Ein rührender Anblick, wie er da im Gras hockt
und seine kleine Tochter im Arm hält. Ganz liebevoller Daddy, zupft Brad Pitt, 43, ihr das weiße Kleidchen zurecht und drückt der einjährigen Shiloh ein Küsschen auf die Stirn. Andere Väter und Mütter kommen mit ihren Kindern vorbei, gucken, plaudern mit dem Schauspieler, der ihnen nicht als Superstar, sondern als neuer Nachbar gegenübersteht. Kleingarten-Idylle an diesem sonnigen Nachmittag in New Orleans, wo Pitt mit seiner Familie jetzt zu Hause ist - Glück, Zufriedenheit und vor allem Geborgenheit gefunden hat. Alles, wonach er sich so sehnte. Es geht nicht mehr um ihn, um seinen Status als Hollywood-Alpha-Männchen, nicht um seine Rolle als Partner von Angelina Jolie, 31. Es geht um die einfachen Dinge im Leben, um Kinder, um Pitt als Daddy.
Auf einem anderen Kontinent...
Eine Rolle, in der er aufgeht. Zur selben Zeit, 12.000 Kilometer von Louisiana entfernt: Pitts Lebenspartnerin Angelina Jolie steigt im afrikanischen Tschad aus einem Jeep und klopft sich den Staub von Jeans und T-Shirt. Schwere Stiefel, kein Make-up. Ihr Blick verrät den Ernst der Lage. Sie besucht ein Flüchtlingslager, Menschen aus dem Sudan hoffen hier auf eine bessere Zukunft. In einem Leitartikel ("Justice for Darfur") für die Washington Post macht sie später ihrer Wut über die verzweifelte Lage Luft. Kritisiert die "Killer" und die "Sponsoren von Gewalt in Darfur". Will, dass internationale Gerichtshöfe "Gerechtigkeit einfordern". Jolie ist als Goodwill-Botschafterin der Vereinten Nationen unterwegs. Als eine Art ehrenamtlicher Friedensengel. Wieder einmal.
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Rund 30 Trips hat Jolie seit dem Beginn ihres Engagements für die UN im Jahre 2001 bereits unternommen. Sie besucht Flüchtlingslager auf der ganzen Welt, kümmert sich um Aids-Waisen, kämpft gegen die Armut. Mit Worten und Taten.
Erneut möchte sie ein Kind adoptieren, wie jetzt bekannt wurde. Es wäre das dritte nach Maddox, 5, aus Kambodscha und Zahara, 2, aus Äthiopien. Und das vierte insgesamt. Diesmal soll der Nachwuchs aus Vietnam kommen. Vu Duc Long, Direktor der vietnamesischen Adoptionsbehörde, erklärte, dass Jolie einen Jungen aus dem Tam Binh Waisenhaus in Ho Chi Minh City nach Amerika holen wolle. "Frau Jolie hat den Antrag offiziell eingereicht", so Long. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Laut Gesetz dürfen in Vietnam nur verheiratete Paare adoptieren, wie die amerikanische Adoptions-Anwältin Tatiana Beams zu bedenken gab. "Normalerweise werden Singles von den Behörden abgelehnt", so Beams. Offenbar machte man bei dem Hollywoodstar eine Ausnahme.
Ihn stört der Rummel viel weniger
Dabei ist unklar, ob Angelinas Lebensgefährte Brad Pitt in den Dokumenten überhaupt erwähnt wird. Ihr Engagement ist die treibende Kraft. Während Pitt seiner Partnerin den Rücken frei hält und sich als vorbildlicher Vater daheim um die Kinder kümmert. Hollywood spielt längst keine große Rolle mehr im Leben der beiden Superstars. Wobei Pitt das geringere Problem mit Los Angeles und dem Film-Business hat. Er liebt es, von seinem Publikum geliebt zu werden. Und schätzt, dass der Ruhm ihm und seiner Familie ein Leben im Luxus ermöglicht. Der Rummel hat ihn nie gestört.
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Anders Angelina. Sie war es, die endlich weg wollte aus Malibu, dem "Paparazzi-Zoo". Ihr jüngster Auftritt bei den Golden Globes war Beweis genug dafür, dass ihr Leben heute einen anderen, einen "tieferen Sinn" hat, wie sie sagt. Nur Pitt zuliebe war sie zur Preisverleihung erschienen, wirkte dann allerdings die meiste Zeit gelangweilt und schlecht gelaunt.
Um seine vom Hollywood-Zirkus genervte Freundin zu besänftigen, nahm Pitt letztlich die Zügel in die Hand. Er wusste, dass es so nicht weitergehen konnte und Angelinas Unzufriedenheit auch eine Gefahr für ihre Partnerschaft darstellte. Angeblich sollen beide sogar eine Partnerschaftsberatung aufgesucht haben. Wollte Pitt doch vermeiden, dass seine Beziehung mit Angelina den Bach runtergeht. "Brad hat aus früheren Fehlern mit Jennifer Aniston gelernt. Er weiß heute, dass eine gute Partnerschaft nur dann funktionieren kann, wenn man Kompromisse eingeht", so ein Freund Pitts zu GALA. Also kam er ihr entgegen, veranlasste den Umzug von Malibu nach New Orleans und sagte trotz mehrfachen Bittens der Academy seine Teilnahme an der Oscar-Verleihung ab.
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Sie fühlt sich ernst genommen
Angelina, das meinen Bekannte der Schauspielerin, sehe in den Aktionen von Brad Pitt viel Positives. "Endlich hat sie einen Mann gefunden, der ihre Träume ernst nimmt." Das Filmgeschäft ist zumindest für Angelina Jolie nur noch ein "notwendiges Übel", wie sie im engsten Freundeskreis in letzter Zeit oft propagiert. Wenn möglich, dann dreht die ehemalige Lara-Croft-Darstellerin heute nur noch Filme mit Anspruch, wie "Der gute Hirte" oder das Drama "A Mighty Heart" über einen in Pakistan ermordeten Journalisten. Warum sie überhaupt mit der Schauspielerei weitermacht? "Es erleichtert meine Arbeit als UN-Botschafterin", wie Angelina einmal im Interview mit GALA erklärte.
In Hollywood ist es ein offenes Geheimnis, dass Jolie mehr als 30 Prozent ihrer Einnahmen karitativen Einrichtungen zukommen lässt. Für ihre Rolle in "Mr. & Mrs. Smith" erhielt sie rund 20 Millionen Dollar. Dabei muss sie selbst über die absurd hohen Gagen den Kopf schütteln. Doch: "Sie nimmt die Dollars, um sie an anderer Stelle sinnvoll einzusetzen", so ein Freund der Schauspielerin.
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Imagewechsel angestrebt
Mit steigendem humanitären Engagement vollzieht sich auch langsam ein Imagewechsel. Es sind nicht mehr Schauspiel-Kollegen wie Winona Ryder, mit denen sich die bald vierfache Mutter zum Essen trifft, heute sitzt sie mit Jeffrey Sachs am Mittagstisch. Ein Professor der Columbia University, Kämpfer gegen Armut und Autor des viel beachteten Sachbuches "The End of Poverty" (Das Ende der Armut).
Auch ihr Beraterkreis hat sich in den vergangenen Monaten verändert. Einen eigenen Sprecher, in Hollywood sonst üblich, hat sie entlassen. Angelina spricht für sich selbst. Und seit dem Tod ihrer Mutter Marcheline Bertrand, die Ende Januar an Krebs starb, vertraut sich die Schauspielerin immer häufiger Brads Mutter an. Jane Pitt wohnt mittlerweile im Haus des Paars in New Orleans und "kümmert sich als liebevolle Oma um unsere kleine Kinderschar", sagte Brad Pitt kürzlich. Einerseits will Angelina eine Familie, so zahlreich wie eine ganze Fußballmannschaft, andererseits hat sie, was paradox erscheint, kaum noch Zeit. David Thompson, ein renommierter Autor in den USA, schreibt über Jolie: "Sie ist wie ein nationales Denkmal, aber keiner hat auch nur die leiseste Idee, wie man dieses Denkmal behandeln sollte."
Für Brad wird es anstrengend
Vielleicht hat Brad Pitt ja das Geheimnis gelöst. Sein Wunsch, eine Großfamilie zu haben, treibt ihn zu immer neuen Kompromissen und räumt Jolie genug Freiräume ein. Wie GALA erfuhr, soll Brad Pitt seiner "Angie" sogar angeboten haben, es mit der Schauspielerei ganz sein zu lassen. Damit sie sich voll auf ihre Vorhaben konzentrieren kann. Pitt hingegen überschlägt sich, um alles unter einen Hut zu bekommen. Seine Produktionsfirma boomt, fünf aktuelle Projekte sind in der Pipeline, derzeit rast der Star von Filmset zu Filmset.
"Brad Pitt könnte zwölf Monate am Stück durcharbeiten", analysiert Filmkritiker Bob Strauss aus Los Angeles die Situation. Wie aber schafft der Star sein Pensum? Und die Familie? Und, und, und. Schließlich engagiert er sich auch noch für das Projekt "Global Green USA" und die Opfer des Hurrikans Katrina. Vielleicht alles eine Frage von Planung und Umsicht.
Auch Angelina Jolie überlässt nichts dem Zufall. Wie jüngst am Set von Pitts Film "The Curious Case Of Benjamin Button": An dem Tag, an dem sexy Brad laut Skript seine attraktive Kollegin Megan Brown leidenschaftlich küssen sollte, erschien - unangemeldet - "Mrs. Pitt" mit den drei Kindern im Schlepptau am Drehort. Ohne weitere Begründung wurde die Kuss-Szene in einen "schnellen Schmatzer" umgewandelt, da Angelina Jolie bekanntlich zur Eifersucht neigt. Sie mag sich immer mehr der Politik zuwenden, in Sachen Familiendiplomatie jedenfalls gleicht der Pitt-Clan derzeit einer Oligarchie. Und das Sagen hat keine geringere als Angelina Jolie.