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Moritz Bleibtreu "Ich war noch nie wählen"

Moritz Bleibtreu
© Picture Alliance
Soziales Engagement? Nix für ihn. Charity? Interessiert ihn nicht. Lieber verdient er gutes Geld. In "Gala" räumt Moritz Bleibtreu mutig mit seinem Gutmensch-Image auf

Entspannt sieht er aus, braun gebrannt. Moritz Bleibtreus Luxusteint ist aber nicht die Folge eines Karibikurlaubs, sondern seines jüngsten Thriller-Drehs in Halle, Sachsen-Anhalt, wie er beim Treffen in Köln gleich klarstellt. Erst mal ist er jetzt aber mit der Verwechslungskomödie "Vijay und ich" im Kino. Man sieht: Bleibtreu hat in den vergangenen Monaten beruflich wieder mal alles gegeben - und doch kassierte er zuletzt Negativschlagzeilen. Der Grund ist die McDonald’s-Werbekampagne, in der er mit anderen namhaften Kollegen wie Christian Ulmen, Jürgen Vogel und Alexandra Maria Lara zu sehen ist. Dieses Engagement sorgte für einen Shitstorm im Internet. In "Gala" schlägt Bleibtreu zurück und räumt mit einer ganzen Reihe von Vorurteilen auf.

Bleibtreu mit "Vijay"- Co-Darstellerin Patricia Arquette. In seiner aktuellen Kinokomödie "Vijay und ich - Meine Frau geht fremd mit mir" spielt Moritz Bleibtreu einen New Yorker Comedian. Nach seinem vorgeblichen Tod nimmt er die Identität eines Inders an, um ein neues Leben zu beginnen.
Bleibtreu mit "Vijay"-Co-Darstellerin Patricia Arquette. In der Komödie spielt er einen New Yorker Comedian. Nach seinem vorgeblichen Tod nimmt er die Identität eines Inders an, um ein neues Leben zu beginnen.
© Senator Film

In "Vijay und ich" schlittert Will, den Sie spielen, am 40. Geburtstag in eine Midlife-Crisis. Sie selbst sind jetzt schon über dieses Datum - wie haben Sie den Tag damals empfunden?

Für mich war der 40. Geburtstag keine große Sache. Und auch zwei Jahre danach habe ich mit meinem Alter kein Problem. Denn mit Ausnahme von ein paar ausgehenden Haaren und dem ersten Grau hat sich nicht so viel verändert. Ich habe so viel Energie und Spaß am Leben wie vor zehn Jahren.

Denken Sie nie übers Älterwerden nach?

Nein, denn es ist doch unmöglich vorauszusehen, was alles passieren könnte. Ich bin ja schon froh, wenn ich es schaffe, die nächsten zwei Wochen in meinem Leben zu planen.

Woran liegt das?

An meinem Beruf. Du kannst als Schauspieler nie einschätzen, was kommt - was mich als Familienvater natürlich nervt. Manchmal wünschte ich mir, dass ich eine Festanstellung hätte, bei der ich im Januar weiß, dass ich im August für zwei Wochen mit meiner Familie nach Portugal fahren kann.

In "Vijay und ich" träumt Will davon, noch mal ganz neu durchzustarten. Ertappen Sie sich auch manchmal dabei?

Bisher ist mir das noch nie passiert, denn ich habe viel mehr vom Leben bekommen, als ich es mir je erträumt habe. Ich bin vom Glück überhäuft worden. Es gibt deshalb eher Momente, in denen ich mich fast dafür schäme und denke: Alter, irgendwann bekommst du es noch mal ganz dicke ab!

Einer Ihrer Glücksfaktoren ist Ihr vierjähriger Sohn. Wie hat er Ihr Leben verändert?

Ich hätte nie gedacht, dass ich mich um ein schutzloses Wesen so sehr sorgen kann. Und je weiter ich von ihm entfernt bin, zum Beispiel durch Dreharbeiten, desto größer wird meine Sorge. Dazu kommt die Gewissheit, dass dieses Gefühl nie mehr verschwinden wird, selbst wenn der Junge erwachsen ist.

Was sind Ihre besonderen Glücksmomente als Papa?

Die kann ich nicht in Worte fassen. Nur so viel: Mein Sohn ist das größte Geschenk, das ich jemals bekommen habe.

Auch in Ihrem Leben gibt’s manchmal Gegenwind. Ihr Mitwirken in der aktuellen Werbekampagne von "McDonald's" hat Ihnen viel Kritik eingebracht.

Ich bewerbe ein Produkt, das ich selbst konsumiere. Ich esse gern mal einen Cheeseburger, und das Geld, das ich mit Werbung verdiene, bietet mir die Möglichkeit, nur solche Filme zu machen, die ich wirklich machen will, ohne dass Geld da eine Rolle spielt. Man verdient als Schauspieler in Deutschland nämlich viel weniger, als die meisten denken. Gerade wenn man sich für unkonventionelles Kino interessiert. Zudem glaube ich, dass es überall, wo viel Geld verdient wird, auch Schattenseiten gibt.

Bleibt trotzdem die Frage, warum Sie sich zu einem Teil des Ganzen machen.

Ich bin doch auch so bereits ein Teil des Ganzen. Unser aller tägliches Leben ist ein Teil des westlichen Gesellschaftssystems. Warum werbe ich als Prominenter für Unternehmen? Weil ich damit Geld verdiene. Ganz einfach! Ich verdiene Geld, das es mir ermöglicht, Filme wie "Vijay und ich" zu machen und ein schönes Leben zu führen.

Viele Fans waren wohl auch deshalb irritiert, weil sich ein bisher so kritischer und engagierter Star für einen Fast-Food-Riesen als Werbegesicht hergibt.

Ich war in meinem öffentlichen Leben noch nie sozial und gesellschaftlich engagiert! Ich habe noch nie in meinem Leben Charity gemacht - und ich werde es auch nie machen. Ich habe mich nie politisch engagiert und war noch nie wählen, da mich die Politik noch nie überzeugen konnte. Ganz egal, von welcher Couleur sie ausgeübt wird.

Da hat sich also bei der Einschätzung Ihrer Person in den Köpfen der Menschen etwas verselbstständigt?

Anscheinend. Ich wollte noch nie ein Vorbild sein! Der Gedanke, dass mich irgendjemand als Vorbild nehmen könnte, ist mir absolut nicht geheuer.

Vielleicht kommt das Image daher, dass Sie schon viele Filme mit politischem Hintergrund gedreht haben.

Mag sein. Aber das habe ich nie aus moralischen Gründen oder aufgrund hochtrabender Ansprüche getan. Ich habe mich nie politisch motiviert gefühlt, einen Film zu machen. Ich möchte Geschichten erzählen, die Menschen bewegen! Der Bezug zur Realität interessiert mich kaum. Mich interessiert die Fantasie. Und die darf alles. Wenn die Leute in mir bisher einen politisch motivierten Menschen gesehen haben, dann bin ich froh, dass ihnen mein Werbe-Engagement die Augen geöffnet hat.

Alexander Nebe

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