Er war noch nie
beim Deutschen Filmpreis, nicht einmal als Gast - jetzt ist er gleich zweimal nominiert. Am 8. April geht Florian David Fitz, 36, als bester Hauptdarsteller und für das beste Drehbuch (beides für "Vincent will meer") ins Rennen um die begehrten Lolas. Gala traf den smarten Shooting-Star in Berlin und verbrachte einen Tag mit ihm: Kunst gucken, bummeln, Schnitzel essen und ganz viel reden ...
Welcher Film hat Sie zuletzt besonders bewegt?
Da gab es einige, aber der letzte Film, bei dem ich weinen musste wie ein Schlosshund, war "Toy Story 3" - und ich heule normalerweise so gut wie nie. (lacht) Das klingt jetzt total absurd, aber ich habe tatsächlich sieben Minuten am Stück geheult. Ich habe mich schon ein bisschen geschämt und nach links und rechts geguckt: Alle Kinder hatten eine gute Zeit, die Erwachsenen haben geflennt.

Seit Ihren Nominierungen für den Deutschen Filmpreis gelten Sie als Mann der Stunde. Sehen Sie das auch so?
Im letzten Jahr hat sich schon noch mal viel verändert. Ich befürchte aber immer: Was hoch fliegt, muss auch schnell wieder runterkommen. Lisa Fitz, meine Cousine zweiten Grades, hat mal zu mir gesagt: Es gibt dir was und es nimmt dir was. Damit hatte sie wirklich recht. Der Erfolg gibt dir Möglichkeiten, die du sonst nie hättest. Und nimmt dir viele Freiheiten.
Was heißt das konkret?
Das Schöne ist, dass jetzt bestimmte Leute auf mich zukommen und mit mir arbeiten wollen. Und dass ich jetzt bei meinem nächsten Projekt zum ersten Mal selbst Regie führen kann und trotzdem mitspiele. Eine Art übersinnliche Komödie mit dem Arbeitstitel "Jesus Loves Me" - daher auch der Bart. Jessica Schwarz, Hannelore Elsner und Henry Hübchen spielen mit, in einem Monat beginnen die Dreharbeiten. Das wird bestimmt spannend.

Spielt Glück eine wichtige Rolle bei Ihrem Erfolg?
Auf jeden Fall. Aber es gibt ja auch diesen naseweisen Spruch, dass Glück immer auf eine gewisse Art von Vorbereitung treffen muss. Ein paar Sachen gehen auf im Leben, andere nicht. Dass es sechs Wochen am Stück durchgeregnet hat, als "Vincent will meer" letztes Frühjahr im Kino lief, nenne ich Glück, weil deshalb viel mehr Leute reingegangen sind.
Sie haben als Student in New York bei "Christies" gearbeitet - und sollen in diesem Zusammenhang einem echten Van Gogh sehr nahe gekommen sein ...
Das war eine tolle Zeit, weil sie immer wieder große Impressionisten wie Degas, Monet oder Schiele verkauft haben. Und einmal war eben auch ein Van Gogh dabei. Weil ich wusste, dass er nicht alarmgesichert war, musste ich ihn einfach mal anfassen. Hat sich ziemlich wulstig angefühlt. Am nächsten Tag ist genau dieses Bild dann für 70 Millionen Dollar verkauft worden.
Kaufen Sie sich selbst manchmal Kunst?
Ich habe mir im vergangenen Jahr hier in einer Berliner Galerie mein erstes Bild gekauft - von einem Künstler namens Jaybo Monk. Der macht ganz tolle Sachen, erinnert ein bisschen an Francis Bacon. Früher habe ich selbst gemalt. Ich hatte meine große Kopierphase, habe angefangen mit Max Ernst, dann Gustav Klimt und bin zum Schluss bei Mark Rothko gelandet, was wesentlich leichter war. Die hängen jetzt alle bei meinen Eltern.

Wenn Sie sich einen Ort aussuchen könnten, wo Sie morgen früh aufwachen dürften - wo wäre das?
Definitiv am Meer! So ein Blick aufs Wasser hat was unglaublich Beruhigendes. Als wir in der Endphase des Drehbuchschreibens von "Vincent will meer" waren, haben wir ein Haus auf Ibiza gemietet - irgendwo in der Pampa, aber man konnte aufs Meer gucken. Oder in der Toskana - einfach dazusitzen und zu lesen. Und immer wenn man von seinem Buch aufsieht, schaut man in diese unglaubliche Landschaft - das macht einfach etwas mit deiner Seele.
Wäre es ein Traum, sich dort etwas zu kaufen?
Ein totaler Traum, aber das wird auch nur ein Traum bleiben. Ich sehe das so wie meine Eltern, nämlich sehr realistisch. Sie haben immer gesagt: Wenn du dir dort etwas kaufst, musst du auch immer hinfahren. Und jedes Haus will einfach bewohnt sein. Das merke ich ja schon an meiner Wohnung in München, in der ich aufgrund meiner Arbeit nicht ständig sein kann.
Wissen Sie noch, was Sie sich von Ihrer ersten Gage gekauft haben?
Ich hab die brav aufs Konto gelegt! (lacht) Es war ja noch eine Theatergage und nicht wirklich viel. Aber danach habe ich angefangen, meine Wohnung abzubezahlen. Ich habe in München einen alten Speicher gefunden, stand in der Baustelle und hatte ein ganz tolles Gefühl: "Das ist die erste Sache, die dir wirklich allein gehören wird."
Was ist für Sie Luxus?
Dinge, die man eigentlich nicht braucht, die aber viel Freude machen. Ich habe mir zum Beispiel kürzlich einen Flügel gekauft - der steht allerdings immer noch bei seinem alten Besitzer, weil er nicht in meine neue Wohnung passt. Ein Klavier hätte es vielleicht auch getan, aber dafür bin ich ansonsten sehr genügsam: Ich fahre einen BMW von1972 und gehe gern lecker essen.

Was war das schönste Kompliment, das man Ihnen je gemacht hat?
Das war in Russland, als wir "Vincent" vorgestellt haben. Dort sind Dinge wie das Tourette-Syndrom oder Zwangsneurosen ein absolutes Tabu. Die Leute waren sehr verstört, weil wir das mit so einer Normalität und so einem Humor gezeigt haben. Ich hatte wirklich tränenreiche Begegnungen: Es gab dort einen Mann, dessen zwangskranker Bruder sich umgebracht hatte - durch den Film konnte er das Ganze mit Abstand sehen und seinen Frieden schließen. Damit haben wir mehr erreicht, als wir uns jemals hätten träumen lassen.
Sie gelten als Frauenkenner ...
Aha.
Kleiner Test: Man hat innerhalb einer Umfrage Frauen gefragt, ob sie lieber überdurchschnittlich attraktiv oder überdurchschnittlich intelligent sein würden. Wofür haben sich wohl die meisten Frauen entschieden?
Es ist ja immer die Frage, ob sie auch die Wahrheit sagen! (lacht) Ich glaube, die meisten würden lieber überdurchschnittlich attraktiv sein.
Stimmt. Immerhin fast 90 Prozent ...
Das wäre bei Männern bestimmt ähnlich. Was auch daran liegt, dass man festgestellt hat, dass attraktive Menschen bevorzugt werden, es im Leben leichter haben. Das ist doch schon bei Kindern so – angeblich bekommen attraktivere Kinder bessere Noten.
War das bei Ihnen auch so?
Ich war kein attraktives Kind! Als Kind hatte ich eine Sehschwäche, mir wurde eine Zeit lang ein Brillenglas zugeklebt.
... und dann wurden Sie dauergehänselt?
Nein, ich konnte mich ziemlich gut wehren. Ich wurde nur bei den Pfadfindern gehänselt. Da gab's so eine richtige Proll-Gang, und ich hatte natürlich überhaupt nichts entgegenzusetzen. Aber auch das ging irgendwann vorbei – so gefühlt nach drei Jahren ...
Hili Ingenhoven