Lothar Matthäus, 58, öffnet sich und offenbart in dem neuen Buch "HEIMAT - Wo das Herz zu Hause ist" fragmentarische Einblicke in seine Vergangenheit. Es geht einmal nicht um die goldenen Zeiten als WM-Held von 1990 oder als Deutschlands Rekordnationalspieler, der er im Laufe seiner Kicker-Karriere mit 150 Einsätzen für die DFB-Elf wurde. Matthäus spricht über sein Aufwachsen in Herzogenaurach, mit Bruder Wolfgang und den Eltern Katharina und Heinz (†88). Es wird emotional.
Lothar Matthäus hatte wenig Zeit mit den Eltern
Eine wirtschaftlich sorgenfreie Kindheit und Jugend darf die heute nicht unvermögende Fußballlegende offenbar nicht zu seinen bewegten Erinnerungen zählen. Mutter Katharina war 30 Jahre in Heimarbeit für den Sportartikelhersteller Puma tätig, für den auch Vater Heinz insgesamt 40 Jahre als Hausmeister und Kantinenleiter arbeitete. "Ich habe sehr wenig Zeit mit meinen Eltern verbracht", erinnert sich Matthäus. "Nicht weil sie nicht wollten, sondern weil es bei ihnen einfach nicht ging. Sie waren beide einfache Arbeiter, haben von morgens bis abends Geld verdient. Insofern war ich schon sehr früh auf mich allein gestellt. Ich hatte nur sehr wenige Momente in der Woche, die ich mit meinen Eltern verbringen durfte."
Erinnerungen an wenig Zuwendung
Erfahrungen, die prägen. Erinnerungen, die aus Erwachsenensicht sicherlich anders bewertet werden als von einem jungen Kinderherz. Dennoch: ein Grundgefühl bleibt und die sonst so selbstbewusste Fußballikone lässt einen kurzen Blick auf seine innersten Empfindungen zu: "Meine Eltern haben beide ein riesengroßes Herz, aber als Kind haben sie mir nicht die Liebe gezeigt, die ich erwartet hätte." Ein Satz, der wehtut. Vielleicht dem 58-Jährigen nicht mehr so sehr, weil er sich offensichtlich mit seiner Kindheit auseinandergesetzt hat. Aber beim Leser wird er mindestens ein überraschtes, vielleicht auch irritierendes Zucken auslösen. Und bei den Eltern? Vater Heinz ist im August verstorben. Doch wie wird Mutter Katharina über die offenen Worte ihres Lothar denken?
Matthäus bewertet seine Kindheit neu
Vielleicht wird sie seine Aussage so bewerten, wie er sie heute aus der Betrachtung der Familiengeschichte heraus versöhnlich interpretiert: "Meine Eltern kommen selbst aus einer Arbeiterfamilie. Sie sind beide 30er-Jahrgänge, haben den Krieg miterlebt und überlebt. Mein Vater ist aus Polen nach Deutschland gekommen, er wurde in Südschlesien geboren und ist 1944 mit seiner Familie mit dem Zug geflüchtet, als die Russen kamen. Er wurde dann in Herzogenaurach positioniert", fasst Matthäus die traumatischen Erfahrungen seiner Eltern in deren jungen Jahren zusammen.
"Ich rechne meinen Eltern bis heute hoch an, dass sie auf vieles verzichtet haben, um uns Kindern das Bestmögliche zu geben. Sie haben jeden Pfennig umgedreht und nur das Nötigste ausgegeben." Vielleicht für diese vom Krieg gebeutelte Generation eine der bestmöglichen Art und Weisen, ihrer Liebe für das eigene Kind in jenen Zeiten Ausdruck zu verleihen.
Das Buch "HEIMAT – Wo das Herz zu Hause ist" erscheint am 23. September.
Verwendete Quellen: Bunte, Eigenrecherche