Man sagt, das zweite Album ist das schwerste, besonders, wenn das erste so erfolgreich war. Trifft das bei Ihnen auch zu?
Ich glaube, das zweite Album definiert, wer du als Künstler bist. Da zeigt sich, ob du wirklich das Zeug hast, keine Eintagsfliege zu sein. Trotzdem war da kein Druck für mich, weil ich mit dem Erfolg des ersten Albums wahnsinnig viel Selbstbewusstsein getankt hatte. Das erste Album war schwieriger. Ich war ganz jung und hatte auf einmal einen Plattenvertrag. Da wusste ich: Das Album muss knallen, sonst ist es vorbei mit der Karriere.
Waren Sie leicht schockiert, wie erfolgreich Sie über Nacht mit "Long Way Down" wurden?
Ich hatte am Beginn meiner Karriere natürlich Träume, aber ich lege soviel Herzblut in meine Musik, das ich sehr froh bin, dass die Menschen meine Musik hören wollen. CD-Verkäufe und Chartpositionen interessieren mich eher weniger, aber klar war ich mega stolz, als ich dann eine Platinplatte in den Händen hielt.
Was für Träume waren das?
Erstmal überhaupt ein Album zu machen. Das war der erste Meilenstein. Auf lange Sicht war es, mein Leben mit der Musik zu bestreiten. Davon leben zu können, was ich am liebsten mache, das war immer der Traum.
Das neue Album heißt "Wrong Crowd", soviel wie falsche Freunde. Gab es nach dem ersten Erfolg Verlockungen, sich mit den falschen Leuten einzulassen?
Diese falschen Freunde gab es schon immer. In der Schule zum Beispiel die Kids, vor denen die Lehrer und Eltern dich immer warnten. Als ich nach London zog, wollte ich erstmal schauen, wer ich eigentlich bin und habe viele hedonistische Menschen kennengelernt, die auch nicht alle so gut für mich waren. Aber so ist es eben: Oft sind die geheimnisvollsten Menschen die interessantesten, auch wenn sie dir nicht immer gut tun. Und klar, als ich dann bekannt wurde, gab es einige Fallen des Ruhms, in die ich fast hineingetappt wäre...
Wann war eigentlich klar: Ich will Musiker werden?
Schon mit zwölf Jahren, weil ich gemerkt hatte: Tom, du kannst ja wirklich etwas Außergewöhnliches. In anderen Bereichen war ich nur schüchtern und hatte kein Vertrauen in meine Talente. Aber in der Musik fühlte ich mich sicher. Sonst war ich als Teenager eher unauffällig, weder ein Streber, der nur hinter seinen Büchern klebte, noch ein Bad Boy, der in der Schulpause Gras rauchte.
Ist Ihnen Feedback zu Ihrer Musk wichtig?
Eigentlich nicht, ich bin da wie meine verstorbene Großmutter, die Malerin war. Was andere Leute von ihrer Kunst hielten, hat sie nie interessiert. Aber klar, Musik ist mein Job, also habe ich einen kleinen ausgesuchten Kreis von Familie und Freunden, denen ich neue Sachen vorspiele. Das ist auch wichtig, weil man sonst komplett in seiner eigenen Welt lebt und den Bezug nach außen verliert.
Ihre Texte sind sehr oft melancholisch, thematisieren den Verlust von Liebe und Herzschmerz. Ist Tom Odells Ziel im Leben, glücklich zu sein?
Na, als ein 25-Jähriger bin ich doch eigentlich ganz glücklich. Auch in meinem Liebesleben ist alles gut, turbulent, aber gut. Und ich habe einen ganz tollen Freundeskreis, auf den ich mich immer verlassen kann. Das erdet mich schon und nimmt mir die Angst, die für Musiker durch ihr Leben und ihre Karriere eigentlich symptomatisch ist. Glücklicher als im Augenblick kann ich eigentlich gar nicht sein. Ich habe viel über mich gelernt, vor allem, dass ich auch Auszeiten brauche. Zur Ruhe komme ich am besten beim Lesen und Joggen.