VG-Wort Pixel

Liz Mohn + Der Graf Geboren, um zu helfen

Liz Mohn
Liz Mohn
© Philipp Rathmer
Sie führt ein internationales Unternehmen, er begeistert mit seiner Musik Millionen: geballtes Engagement, das Liz Mohn und der Graf für Kinder einsetzen

Tränen zeigt sie erst in dem kleinen Büro, das die Klinik ihr zur Verfügung gestellt hat.

Dort wollte Liz Mohn, 71, eigentlich nur einen Happen essen, einen Kaffee trinken, fünf Minuten zur Ruhe kommen. Doch stattdessen gibt sie nun Interviews, spricht über ihr Engagement für die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe - und zeigt zum ersten Mal an diesem Tag, wie sehr sie vor allem die Schicksale der Kinder im Bremer Rehabilitationszentrum "Friedehorst" berühren. "Ach, hören Sie auf", sagt sie auf die Frage, ob sie als Präsidentin der Stiftung bei derlei Besuchen so etwas wie Routine entwickelt habe. Sie reibt sich die Augen, macht dann eine Handbewegung, die jede Sentimentalität wohl einfach weg wischen soll.

Erst eine Fragerunde, dann Musik: der Graf und die jungen Patienten auf der Klinik-Bühne in Bremen. Vor allem Eric, der selbst M
Erst eine Fragerunde, dann Musik: der Graf und die jungen Patienten auf der Klinik-Bühne in Bremen. Vor allem Eric, der selbst Musik macht, war immer wieder an der Seite des Sängers.
© Philipp Rathmer

Denn Tränen helfen Jule und Max, Eric, Lisa und all den anderen nicht, die schon in ganz jungen Jahren, manchmal sogar als Baby, einen Schlaganfall erlitten haben. Was sie neben bester medizinischer Betreuung brauchen, sind Mut, Hoffnung und Menschen, die an sie glauben. Wie Liz Mohn. Und der Graf, der Sänger von Unheilig, der an diesem Tag als neuer Botschafter der Stiftung vorgestellt wird. Beim Besuch der Spezialklinik lässt sich das ungleiche Paar von einem RTL-Team begleiten. Der Film, der dabei entsteht, wird am 9. Juni auf dem Rosenball in Berlin gezeigt. Liz Mohn hat zu diesem Event zugunsten der Schlaganfall- Hilfe eingeladen, der Graf tritt als Stargast auf. In "Friedehorst" begegnen sich die beiden zum ersten Mal.

Als Teenager schwärmte Liz Mohn für Udo Jürgens, seither vor allem für Klassik - und jetzt auch für die Musik des Grafen.
Als Teenager schwärmte Liz Mohn für Udo Jürgens, seither vor allem für Klassik - und jetzt auch für die Musik des Grafen.
© Philipp Rathmer

Was mittags mit einigen steifen Floskeln beginnt, endet am frühen Abend mit einem sagenhaft stimmungsvollen Überraschungskonzert auf der Klinikwiese. Der Graf steht, sichtlich gerührt, auf der mit Kerzen dekorierten Bühne, Liz Mohn davor in der ersten Reihe. Um sie herum Patienten, deren Familien und außerdem Mitarbeiter der Klinik. Liz Mohn hält für eine Weile Laila auf dem Arm, ein kleines Mädchen, dessen Mutter zwei Meter weiter im Rollstuhl sitzt. Spontan geht Liz Mohn auf die junge Frau zu, stellt Fragen, ergreift ihre Hand. Ehrliche Anteilnahme wie schon zuvor beim Rundgang durch die Therapieräume, als Max und Eric der Besucherin demonstriert haben, wie toll sie trommeln können, und als Jule und Lisa zeigten, wie sie sich trotz ihrer gelähmten Arme Bälle zuwerfen. Herzlich und offen, ganz ohne Berührungsängste geht Liz Mohn auf die kleinen Patienten zu. "Das lernt man nicht am Schreibtisch", sagt sie später. Die Frau, die als Vorsitzende der Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft und Sprecherin der Familie Herrscherin über Firmen wie RTL und Gruner + Jahr ist und sich in einer knallharten Geschäftswelt behaupten muss.

Bei seinen Konzerten füllt der Graf riesige Hallen, doch selten berührte
 ihn ein Auftritt so sehr wie der in "Friedehorst" vor r
Bei seinen Konzerten füllt der Graf riesige Hallen, doch selten berührteihn ein Auftritt so sehr wie der in "Friedehorst" vor rund 300 Gästen.
© Philipp Rathmer

Nein, für Herzensbildung und Mitgefühl gibt es kein Studium, keine Ausbildung. Das sind Eigenschaften, die erst das pralle Leben hervorbringt - mit allen Höhen und Tiefen, die auch Liz Mohn erlebt hat. So litt ihr jüngster Sohn mit 14 Jahren unter plötzlichen Lähmungserscheinungen. Diese Erfahrung bewegte die Mutter zur Gründung der Schlaganfall-Hilfe. Und auch den Grafen haben persönliche Erlebnisse zu seinem Engagement gebracht. "Ich habe als Kind gestottert, mir wurde durch Musiktherapie geholfen", erzählt der sonst so verschlossene Sänger, dessen Album "Grosse Freiheit" mit dem Lied "Geboren um zu leben" 1,6 Millionen Mal verkauft wurde. Ein Star, der sich allein durch seine Texte offenbaren will und nicht einmal sein Alter verrät. Umso erstaunlicher, wie unkompliziert er in "Friedehorst" mit den Kindern umgeht. In einer Fragestunde verrät er dem 15-jährigen Eric sogar, wie genau er seinen eigenwilligen Bart rasiert oder was ihn zu seinen Texten inspiriert. Die Jungen und Mädchen verlieren schnell ihre Scheu, stellen Fragen und erzählen von ihrer Krankheit. Erschreckend reif und erwachsen wirken sie, wenn sie mit Begriffen wie "vorgeburtlich" und "Mutterleib" das schildern, was jedes Jahr 300 Kindern zustößt und angesichts der Seltenheit oft nicht einmal erfahrene Kinderärzte schnell genug diagnostizieren.

Bei Max etwa war es der Vater, ein Sportlehrer, dem auffiel, dass sein damals sechs Monate alter Sohn nur auf der rechten Seite krabbelte. Diagnose: Schlaganfall, erlitten schon vor der Geburt. Die linke Körperhälfte war gelähmt. Auch heute, mit 16, ist der junge Mann körperlich noch eingeschränkt, aber er besucht ein Gymnasium, will erst seinen Führerschein und dann "was mit Medien" machen. Sein Schicksalsgenosse Eric, der bei seinem Schlaganfall elf war, will Koch werden. "Ihr seid klasse, ganz toll", versichert Liz Mohn den beiden Teenagern. Seit Jahren trifft sie sich regelmäßig mit Patienten, hilft bei der Praktikums- oder Jobsuche, freut sich über Briefe. Manche schicken sogar ihre Zeugnisse. Großes Persönliches Engagement, das von ihrer Stiftung mit einer Vielzahl von Angeboten weitergeführt wird. Und das die Gäste am 9. Juni sicher mit großzügigen Spenden honorieren werden. Tatjana Detloff

gala.de

Mehr zum Thema

Gala entdecken