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James Cameron Der Gigant

James Cameron
© PR/Twentieth Century Fox
"Avatar"-Regisseur James Cameron gilt als großspuriges Genie. Doch er hat auch eine ganz andere Seite, die nur wenige zu Gesicht bekommen

Keinen Cent Trinkgeld

hat James Cameron für die Bedienung im Coffee-Shop übrig. Dabei stellt sein Film "Avatar" mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz gerade neue Kassenrekorde auf. Der "graue Wolf", wie Cameron in Hollywood genannt wird, schiebt sich an anderen Wartenden vorbei, greift nach seinem Latte auf der Theke und brummelt sein "Thank you".. Dann zieht sich der 55-jährige Filmemacher in sein Büro zurück, um das zu machen, was er am liebsten macht - neue fantastische Kinowelten austüfteln.

"Ein Genie", schwärmen seine Fans. "Ein arroganter Sack", schimpfen seine Gegner. Cameron polarisiert - als Mensch und als Arbeitgeber. Denn der Regisseur ist ein absoluter Perfektionist und verlangt von seinen Mitarbeitern ebenfalls totale Perfektion. Ist er unzufrieden, kann es schon mal passieren, dass er einen seiner legendären Wutanfälle bekommt. "Jim und mich verbindet eine Art Hassliebe", erzählt "Avatar"-Star Sam Worthington. "Er trieb mich zum Äußersten. Aber genau darum geht es ja beim Filmemachen." Regisseur Steven Spielberg bestätigt: "James kennt keine Gnade. Nicht für sich, nicht für seine Crew. Er gibt immer 100 Prozent."

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Camerons Einsatz und seine Kompromisslosigkeit wurden belohnt: In den nächsten Wochen wird der Filmemacher sich buchstäblich selbst übertrumpfen, wenn das 3-D-Spektakel "Avatar" sein Ozean-Epos "Titanic" - mit 1,3 Milliarden Euro Einspielergebnis bislang Spitzenreiter - als erfolgreichsten Film aller Zeiten ablöst.

Cameron, das Kino-Genie, ist niemand, der Geduld für andere aufbringt. Und er ist definitiv kein Mann für die leisen Töne. Nicht, wenn es um seine Arbeit geht. Das gilt vor allem für seinen Umgang mit Schauspielern, über die er mal ganz generell gesagt haben soll, er würde am liebsten ganz auf sie verzichten. Leonardo DiCaprio etwa hat allen Kontakt zu dem Mann abgebrochen, dem er seinen Superstar-Status verdankt. Als Cameron jetzt den Golden Globe als bester Regisseur gewann, verdrehte Leo in der ersten Reihe genervt die Augen: Während andere zu Spenden für Haiti aufriefen, feuerte Cameron die Hollywood-Kollegen an, "uns selbst zu feiern, weil wir den besten Job der Welt haben".

Gar nicht erst gekommen war Leo 1998 zur Oscar-Verleihung, bei der "Titanic" mit elf Trophäen triumphierte. Und so verpasste er, wie Cameron sich - mit einem Leo-Zitat aus dem Film - zum "König der Welt" ausrief. Der Regisseur hat seinem Star bis heute nicht verziehen, dass er damals nicht an seiner Seite war. Erst kürzlich stichelte Cameron in einem Interview: "Mit Kate Winslet würde ich sofort wieder arbeiten. Mit Leo dagegen ..." Der einstige Teenie-Schwarm, längst zum Charakterdarsteller gereift, spiele "wie ein Wasserhahn: auf, zu".

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Wie lebt es sich mit einem Alpha-Mann, der sich ganz offiziell für den Größten hält? Richtig gut, wenn man Suzy Amis, 48, glaubt, die seit bald zehn Jahren mit James Cameron verheiratet ist. Sie ist Gattin Nummer fünf. Ihre prominenten Vorgängerinnen, darunter Regisseurin Kathryn Bigelow ("Gefährliche Brandung") und "Terminator"-Star Linda Hamilton, hielten es nur je zwei Jahre mit ihm aus - oder umgekehrt. Hamilton, die ihren Ex einmal als "armseligen, sehr unglücklichen Mann" bezeichnete, verließ Cameron, als sie seine Affäre mit "Titanic"-Darstellerin Suzy Amis entdeckte. Mit ihr scheint der umtriebige Kanadier endlich sein Glück gefunden zu haben. "Amy ist die Liebe meines Lebens, mein Schutzengel", sagt er. Und dann klingt seine Stimme plötzlich ganz sanft. Das Paar hat drei Kinder, die achtjährigen Zwillinge Claire und Quinn sowie Nesthäkchen Elizabeth Rose, 3. Die Camerons leben in einem eher bescheidenen Haus mit Hacienda-Flair und einem kleinen Tempel im Garten, in dem zwei Hunde herumtollen. Ihr Nachbar in Malibu - und einer der wenigen Freunde - ist Mel Gibson. Der kommt schon mal zum Dinner vorbei, ebenso "Terminator" Arnold Schwarzenegger.

James Camerons Fantasy-Knaller "Avatar" hat sein Drama "Titanic", bis dato größter Kassenhit aller Zeiten, bereits überflügelt.
James Camerons Fantasy-Knaller "Avatar" hat sein Drama "Titanic", bis dato größter Kassenhit aller Zeiten, bereits überflügelt.
© PR/Twentieth Century Fox

Kaum jemand kennt den anderen James Cameron. Er sei "ein verständnisvoller Ehemann und guter Vater, ein Partner, der dir jeden Wunsch von den Augen abliest", sagt seine Frau. Und seine größte Leidenschaft, das Kino? "James liebt seine Arbeit, er geht ganz darin auf. Er begreift sie als Lebensaufgabe, nicht nur als Job. Das ist es ja, was ihn so außergewöhnlich macht."

Neben seiner Familie waren es Camerons Expeditionen in die Tiefen der Ozeane, die ihn so positiv verändert haben. "Diese Ruhe, die Welt, die er dort unten entdeckt und auch in 'Avatar' zum Leben erweckt hat, haben Jim tief berührt", erzählt Sam Worthington im Gespräch mit Gala. Und Co-Star Sigourney Weaver verrät, dass Cameron seine Kollegen oft dazu einlädt, mit ihm zu tauchen: "Mich hat er auch gefragt. Aber ich werde den Teufel tun und mich acht Stunden in ein winziges U-Boot quetschen!"

Cameron, der stets eine buddhistische Gebetskette bei sich trägt, meditiert regelmäßig und versucht inzwischen sogar, "mit einstigen Feinden Frieden zu schließen", wie ein Studio-Manager sagt. Gerüchte, der bekennende Workaholic habe gesundheitliche Probleme, wischt Cameron abfällig beiseite. "Eine Lebenszeit ist viel zu kurz für einen wie Jim", hat sein Freund Arnold Schwarzenegger einmal gesagt. Anstatt sich auf dem Erfolg auszuruhen, stürzt er sich gleich wieder in die Arbeit. Eine "Avatar"-Fortsetzung ist bereits in Planung, die Dreharbeiten zur Comicverfilmung "Battle Angel" sollen demnächst beginnen. Und dann möchte James Cameron noch ein "kleines Projekt, das mir sehr am Herzen liegt" vorantreiben. Thema: der Atombomben-Angriff auf Hiroshima. Also verbringt er schon wieder 14 bis 16 Stunden täglich in seinem Office in Santa Monica, organisiert, brüllt ins Telefon - um plötzlich aufzuspringen: "Ich geh Kaffee holen, will jemand was?", ruft er seiner Assistentin zu. "Das hat er früher nie gemacht", sagt sie etwas verstört zu Gala. So ist er, der neue James Cameron: Irgendwie doch ganz der alte.

Frank Siering
Mitarbeit: Ulrike Shröder

gala.de

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