Laut, bunt, wild - die Shootings von Ellen von Unwerth sind einzigartig.
"Alle sollen Spaß haben und sich wohlfühlen", so der Anspruch der Fotografin. Sie selbst stand zehn Jahre lang als Model vor der Kamera - und fand es schrecklich. "Ich versuche all das besser zu machen, was ich früher gehasst habe", erklärt die Wahlpariserin ihre Maxime, während sie durch das NRW-Forum in Düsseldorf schlendert und Schnappschüsse ihrer Ausstellung "Berlin bei Nacht" macht.
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Von Unwerths Augen funkeln, das Lachen ist laut und ansteckend. Es war genau dieser Charme, mit dem sie früher als Nummern-Girl das Publikum im Zirkus "Roncalli" verzauberte - und der auch den Fotografen faszinierte, der sie dort Anfang der Siebzigerjahre entdeckte. Inzwischen ist die gebürtige Frankfurterin eine der erfolgreichsten Fotografinnen der Fashion-Szene. Besonders die weiblichen Superstars vertrauen ihr - und lassen sich ohne jede Scheu in höchst erotischen Posen ablichten.
Sie fotografieren fast ausschließlich Frauen. Interessieren Sie sich nicht für Männer?
Ich habe Spaß daran, das Geheimnis einer Frau zu entdecken. Es ist wie Barbie spielen. Ich ziehe sie schön an und kreiere fantastische Wesen. Bei einem Mann kann man nicht viel machen. Benicio del Torro würde ich dennoch gern mal erotisch fotografieren. Er ist ein Schlitzohr, das finde ich sexy.
Welches Frauenbild haben Sie bei Shootings vor Augen?
Meine Frauen sollen stark und selbstbewusst sein. Gleichzeitig auch sexy und verführerisch, schließlich sollen sie Männern keine Angst einjagen.
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Was macht für Sie die Schönheit einer Frau aus?
Ich liebe Frauen, die sexy und intelligent sind und Charakter haben. Schöne, makellose Models langweilen mich. Genau wie Menschen, die extrem gebotoxt und geliftet sind und dadurch ihre Persönlichkeit verloren haben.
Sie haben 1989 Claudia Schiffer entdeckt. Was hat Sie an ihr fasziniert?
Die schönste Frau, die es je gab, war Brigitte Bardot. Ein großer sinnlicher Mund, eine tolle Figur und blonde Haare. Genauso war Claudia Schiffer. Süß und keineswegs bedrohlich, sodass sogar Frauen sie mögen. Claudia könnte einem auch den Mann ausspannen, aber sie wirkt wie ein unschuldiges Kätzchen, das man einfach mögen muss.
Haben die Models, mit denen Sie arbeiten, weniger Hemmungen, weil Sie eine Frau sind?
Ja, außerdem nehme ich mir viel Zeit, die Frauen kennenzulernen und ihre Geheimnisse zu entdecken, bevor ich sie nackt fotografiere. Männer gehen nicht so weit, sie präsentieren häufig nur ihre schöne Oberfläche.
Eva Herzigova sagt, Shootings mit Ihnen seien "nicht vulgär, sondern immer lustig". Stimmt's?
Absolut, es geht zu wie bei einer albernen, hemmungslosen Pyjamaparty. Ich lege Wert darauf, dass alle sich wohlfühlen und Spaß haben. Außerdem fotografiere ich nur Menschen, die mir sympathisch sind.

Entwickelt sich daraus manchmal Freundschaft?
Ja, das kommt vor. Aber für die Arbeit ist es am besten, wenn das nicht so ist. Wenn ich zu viel über sie weiß, zerstört das die Faszination und meine Fantasie.
Sie haben die schönsten Frauen der Welt fotografiert. Wer hat Sie nachhaltig beeindruckt?
Es ist immer wieder aufregend, mit Claudia Schiffer, Naomi Campbell oder Eva Herzigova zu arbeiten. Doch am meisten hat mich Keira Knightley fasziniert. Sie ist keine Sexbombe mit langer, wallender Mähne und großer Oberweite, sondern sehr introvertiert. Es war eine spannende und interessante Herausforderung, sie erotisch zu inszenieren.
Gehen Sie noch manchmal in den Zirkus, um in Erinnerungen zu schwelgen?
Sehr oft sogar. Diese Glitzeratmosphäre hat mich sehr geprägt und inspiriert. Und durch meine Bilder lebe ich diese Fantasiewelt noch immer.
Anna-Lena Koopmann