Der 30. April 1993 ist der Tag, der das Leben von Monica Seles für immer verändern sollte. Der aus der aufstrebenden Tennisspielerin einen "anderen Menschen" machen sollte, wie Seles es in ihrer Autobiografie "Immer wieder aufstehen" nennt. An diesem Tag im Frühling sticht Günter Parche, ein fanatischer Anhänger von Steffi Graf, der damals 19-jährigen Jugoslawin beim Tennisturnier am Hamburger Rothenbaum in den Rücken. Mehr als zwei Jahre bestreitet Seles danach keine Turniere mehr. Und auch als die körperlichen Wunden verheilt sind, bleiben die seelischen. Die ehemalige Weltranglistenerste flüchtet sich in Fressattacken, entwickelt Depressionen.
Monica Seles: Der Schmerz sitzt tief
1995 gelingt Seles das Comeback: Die Vorreiterin des heutigen Powertennis, deren Markenzeichen die beidhändig und kraftvoll geschlagene Vor- und Rückhand sowie das Stöhnen bei hart geschlagenen Bällen sind, schafft es bis ins Finale der US Open. In einem emotionalen Match unterliegt sie ihrer Kontrahentin Steffi Graf. An ihre früheren Erfolge kann sie nieder wieder anknüpfen. 2003 spielt sie ihr letztes Turnier, fünf Jahre später erklärt sie ihren endgültigen Rücktritt vom Profitennis.
Harter Kampf gegen Essstörung
Doch Monica Seles kämpft sich zurück ins Leben: Sie schreibt Bücher und überwindet ihre Essstörung. Heute lebt die 45-Jährige zurückgezogen mit ihrem Mann, dem schwerreichen Unternehmer Tom Golisano, den sie 2014 heiratete, in Florida. Über ihre Essstörung sagt sie: "Es hat eine Weile gedauert, bis ich darüber sprechen konnte." Rückblickend sei die Essstörung ihr härtester Gegner gewesen. Sie habe sie als junge Erwachsene entwickelt - als Folge auf den Druck, dem sie als Profisportlerin ausgesetzt war. Hinzu seien Krebserkrankung und Tod ihres geliebten Vaters gekommen. Und die Folgen des Attentats, von denen sich ihre Psyche nie richtig erholen konnte. "Ich hatte keine Kontrolle mehr", so Seles über ihre damaligen Fressattacken. Die Diagnose sei letztendlich eine Erleichterung für sie gewesen. Heute engagiert sie sich daher dafür, dass Esskrankheiten ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangen.

"Es beschädigte meine Seele"
Das Attentat von Hamburg – es beeinflusst das Leben von Monica Seles auch heute noch. "Ich bin niedergestochen worden, auf dem Tennisplatz, vor 10.000 Leuten", schreibt sie in ihrer Biografie. "Es veränderte meine Karriere unwiderruflich und beschädigte meine Seele. Ein Sekundenbruchteil machte aus mir einen anderen Menschen."
Verwendete Quellen: Telegraph, People, Spiegel