichkeit entgegen?
Ich war schon als 21-Jährige viel in den Medien, ich konnte mich ja nicht noch jünger machen. Meine Mutter hat gesagt, ich soll immer die Wahrheit sagen, immer. Dann bist du unantastbar. Eine Lüge, so hat sie gesagt, ist nur für kurze Zeit, die Wahrheit aber für die Ewigkeit. Und sie hatte recht. Das Internet ermöglicht heute die Beweisführung.
Vom Werbestar zum Influencer...
Mit 500.000 Followern bei Instagram sind Sie mittlerweile eine Influencerin.
Das ist alles relativ. Aber mir macht es einfach sehr viel Spaß und es stresst mich nicht, auch wenn ich nicht immer alles richtig mache. Ich liebe meine Community. Ich poste recht viel.
Was stellen Sie ins Netz?
Worauf ich Lust verspüre. Was die Community sehen will, hat man ja irgendwann auch raus. Ich mache gern über den Tag verteilt Fotos und kurze Videos, ob Hund, Maske, Paris, Küche oder Sport. Ich halte alles fest und entscheide dann spontan, was ich poste oder in meine Story stelle. Beruflich mache ich gern Instagram-Stories. Gerade da kann ich albern sein, mache auch mal verrückte Sachen, über die ich mich mit meinem Team selbst kaputtlache. Ich lache halt gern und viel, alles ist 100 Prozent Verona.
Spüren Sie Druck, immer Neues liefern zu müssen?
Druck ist nicht das richtige Wort. Ich nutze Instagram auch viel beruflich, um meine Meinung kundzutun, wichtige Dinge zu zeigen, mit Partnern zusammenzuarbeiten – dafür ist das richtig und wichtig. Aber nicht der Lebensinhalt. Alleine das Netz reicht nicht aus. Ich habe Social Media anfangs auch – wie viele andere aus meiner Branche – unterschätzt und bin erst 2016 auf den Zug aufgesprungen. 98 Prozent der Deutschen kennen mich laut einer Umfrage, wozu brauche ich das dann noch, dachte ich mir. Und siehe da, man lernt nie aus.
Warum ist diese Entwicklung so wichtig?
Wer nicht mit der Zeit geht, wird abgehängt. Ob ich einen Hundesalon oder einen Landschaftsarchitekten suche, ich schaue mir doch erst einmal die Internet-Präsenz an. Einfach einen Flyer zu verteilen, das ist vorbei.
Sie sind nun seit drei Jahren bei Instagram, was hat sich für Sie beruflich verändert?
Zum Beispiel, dass es sehr lukrative Deals mit guten Honoraren gibt. Mein Manager und ich haben eine sehr genaue Vorstellung, was über meine Seite laufen kann. Ich halte nicht jeden Ingwertee in die Kamera, ich wähle sorgfältig aus. Es gibt sehr viele Angebote, aber ich nehme nur wenige an. Passt das Produkt zu mir? Stehe ich auch wirklich dahinter? Außerdem bewahre ich mir die Freiheit zu entscheiden, auf welche Art ich poste.
Für Sie ist es ein Geschäft. Wo liegt für andere der Reiz?
Heute kann jeder Model sein, egal wie jung oder alt man ist. Jeder kann seinen Traum leben. Wer nett aussieht, sich gut zurechtmachen kann, hat seine eigene kleine Show. Ob man Pullis strickt, Graffiti sprüht oder Katzen füttert.
Aber man setzt sich auch teilweise sehr bösen Kommentaren aus.
Na und? Wer so dünnhäutig ist, hat in der Medienwelt keine Überlebenschance. Social Media hat eigene Spielregeln. Wie sagt man so schön? Nur die Harten kommen in Garten.
Der unglaubliche Beauty-Wandel der Verona Pooth
Noch heißt Verona mit Nachnamen Feldbusch. Doch das soll sich wenige Tage später ändern. Am 18. Mai heiratet das Model seinen Franjo Pooth. Von ihrer Trauung in San Diego gibt es zwar keine öffentlichen Fotos, aber es sieht ganz danach aus, als hätte sie unter ihrem Schleier rötliche Haare gehabt.
Auf Instagram zeigt sie die nackte Wahrheit - zumindest fast
Ihnen sind ja auch schon mal Retusche-Pannen unterlaufen.
In der Tat. Ich erinnere mich an ein Bikini-Foto am Strand in Saint-Tropez, wo das Wasser am Horizont plötzlich bergauf floss. Oder an eines auf den Malediven, wo meine Arme länger als meine Beine waren. Da ich kein Äffchen bin, muss mir da tatsächlich eine Panne unterlaufen sein. Das waren meine Anfänge, inzwischen beherrsche ich die Retusche aus dem Effeff. Ich finde es albern zu behaupten, dass man noch kein einziges Bild auf seiner Instagram-Seite bearbeitet hat. Ich stehe dazu – meine Bilder bekommen ein Touch-up, wenn ich zum Beispiel speckig glänze. Ich halte nichts davon, Bilder extrem zu verschönern, da ich gerade bei meinem Job ständig auf Menschen treffe und im Fernsehen bin. Und da habe ich wirklich keinen Einfluss auf Bearbeitung.
Auch dass sie "glattgebügelt" aussehen, ist zu lesen.
Jetzt sitze ich ja so vor Ihnen. Und? Ist die Enttäuschung groß?
Nein, überhaupt nicht, Sie sehen toll aus!
Dankeschön. Und genau das ist der Punkt. Ich war gerade in 15 TV-Shows, um über meine Autobiografie "Nimm dir alles, gib viel" zu sprechen. Wenn ich dann aussehen würde wie ein chinesischer Faltenhund, wäre die Enttäuschung im Verhältnis zu den Instagram-Fotos doch recht groß. Jeder im Publikum, die anderen Gäste und Moderatoren würden tuscheln, und das wäre eine Belastung für mich. Man soll sich nicht erschrecken, wenn man mich im realen Leben sieht. Ich freue mich mehr über das Kompliment: "Sie sehen in natura viel schöner aus als im Fernsehen." Aber die Verführung ist natürlich groß, sich selbst zu verschönern. Bei Tinder zum Beispiel, wo ich nie angemeldet war, weil ich schon 19 Jahre mit Franjo zusammen bin, soll es ja nur Traummenschen geben. Was ist denn dann da los, wenn man zum Date geht? Bei Teenagern, die dem Schönheitsideal noch hinterherhecheln, ist das gefährlich. Dass sie ihre Fotos stark bearbeiten, ist nicht gut für das Selbstwertgefühl, weil sie dieses Schönheitsideal nie erreichen werden. Meine Bilder entsprechen meinem Stil, meinem Aussehen und meiner Art. Nur ein bisschen Glow gibt’s obendrauf. Sonst schießt man ein Eigentor. Das können die Teenies noch nicht richtig einschätzen. Wo ist denn der Schmollmund, wo sind die großen Augen, der sexy Hintern? Hätte ich eine Tochter, würde ich mit ihr viel darüber reden.
Ihr 15-jähriger Sohn Diego postet auch.
Ja, er hat inzwischen richtig Spaß daran, aber langsam. Ich habe beobachtet, dass er erst vor kurzer Zeit seinen eigenen Stil gefunden hat. Anfang des Jahres hat er sein Instagram- Profil komplett gelöscht, was ich ganz mutig fand, und ist dann mit seinem neuem Stil durchgestartet. Er hat auf seiner Seite @san_ diego_pooth schon über 14000 Follower für gerade mal knapp zehn Bilder. Ich bringe mich da nicht ein, ich bin ja keine Eiskunstlauf-Mami, das sind seine kreativen Gedanken und nicht meine. Er hat schon seine ersten Deals bei Social Media laufen. Gerade erst vor Kurzem hat er von sich aus junge Labels angeschrieben und positive Resonanz erhalten. Ich war echt überrascht.
Wo sind Ihre Grenzen?
Natürlich gibt es für mich Grenzen, ich mag keine nackten oder ordinären digitalen Inhalte. Popöchen ist erlaubt, Nippel nicht. Natürlich poste ich auch mal sexy Fotos von mir. Ich freue mich sehr über die Komplimente meiner Follower, aber das wird ja auch streng von Herrn Zuckerberg kontrolliert.
Und Franjo ist eifersüchtig?
Ich denke da gar nicht an erster Stelle an Franjo, sondern an San Diego, er ist mein größter Kritiker, was meine Instagram-Fotos betrifft. Zumindest was meine figurbetonten Fotos angeht. Er hat mir schon mal auf der Sonnenliege am Strand in Dubai ein Handtuch übers Dekolleté gelegt, als ich mich mit einem jungen Mann unterhalten habe. Nun habe ich es überlebt, einen eifersüchtigen Ehemann zu haben, da fängt der Sohn an. Aber San Diego ist eben ein Beschützer. Und ehrlich gesagt bin ich da auch ganz stolz drauf, dass er in seinen jungen Jahren schon so einen großen Beschützerinstinkt hat.
Googeln Sie sich eigentlich selbst?
Ich benutze das Internet, um Dinge zu belegen, vor allem im Ausland, wenn mich jemand nicht kennt. Dann kann ich beweisen, dass ich "Miss American Dream" war, von Donald Trump persönlich gekürt. Wenn jemand sagt, na, die übertreibt doch ein bisschen, dann gehe ich ins Netz und finde das passende Foto. So bekommt die Geschichte einen Boden. Egal, ob ich mit Sir Peter Ustinov vier Werbespots für die Expo gedreht habe, Karl Lagerfeld mein Hochzeitskleid geschneidert hat oder ich einen Bambi bekommen habe. Meine letzten 30 Jahre sind dokumentiert. So konnte ich Diego auch beweisen, dass ich bei "Wer wird Millionär?" 125.000 Euro gewonnen habe. Wer glaubt mir denn sonst so was?
