Mit der ganzen Familie ist sie von Las Vegas nach Deutschland gereist und hat den Jetlag noch nicht überwunden. "Andre und ich haben gestern Abend mit Bekannten gemütlich zusammengesessen", erzählt Stefanie Graf. Trotz des Schlafmangels wirkt die 38-Jährige in ihrem mintfarbenen Sommerkleid wie aus dem Ei gepellt. Die Firma Teekanne hat sie als Ehrengast zur Feier des 125. Geburtstags ins Düsseldorfer Ständehaus eingeladen. Seit einem Jahr wirbt die Tennis-Ikone für den Teebeutelhersteller. Fast genauso lange ist es her, dass Andre Agassi, 37, seine Profikarriere beendete, um sich ganz seiner Ehefrau und den Kindern Jaden Gil, 5, und Jaz Elle, 3, zu widmen.
GALA: Wie hat sich Ihr Leben verändert, seit Ihr Mann mit dem Profitennis aufgehört hat?
Steffi Graf: Die erste Zeit war sehr bewegt. Wir hatten schon in den Jahren zuvor verschiedene geschäftliche Projekte begonnen, und nun hatten wir die Möglichkeit, mehr Zeit darauf zu verwenden. Im Nu war der Terminkalender plötzlich so voll, dass wir eigentlich mehr unterwegs waren als während der Turnierzeit.
image
GALA: Was für Projekte sind das?
Graf: Wir haben für die Firma Kreiss eine Möbellinie designt, und in Tamarack in Idaho haben wir ein Ferienhotel entworfen, bei dem wir gerade mitten in der Verkaufsphase stecken. Das sind alles kreative Projekte, die uns unheimlich viel Spaß bereiten. Und wir genießen es, sie gemeinsam zu entwickeln und zu verfolgen.
GALA: Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?
Graf: Wir haben zu Hause unsere Schreibtisch-Computer-Ecke. Aber meistens halten wir uns im Wohnzimmer auf und arbeiten zusammen am großen Tisch. Da wird dann alles ausgebreitet, mitunter sieht das auch etwas chaotisch aus. Noch vor Kurzem waren wir mit der Fortsetzung der Möbellinie beschäftigt. Wir saßen mit Designern zusammen, um uns herum Materialien, Stoffe, Skizzen, Sachen, die man aus Magazinen ausschneidet oder aus Büchern kopiert.
GALA: Woher kommen Ihre Inspirationen?
Graf: Ich liebe Bücher, gerade im Bereich Architektur und Design, und lese viele Zeitschriften. Auf unseren Reisen finden wir viele Anregungen aus den verschiedenen Teilen der Welt.
GALA: Haben Sie bei dem Hotel, das Sie planen, neben dem Design auch die Architektur selbst entwickelt?
Graf: Ja, da lässt man uns völlig freie Hand (lacht). Wir haben sehr viel Respekt vor der Aufgabe und Spaß an der gemeinsamen Arbeit. Ich hoffe, wir kriegen das gut hin.
GALA: Haben Sie bei Ihren Entwürfen berücksichtigt, was Sie selbst an Hotels schätzen?
Graf: Selbstverständlich. Ich glaube, dass wir durch unsere Erfahrungen sehr viel weitergeben können. Wir haben natürlich viel über Hotels gelernt auf unseren Reisen als Tennisspieler und als Familie.
GALA: Wann wird die Anlage eröffnet?
Graf: Mit dem Bau soll im Frühjahr nächsten Jahres begonnen werden. Dann dauert das circa zwei, zweieinhalb Jahre. Im Winter waren wir mit der Familie fast jedes zweite Wochenende dort. Ein schöner Nebeneffekt war, dass wir alle Skifahren und Snowboarden gelernt haben.
image
GALA: Welche Sprache sprechen Sie zu Hause mit Ihren Kindern?
Graf: Deutsch. Sie verstehen alles, antworten aber fast ausschließlich auf Englisch. Der Große, Jaden, versucht mittlerweile nach ein paar Tagen in Deutschland, mehr Deutsch zu sprechen. Das ist schön und freut mich sehr.
GALA: Sie haben noch eine starke Bindung zu Deutschland?
Graf: Auf jeden Fall. In vielen Punkten ist mir das sehr, sehr wichtig, auch für die Kinder.
GALA: Auch bei uns ist der Klimawandel ja inzwischen ein wichtiges Thema. Welche Rolle spielt Ökologie in Ihrer Familie?
Graf: Das ist ein großes Thema. Ich versuche mittlerweile auch mehr, die Sache anderen zu vermitteln und bin etwas engagierter geworden. Zu Hause versuchen wir in jeder Hinsicht, unseren Teil beizutragen: angefangen bei Energiesparlampen über die Vermeidung von Plastiktüten bis hin zu den richtigen Autos. Wir versuchen natürlich auch, dieses Bewusstsein an die Kinder weiterzugeben. Sie haben schon ein ziemlich gutes Gefühl für die Umwelt entwickelt.
GALA: Fahren Sie und Ihr Mann Hybrid-Autos?
Graf: Ja, obwohl das oft nicht einfach ist in Las Vegas. Die Klimaanlagen in diesen Autos sind nicht die besten (lacht). Wir haben im Sommer jeden Tag über 45 Grad. Das ist ohne gute Klimaanlage nur schwer auszuhalten.
GALA: Ihre Stiftung "Children for Tomorrow" wird nächstes Jahr zehn Jahre alt. Was steht da als an?
Graf: Im Oktober haben wir einen Tennis-Schaukampf in Mannheim. Dafür konnte ich Justine Henin gewinnen, die momentane Nummer eins in der Welt. Von da aus geht es für mich weiter nach Eritrea. Dort werden wir unseren ersten Kindergarten eröffnen, mit therapeutischer Versorgung. In Hamburg haben wir als nächstes vor, unser eigenes Trauma-Zentrum zu bauen.
GALA: Charityprojekte, Möbellinie, Hoteldesign – es klingt nicht so, als hätten Sie im vergangenen Jahr viel Zeit gehabt, sich zu entspannen.
Graf: Entspannen bestimmt nicht. Aber ich achte sehr darauf, dass mir genug und viel Zeit mit meiner Familie bleibt. Diese Zeit würde ich mir nie nehmen lassen. Darin liegt unser großes Glück, was mir sehr bewusst ist und was ich auch immer wieder betone: dass wir die Chance haben, uns aussuchen zu können, wofür wir uns engagieren wollen und uns die Arbeit einteilen können.
GALA: Sie haben mal gesagt, Sie könnten sich gut vorstellen, eines Tages ein Kind zu adoptieren. Nun haben Sie bereits zwei entzückende Kinder. Gibt es den Adoptionsgedanken trotzdem noch?
Graf: Der existiert prinzipiell zwar noch, aber im Moment wäre bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Gerade, wenn ich mit meinen Stiftungsprojekten in Gebiete komme, in denen viele Kinder Fürsorge und ein gutes Zuhause dringend nötig hätten, habe ich den Wunsch, etwas zu tun. Mit "Children for Tomorrow" konnten wir schon für mehrere Tausend Kinder das Leben zum Positiven verändern. Und jedesmal nimmt man aus den Projektbesuchen auch persönliche Erlebnisse mit den Kindern mit.
GALA: Ein bekanntes Beispiel sind Brad Pitt und Angelina Jolie, die aus sozialem Engagement heraus Kinder aus der Dritten Welt adoptieren. Die Frage bleibt, womit man den Kindern den größten Gefallen tut.
Graf: Das sind keine einfachen Entscheidungen. Es gibt immer zwei Seiten, die man betrachten muss. Jeder muss für sich entscheiden, wie er es in seinem Leben einrichten kann.