Märtha Louise lächelt, als sie sagt:
"Sie sind hier, mitten unter uns. Wir müssen nur lernen, unsere Engel wahrzunehmen." Um mein Gespür zu schärfen - deshalb bin ich als "Gala"-Redakteurin von Hamburg nach Bayern gekommen. In Chieming am Chiemsee gibt die Schwester des norwegischen Thronfolgers Haakon eines ihrer Engel-Seminare - und will auch mir beibringen, meinen Schutzengel zu entdecken.
"Jeder erfährt ihn anders", sagt die Prinzessin, "viele auch gar nicht. Er kann eine Kraft sein, eine Farbe, ein Duft oder eine Energie." Wir sitzen uns im Tagungsraum des Hotels "Jonathan" gegenüber. "Wir müssen Kontakt zu unserem tiefsten Inneren aufnehmen, denn die Engel sind pure Liebe. Daher müssen wir uns unserem Herzen nähern", erläutert Märtha Louise. Ob sie meinen Schutzengel sehen kann, möchte ich wissen. "Ja, er steht direkt hinter dir." Ich drehe mich um: Da ist nichts. Jetzt lacht sie lauthals. "Die meisten verlassen sich heute nur noch auf ihren Verstand. Aber der kann den Weg zum Herzen verstellen. In unserer hektischen Zeit überhört man seine innere Stimme leicht."
Märtha Louise leitet nun die Meditationsphase ein: "Spüre, wie es deinem Herzen in diesem Moment geht ... Sei offen für alles ... Fühle nach ..." Ich fühle immer noch nichts. Was mache ich falsch? Das Wichtigste sei, sich so anzunehmen, wie man ist, sagt sie. "Versuche nicht, die Erwartungen anderer zu erfüllen, bewerte nicht. Begreife, dass du einzigartig bist, dann kannst du ein neues Leben beginnen." Ihren eigenen Neustart erlebte sie vor 14 Jahren, da war sie 27 und las zum ersten Mal ein Buch über Engel. "Plötzlich nahm ich eine liebevolle Nähe war und fühlte mich so geborgen wie noch nie. Alles duftete nach Rosen. So ist es bis heute." Märtha Louise beschloss, ihr Leben zu ändern. Die Königstochter hatte eine Ausbildung zur Physiotherapeutin absolviert - nun erlernte sie die Rosen-Methode, eine besondere Art der Muskelentspannung. Und als sie den Schriftsteller Ari Behn heiratete, verzichtete sie auf den Titel "Königliche Hoheit". Heute nimmt sie nur noch selten repräsentative Aufgaben wahr. "Seitdem fühle ich mich wie befreit. Mein Engel hat mir den Weg zu mir selbst gezeigt. Ich habe mich früher selbst überfordert, mich von anderen bestimmen lassen in dem Versuch, sie zufriedenzustellen. Das wird nie mehr passieren."
Wie sie mit der Kritik an ihrer Spiritualität im Allgemeinen und an dem von ihr gegründeten esoterischen Zentrum "Astarte Education" im Speziellen umgeht, möchte ich von ihr wissen. Wegen ihrer hellsichtigen Fähigkeiten - sie sagt, sie kann die tieferen Energie-Ebenen ihres Gegenübers spüren - wird sie oft belächelt. "Ich gebe nichts darauf, was andere von mir denken", sagt sie. "Wir sollten akzeptieren, dass wir alle verschieden sind." Zu ihrer Familie gehören neben Ehemann Ari, 40, inzwischen drei Töchter: Maud Angelica, 8, Leah Isadora, 7, und Emma Tallulah, 3. Können die Kinder ihre eigenen Engel auch schon sehen? Wieder dieses sanfte Lächeln. "Ich animiere sie dazu, wachsam zu sein. Ich versuche, sie nicht zu sehr zu beschützen, etwa wenn sie auf Bäume klettern. Noch kennen sie keine Angst. Ein engelsgleicher Zustand." Sandra Reitz