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Titelgeschichte Sie kann nicht mehr

Keira Knightley, Superstar: Seit fünf Jahren lebt die Schauspielerin auf der ­Überholspur und dreht einen Film nach dem ­anderen. Der Karrieredruck droht sie zu ­zerbrechen - doch endlich denkt sie über eine ­längere Auszeit nach

Auf den ersten Blick scheint

wäh­rend der Venedig-Pre­miere ihres neuen Films "Abbitte" alles wie gewohnt. Elfengleich schreitet sie über den roten Teppich, winkt Fans zu, posiert für Fotografen. Aber kaum fühlt sich Keira Knightley unbeobachtet, ­erstirbt ihr maskenhaftes Lächeln; auf einmal wirkt die Hollywood-Diva verloren und traurig. Immer wieder geht ihr Blick ins Leere. Eine Aura der Schwermut umweht sie. Ihre sonst so strahlenden ­Augen haben an Glanz verloren. Nicht nur die anwesenden Journalisten beginnen zu tuscheln: Was ist bloß mit Keira los?

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Nach fünf Jahren Dauerstress, in denen zwischen zwei Filmprojekten manchmal nur vier Tage Pause lagen, ist die Schauspielerin offenbar am Ende ihrer Kräfte und denkt bereits laut über eine Auszeit nach. "Ich will endlich ein richtiges ­Leben führen und brauche Abstand von dem ganzen Zirkus", klagte die Britin jüngst im Interview. Sie fühle sich erschöpft, ausgebrannt und habe erkannt, dass es so einfach nicht weitergehen könne: "Man lebt nur noch auf Filmsets, steht unter per­ma­nentem Druck, und für Freundschaften bleibt sowieso keine Zeit mehr." Zwar hat Keira Knightley im Alter von nur 22 ­Jahren fast alles erreicht: Ihre Filme ("Fluch der Karibik") sind weltweite Blockbuster, Millionen Fans liegen ihr zu Füßen, sie kassiert Topgagen und gilt dank ihrer ­be­eindruckenden Leistung im Kriegs­drama "Abbitte" bereits heute als Oscar-Favo­ritin 2008. Doch zu welchem Preis?

Wenn die letzte Klappe zum Histo­riendrama "The Duchess" ­gefallen ist, soll endlich Ruhe einkehren in ihrem Leben. ­Tatsächlich dürfte Miss Knightley eine längere Pause mehr als gut tun. Denn so betont stark, stolz und selbstbewusst sie sich nach außen auch gibt: Hinter der Fassade verbirgt sich eine von Selbstzweifeln geplagte junge Frau. Getrieben vom Gefühl, Kritikern und auch sich selbst stets etwas beweisen zu müssen - und deshalb ständig am Stresslimit.

Es sind Versagensängste, deren Ursache in den Anfängen ihrer Karriere zu finden ist. Als Keira 2002 mit "Kick It Like Beckham" ihren Durchbruch hatte, hagelte es hämische Kommentare. Sie sei zwar hübsch, aber als Schauspielerin eine Nullnummer. Kritik, die sie bis ins Mark erschütterte. "Man ist ohnehin total unsicher und muss dann auch noch seine schlimmsten Befürchtungen gedruckt lesen", erinnert sich die Schauspielerin. Seitdem würde sie nur noch drehen, drehen, drehen, geplagt von der Sorge, den Anforderungen nicht zu genügen. "Ich laufe seit Jahren vor meinen eigenen Ängsten davon und versuche, sie mit Arbeit zu ­be­graben", sagt sie. "Was Keira Knightley fehlt, ist eine stabile Ich-Identität", analysiert der Hamburger Psychologe Michael Thiel.

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Sie teilt das Schicksal von vielen talentierten Schauspielern, die zu früh und zu schnell Karriere gemacht haben: "Sich selbst auszuprobieren, auch mal Fehler zu begehen und aus ihnen zu lernen, dazu hatte sie nie eine Chance", so Thiel. Stattdessen wurde ihr schon früh das ganz normale Leben aus der Hand genommen und von Managern, Beratern oder Assistenten organisiert. Ein gesundes Selbstwertgefühl habe sie nicht aufbauen können und reagiere deshalb auch besonders sensibel auf Negativschlagzeilen oder Misserfolge. "Schlägt man den Begriff Unsicherheit im Lexikon nach, findet man dort Keira Knightley", sagt sie über sich selbst und unterstreicht so, wie dünnhäutig sie tatsächlich ist. Umso heftiger dürfte die Gewinnerin der "People's Choice Awards" unter der britischen Boulevardpresse leiden, die gnadenlos auf sie einprügelt. "Nur noch Haut und Knochen", "Sexy wie ein Holzbrett" oder "Ihre Magersucht treibt sie in den Tod", tönt es in den Schlagzeilen.

Die immer wieder kursierenden Gerüchte um eine angebliche Essstörung gelten ­ohnehin seit Jahren als Keiras wunder Punkt. Während Branchen-Insider die Krankheit als offenes Geheimnis bezeichnen und Psychologen darin eine Art Verweigerung sehen, erwachsen zu werden, beharrt Keira weiterhin darauf, dass mit ihrer Gesundheit alles in bester Ordnung sei. Sie sei nun mal aus Veranlagung so dünn. Dementsprechend ­gereizt reagierte sie, als bei einer Pressekonferenz in Venedig das Thema wieder einmal zur Sprache kam: "Reden Sie über meine Arbeit, nicht über mein Gewicht. Ich habe keine Lust, dass mein Film kaum beachtet wird, weil einige Leute sich offenbar mehr für unwichtiges Beiwerk interessieren", raunzte der Jung-Star einen Journalisten an.

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Armes reiches Mädchen! Wie gut, dass Keira Knightley zumindest privat ihr Glück gefunden zu haben scheint. Seit rund zwei Jahren ist Rupert Friend der Mann an ihrer Seite. Doch so sehr sie den 25-jährigen Schauspieler nach eigenen Angaben auch liebt - von einer Hochzeit will sie nichts ­wissen: "Ich habe in meinen Filmen fünf Mal geheiratet, hatte drei Kinder und ungezählte Heiratsanträge, ich denke, das reicht erst mal." Hinter vorgehaltener Hand berichten Freunde des Paares allerdings, dass die Zurückhaltung auch am Einfluss der Eltern liege. Die hätten ihr nach der schmerz­haften Trennung von Model Jamie Dornan davon abgeraten, sich schnell wieder fest zu binden und würden dem ­jetzigen Partner der Tochter ohnehin eher skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Rupert Friend leide darunter sehr. Apropos Eltern: Zu Mutter Sharman, 56, einer Drehbuchautorin, und Vater Will, 61, einem Schauspieler, hat Keira bis heute ein ungewöhnlich enges Verhältnis. Sie seien die wichtigsten Bezugspersonen in ihrem Leben, sagt sie. "Meine Tochter war privat schon immer ein zurückhaltender und schüchterner Mensch. Nur wenn sie schauspielern durfte, kam sie aus sich heraus. Als ihre Freundinnen bereits in Teenager-Bands mitrockten, spielte sie zu Hause noch mit Puppen", erzählt Mutter Sharman. Eine ­Introvertiertheit, die Keira trotz allen Starrummels bis heute nicht abgelegt hat. Sie meidet Hollywood-Partys, telefoniert nur ungern und verkriecht sich in ihrer knappen Freizeit am liebsten mit Rupert im gemeinsamen Londoner Apartment.

So wichtig ihr die Arbeit ist, so sehr verabscheut sie es auch, im Blitzlichtgewitter zu stehen. Man brauche eine Rüstung aus Stahl, um sich dauernd der Öffentlichkeit stellen zu können, findet sie. Sicher auch ein Grund, warum Keira nun endlich die Notbremse ziehen möchte.

Aber ob den Worten auch tatsächlich Taten folgen? Schon mehrfach kündigte sie eine Karrierepause an, stand dann aber doch wieder vor der ­Kamera. "Es dürfte ihr sehr schwer fallen, tatsächlich loszulassen. Denn trotz der Dauer­belastung liebt Keira ihren Job über alles, ist geradezu arbeitswütig", verrät eine Vertraute gegenüber GALA. Außerdem habe sie panische Angst davor, für immer weg vom Fenster zu sein, sollte sie länger pausieren. Eine Tatsache, die dem Psychologen Thiel große Sorgen bereitet: "Wenn Keira Knightley nicht endlich auf die Signale ihrer Psyche hört, wird es für sie ein böses Erwachen g­eben. Dann ist ein Zusammenbruch nur noch eine Frage der Zeit." Der Preis des Ruhms - wie hoch darf er sein?

gala.de

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