Aus Toronto berichtet Julide Tanriverdi:
Kanadier gelten als freundliche, zurückhaltende Menschen. Doch wenn man so nah an die Stars herankommt, wie momentan in Toronto während des Film Festivals, dann kann man schon die Nerven verlieren. Eine junge Dame schreit sich die Lungen nach einem unrasierten George Clooney aus dem Hals, der seinen neuesten Film "Michael Clayton" hier vorstellt. "Oh danke danke. Ich mag die Aufmerksamkeit", scherzte der Star. Die vollgestopfte Roy Thomson Hall tobte. Satte sieben Bodyguards beschützten Clooney hier – wohl damit die Damen nicht zu nah an ihn rankamen. Und George fütterte seine Fans mit seinem gewohnten Humor. "Danke Toronto, dass ihr mich einen Tag vor Brad Pitt habt!" Ein Hinweis darauf, dass die Premiere für Jesse James erst einen Tag später stattfindet. Im Design Center gab es die After-Party, wo sich George übrigens königlich amüsierte. Nach seiner Begleitung aus Venedig, Go-Go-Tänzerin Sarah Larson gefragt, antwortete er einer Journalisten nur lachend. "Nice question, have a nice day!" Übrigens: Clive Owen hatte sich in die "Michael Clayton"-Vorführung geschlichen und saß ziemlich weit hinten im Saal. Kaum jemand bemerkte ihn. Sein Kumpel George hatte ihn wohl eingeladen.
Andere Sorgen hatte Peter Saarsgard. Der Schauspieler, der mit seinem Schwager Jake Gyllenhaal den neuesten Film "Rendition" (übrigens auch mit Reese Witherspoon, die ja bekanntlich mit Jake turtelt) promotet, hätte es fast nicht zur Premiere geschafft. Er hatte seinen Pass vergessen und die Grenzkontrolle fand das gar nicht lustig. "Früher, in der Zeit, wo Terroranschläge unseren Alltag noch nicht verändert hatten, konnte man mit seinem Ausweis nach Kanada reisen. Ich habe einfach nicht daran gedacht", entschuldigte sich der Star verlegen. Nun ja, immerhin ließen sie ihn noch durch und er konnte mit seinen Kollegen den Erfolg des politischen Films feiern, der gut beim Publikum ankam.
Filmemacher Michael Moore war auch in Toronto. Sein Film "Captain Mike Across America" nimmt diesmal das amerikanische Wahlsystem auf die Schippe. Geschnitten wie ein Konzertfilm zeigt er, wie wichtig wählen gehen ist. Anhand der Geschehnisse von 2004, wo George W. Bush wiedergewählt wurde. Moore ging allerdings nicht nur in seinen eigenen Film, sondern checkte auch die Konkurrenz aus. So zum Beispiel in "No Country for Old Men", dem nächsten Streich der Brüder Coen. "Ich liebe ihre Filme", so Moore. In No Country spielt Javier Bardem einen psychopathischen Killer, der keinerlei Skrupel hat und Menschen mit einer Luftpistole abknallt, mit der sonst Vieh geschlachtet wird. Im Kino kam es regelmäßig zu Uuiii oder Ahhh-Schreien vor Entsetzen – so sehr war das Publikum verschreckt. Schon jetzt heißt es, Bardem könnte damit seine nächste Oscarnominierung einheimsen (2001 für Before Night Falls). "Ich mag eigentlich keine Gewalt", so Javier. Man mag es ihm kaum glauben – so überzeugend mordet er sich durch den Film mit Tommy Lee Jones auf seinen Fersen.