Schlaksiger Gang, wilde Locken, durch und durch sportlich.
Ein typischer Teenie - und ein typischer Kennedy? Fasziniert verfolgte Amerika wochenlang jeden Schritt von Conor Kennedys Highschool-Ferien, denn der 18-Jährige erlebt in diesem Sommer tiefste Trauer und erste Liebe zugleich. Unterliegt auch er damit dem Schicksal der berühmtesten Familie Amerikas zwischen Triumph und Tragödie, Glanz und Skandal?
Im Mai starb Conors Mutter Mary Richardson Kennedy. Sie erhängte sich fast auf den Tag genau zwei Jahre, nachdem Gatte Robert Kennedy Jr. (Sohn von Robert Kennedy, der 1968 im Präsidentschaftswahlkampf erschossen wurde) die Scheidung eingereicht hatte. Eine weitere Gescheiterte in dieser Polit-Dynastie - und in den amerikanischen Medien ein weiterer Beleg für den Fluch der Kennedys, der seit den Schüssen von Dallas 1963, als US-Präsident John F. Kennedy ermordet wurde, regelmäßig beschworen und durch zahllose Tragödien, Unfälle und Skandale genährt wird. Genauso wie der Glamour der Familie, den Conor keine drei Monate nach der Beerdigung seiner Mutter an der Seite von Sängerin Taylor Swift ausstrahlt. Lässig halbstark und rührend ungelenk in seinen Avancen zeigt er sich mit der 22-Jährigen beim Segeln, beim Barbecue oder am Strand des Familienanwesens in Hyannis Port. Der lässige Kennedy in XXL-Strandshorts neben dem stilecht auf Sixties getrimmten Country-Superstar - der Clan gibt seinen Segen. "Sie ist herzlich willkommen!", sagte kürzlich der Ex-Kongressabgeordnete Patrick Kennedy. Und vergangene Woche gab Matriarchin Ethel Kennedy am Rande der Premiere zu der HBO-Dokumentation "Ethel" ihr Okay. "Ich hoffe doch", antwortete sie auf die Frage, ob Taylor und Conor heiraten könnten.
Politik meets Showbiz, herrlich! "Die Amerikaner sind immer noch besessen von den Kennedys", sagt Clan-Kenner Laurence Leamer gegenüber "Gala". Zeitungsberichte, Bücher, Filme - jedes politische wie private Detail der Familie wird bis heute beleuchtet. Seit 1981 gab es allein acht verschiedene Fernsehfilme über Stil-Ikone Jacqueline Kennedy. Zur medialen Omnipräsenz gehört auch, dass regelmäßig der Niedergang der Kennedys verkündet wird, doch Leamer sieht das anders: "Welche andere Familie ist noch in vierter Generation ein wichtiger Teil der Öffentlichkeit? Ist es nicht faszinierend, dass ihr politischer Einfluss zwar zurückgegangen ist, dass sie aber alle immer noch die gleichen politischen und sozialen Werte teilen und vermitteln?"
Jemand, der die faszinierende Ausstrahlung der Kennedys hautnah erlebt hat, ist Angela von Morgen, die heutige Ehefrau von Schauspieler Fritz Wepper. In den Sechzigerjahren lebte sie in New York, war eine enge Freundin von Ted Kennedy und oft zu Besuch auf dem Anwesen in Hyannis Port. "Sehr lässig, sehr lustig war es dort, abends wurde viel getrunken", erzählt Wepper "Gala". "Aber die Männer waren auch unglaublich ehrgeizig, jeder wollte besser als der andere sein. Es war ein Wettbewerb, an dem alle teilnehmen mussten - das galt auch bei den Sportaktivitäten, die bei den Treffen abgehalten wurden. Alle hatten da mitzumachen, auch die Gäste. Schrecklich mühsam! Jackie hat das ja nicht gemocht."

Dieser übertriebene Wettkampfgeist scheint heute bei den Kennedy-Kids passé zu sein, obwohl "alle mit einem profunden Wissen und Sinn für ihre Familiengeschichte aufwachsen", wie Experte Leamer "Gala" sagt. Man studiert in Harvard und Yale, strahlt jedoch eher ein unbekümmertes Selbstverständnis aus. Es fehlt der Drang, die Machtposten des Landes anzusteuern. Tatiana Schlossberg sammelt zum Beispiel ganz bodenständig bei den Lokalzeitungen von New Jersey und Martha’s Vineyard journalistische Erfahrung. Cousine Katherine Schwarzenegger versucht es beim Fernsehen. Bruder Patrick, 19, will wie sein Vater Schauspieler werden, setzt aber ab Herbst erst mal auf ein Studium an der University Of Southern California. Cousine Kathleen "Kick" Kennedy spielte in der TV-Serie "Gossip Girl" mit.
Erwartungen, in die Politik gehen zu müssen, stellen die Eltern nicht. Schließlich wissen die aus eigener Erfahrung, welche Bürde der Ehrgeiz von Clan-Gründer Joseph Kennedy († 1969) bedeutet, unbedingt ins Weiße Haus einziehen zu müssen. Manche von ihnen sind daran gescheitert: Obwohl sie nie ein politisches Amt bekleidet hatte, ließ sich JFK-Tochter Caroline Schlossberg 2008 dazu drängen, als Senatorin für den Bundesstaat New York zu kandidieren. Wenige Wochen später gab sie auf; sie war der Härte der Branche nicht gewachsen. Stattdessen haben die Töchter und Söhne der charismatischen Brüder-Troika ihre Nischen gefunden. Robert F. Kennedy Jr. ist erfolgreicher Umweltanwalt, Schwester Rory Dokumentarfilmerin, Joseph II. gründete das gemeinnützige Energieunternehmen "Citizen Energy", Kerry Kennedy ist Menschenrechtsaktivistin. Sie gestalten die Gesellschaft jenseits klassischer Parteipolitik.
So ebenfalls Conor, der sich für die Walschutzorganisation Ocean Alliance engagiert. Seit dem 6. September ist er zurück an der Deerfield Academy in Massachusetts. Taylor Swift promotet an der Westküste ihre neue CD. Vermutlich wird Conor die Highschool vernachlässigen, vielleicht ist diese süße Sommerliebe schon bald vorbei. Das kommt zwar in jeder Familie vor. Die Kennedys aber sind sicher noch für manche Überraschung gut. Bettina Klee Mitarbeit: Julide Tanriverdi, Hauke Herffs