Dennenesch Zoudé "Heute ist der Tag - okay"

Wenn der Partner plötzlich nicht mehr da ist: Vier Monate nach dem Tod ihres Mannes spricht die Schauspielerin über die Rückkehr ins Leben

Sie ist kein Mensch, der einfach so drauflosplappert. Beim GALA-Interview in einem Café nahe des Wormser Doms nimmt sich Dennenesch Zoudé, 49, besonders viel Zeit für ihre Antworten, denn wir sprechen über ein schwieriges Thema: den Verlust ihres Mannes Carlo Rola. Im März starb der Filmemacher mit nur 57 Jahren. Zum ersten Mal seit dieser Zeit steht Dennenesch Zoudé jetzt wieder auf der Bühne, bei den Nibelungen-Festspielen.

Wie fühlt es sich an, auf die Bühne zurückzukehren?

Ich freue mich sehr, dass ich dabei bin. Die Festspiele sind etwas Besonderes, weil wir unter freiem Himmel spielen. Das habe ich noch nie vorher gemacht. Und das Arbeiten hier hat ein wenig was von einem Schulausflug, weil ich viele der beteiligten Kollegen gut kenne. Nach der Abendprobe sitzen wir oft noch ein bisschen zusammen, trinken etwas und unterhalten uns.

Ist die Arbeit eine gute Ablenkung im Moment?

Mir macht es Spaß, in andere Leben und fremde Orte einzutauchen. Das liebe ich an meinem Beruf ja so. Aber Sie haben Recht, es ist gut, dass ich jetzt arbeite und nicht in Berlin bin, wo ich lebe. Ich bin einfach mal weg. Früher hätte es mich in jeder freien Minute nach Hause gezogen. Aber meine Situation ist nun eine andere.

Eine ebenso kurze wie wahrscheinlich schwierige Frage: Wie geht es Ihnen zurzeit?

(überlegt) Es gibt gute und schlechte Tage. Heute ist der Tag – okay.

Als Schauspielerin schlüpfen Sie quasi in andere Menschen, andere Charaktere. Hilft das beim Auf und Ab des Lebens?

Nein, gar nicht. Wenn ich etwas spiele, lerne ich es nur kennen, aber das ist keine wirklich eigene Erfahrung. Ich glaube, was einen tröstet oder rüstet, sind Musik, Literatur und Filme. Biografien von anderen Menschen, mit denen man sich beschäftigt. Ich habe gestern eine Dokumentation über den Komponisten Robert Schumann gesehen. Der hat ja sein Talent bis zum Wahnsinn durchlebt. Diese Biografie wühlte mich auf. Sie hat was Inspirierendes – und dadurch hatte sie auch etwas Tröstendes für mich.

Gibt es einen Satz aus einem Drama oder einem Gedicht, der zu Ihrem Lebensmotto geworden ist?

Hmm, schwierig … Vielleicht das Gedicht "Der Radwechsel" von Brecht. Das hat mir vor vielen Jahren mal ein Freund vorgelesen, und das trifft genau meine Lebensphilosophie. Moment, es geht so … (denkt kurz nach) "Ich sitze am Straßenhang. Der Fahrer wechselt das Rad. Ich bin nicht gern, wo ich herkomme. Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre. Warum sehe ich den Radwechsel mit Ungeduld?"

Können Sie erklären, was das Gedicht für Sie bedeutet?

Was zählt, ist der Moment. Die Zukunft kann ich kaum beeinflussen und ändern und die Vergangenheit sowieso nicht. Ich gucke nicht zurück, ich versuche den Moment zu leben. Diese Eigenschaft bezeichne ich fast als Talent. Ich bin zum Beispiel absolut nicht nachtragend. Ich kann einen Streit sogar schon vergessen, während ich mich noch streite. Das birgt natürlich auch Gefahren, weil man immer wieder ins Messer laufen kann. Ich bin aber ein vorsichtiger Mensch. Und wenn es etwas zu klären gibt, versuche ich das gleich hier und jetzt zu klären.

Sie wollten schon früh Schauspielerin werden. Mochten Sie als junger Mensch klassische Theaterstücke? Viele finden die ja sperrig.

Gerade die haben mich früh absolut fasziniert, weil da eben alle Dinge durchgespielt werden, die die Menschen umtreiben. Neid, Gier, Macht, Eifersucht, Liebe. Da geht es immer um alles. "Lysistrata" war das erste Stück, das ich an der Schule gespielt habe. Das hat mich beeindruckt, weil da weibliche Intelligenz und List die Dinge zum Guten wenden.

Zoudé studiert mit Kollegen, unter anderem Uwe Ochsenknecht, die Kostüm-Entwürfe für das Theaterstück "Gold" (Aufführungen bis 31. Juli, www.nibelungenfestspiele.de)
Zoudé studiert mit Kollegen, unter anderem Uwe Ochsenknecht, die Kostüm-Entwürfe für das Theaterstück "Gold" (Aufführungen bis 31. Juli, www.nibelungenfestspiele.de)
© Bernward Bertram

Als Schauspielerin sind Sie oft unterwegs. Haben Sie etwas Spezielles dabei, um sich wohlzufühlen?

Meinen Tennisschläger. Ich habe den Sport vor einigen Jahren entdeckt und bin im Verein. Leider spielt hier in Worms keiner meiner Kollegen. Sport tut mir gut, ich bin gern in Bewegung. Ansonsten schleppe ich nicht haufenweise Sachen mit, um das Hotelzimmer zu verschönern. Ich kaufe Schnittblumen. Die bringen eine Menge.

Was gibt Ihnen innere Sicherheit?

Ich habe eine intakte Familie. Meine Eltern, mein Bruder und meine Schwester sind mir sehr nah. Wir schicken uns immer gegenseitig Fotos. Mein Vater ist ja Ingenieur, er hat die ganze moderne Technik drauf. Dazu habe ich einen sehr guten Freundeskreis. Das alles ist ein Netz, das mir Sicherheit gibt. Und ich habe ein großes Vertrauen ins Leben.

Sie werden im Dezember dieses Jahres 50. Wie gehen Sie mit dieser Zahl um?

Ich habe Glück mit meinen Genen und werde sehr viel jünger geschätzt. Meinen Geburtstag habe ich immer gern gefeiert, weil ich den Tag meiner Geburt feiere und nicht die erreichten Jahre. Aber ganz ehrlich – was ich dieses Jahr mache, weiß ich noch nicht.

Gala

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