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Hape Kerkeling "Meine Ehe ist ein Ja zur Liebe - nicht mehr und nicht weniger"

Hape Kerkeling 
© Getty Images
Hape Kerkeling wandert meisterlich zwischen lustig und ernst – auch in seiner Autobiografie, die jetzt ins Kino kommt. GALA sprach mit ihm über seine dramatische Kindheit und seinen Mann, über seinen Ausflug nach Hollywood und die Zukunft von Horst Schlämmer

Leichter Dunst hängt über Bonn, da wirkt der Drachenfels auf der gegenüberliegenden Rhein-Seite noch magischer. "Ich finde diesen Anblick sehr beeindruckend", sagt Hape Kerkeling vor dem Panoramafenster im Restaurant des Hotels "Königshof".

Hape Kerkeling über seine Kindheit

Die ehemalige Bundeshauptstadt ist seit einigen Jahren das Zuhause des selbst ernannten Alt-Comedians. Kerkeling mag das "beschauliche und gleichzeitig weltoffene Klima" in Bonn. Weil der Flughafen nah ist, kommt er auch schnell zu seinen Lieblingsorten in Italien oder Südafrika. "Nicht zuletzt ist das hier aber zurück zu den Wurzeln", sagt der Weitgereiste: Im nahe gelegenen Ruhrgebiet ist er aufgewachsen. Dort spielt seine Autobiografie "Der Junge muss an die frische Luft", die Oscar-Preisträgerin Caroline Link gerade verfilmt hat.

GALA: Legen Sie Wert auf die Anrede "Herr Alt-Comedian", so wie Gerhard Schröder ja auch als "Altbundeskanzler" bezeichnet wird?

Hape Kerkeling: Oh Gott, nein! Mit diesem Begriff nehme ich mich nur selbst ein bisschen auf den Arm, weil ich nun ja nicht mehr als Comedian tätig bin.

In der Verfilmung der Kerkeling-Autobiografie spielt Julius Weckauf, ein Junge vom Niederrhein, seine erste Rolle. Julius wurde aus Tausenden Bewerbern ausgesucht. In weiteren Rollen: Sönke Möhring, Joachim Król, Maren Kroymann, Diana Amft (Kinostart an Weihnachten, 25. Dezember) 
In der Verfilmung der Kerkeling-Autobiografie spielt Julius Weckauf, ein Junge vom Niederrhein, seine erste Rolle. Julius wurde aus Tausenden Bewerbern ausgesucht. In weiteren Rollen: Sönke Möhring, Joachim Król, Maren Kroymann, Diana Amft (Kinostart an Weihnachten, 25. Dezember) 
© PR

GALA: Dafür machen Sie jetzt im Film eine Zeitreise. Wie war Ihre Begegnung mit dem eigenen Ich, dem Darsteller des kleinen Hape?

Kerkeling: Erst mal war ich beeindruckt von der optischen Ähnlichkeit zwischen Julius und dem Hape, der ich mal war. Daneben hat Julius noch seine ganz eigene Strahlkraft. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden.

GALA: Kannte er Sie überhaupt?

Kerkeling: Ehrlich gesagt: mich nicht. Aber er kannte Horst Schlämmer. Er war der Meinung, das ist eine real existierende Person.

GALA: Was ein Kompliment für Horst Schlämmer ist.

Kerkeling: Durchaus. Für mich vielleicht weniger. (lacht)

GALA: Waren Sie beim Dreh oft am Set, kontrollieren Sie gern?

Kerkeling: Überhaupt nicht! Ab dem Moment, wo ich wusste, dass Caroline Link Regie führt, habe ich alles komplett abgegeben. Und ich habe es nicht bereut.

GALA: Beim Buch wie beim Film muss man am Ende lächeln, obwohl es zentral um den Tod Ihrer Mutter geht. Die ganze Familie, die den achtjährigen Hape emotional auffängt, strahlt so viel Kraft aus.

Kerkeling: Genau das ist mein Ziel: Leser wie Zuschauer mit einem Lächeln zu entlassen. Denn mir geht es ja auch um die positiven Dinge, die aus einem extrem traurigen Ereignis resultieren können. Ich sehe den Film als Appell an Familien zusammenzuhalten. Bedingungslos. Ich finde, in Deutschland ist es inzwischen stark ausgeprägt, dass Familien zersplittern. Immer wenn ich in Italien bin, sehe ich da einen ganz anderen Zusammenhalt.

GALA: Was löst der Film bei Ihnen persönlich aus?

Kerkeling: Er ist für mich Trost. Ich wünsche mir, dass er das auch bei anderen auslöst, die ebenfalls Schicksalsschläge hinnehmen mussten.

GALA: In diesem Jahr haben Sie nun auch Ihren Vater verloren. Wenn beide Elternteile nicht mehr da sind, ist die Geburtsfamilie verschwunden.

Kerkeling: Ja, das war noch mal ein starker Einschnitt. Natürlich habe ich dieses Ereignis völlig anders erlebt als den frühen Tod meiner Mutter. Mein Vater ist 91 Jahre alt geworden. Trotzdem fühlt es sich schon so an: Etwas ist endgültig vorbei. Jetzt bin ich Vollwaise, mit 54.

Filmfoto aus Hape Kerkelings Autobiographie "Der Junge muss an die frische Luft"
Filmfoto aus Hape Kerkelings Autobiographie "Der Junge muss an die frische Luft"
© Julia Terjung / PR

GALA: Als Ihre Mutter Anfang der Siebzigerjahre plötzlich nicht mehr da war, spielten Ihre Großmütter offenbar die wichtigste Rolle.

Kerkeling: Sie waren beide sehr zuversichtliche Menschen. Das hat mir vor allem die Oma, die dann für meine Erziehung verantwortlich wurde, auf meinen Lebensweg mitgegeben.

GALA: Sind Frauen das stärkere Geschlecht?

Kerkeling: (überlegt) Ich habe kürzlich etwas sehr Interessantes gelesen. Es ging eigentlich um Autismus-Forschung. In dem Zusammenhang hieß es, dass sich das männliche Gehirn nur auf einen einzigen Weg konzentrieren kann. Frauen denken vielfältiger, sind offener. So gesehen… (lächelt)

GALA: Haben Sie das selbst auch schon erlebt?

Kerkeling: Ja, bei meinen Bühnenprogrammen. Frauen verstehen Humor durch ihre Offenheit schneller. Es kam vor, dass sie sich vor Lachen ausgeschüttet haben, aber den ein oder anderen Mann daneben erst mit dem Ellbogen in die Seite knuffen mussten. Gelegentlich bin ich vor einem reinen Frauen-oder einem reinen Männerpublikum aufgetreten. Wenn ich wählen müsste: Ich würde immer das Frauenpublikum nehmen. Wenn eine Gruppe von Frauen zusammen ist, bleiben sie Individuen. Eine Männergruppe wird zur Herde.

GALA: Stimmt der Eindruck, dass Sie stets von starken Frauen umgeben sind, von den Großmüttern bis zu den Regisseurinnen Ihrer jüngsten Filme?

Kerkeling: In unserer Familie haben die Frauen, wohl geprägt durch die Kriegsereignisse, zwangsläufig das Regiment übernommen. Das blieb dann später so. Insofern bin ich vermutlich durch starke Frauen geprägt, ja. Andererseits habe ich auch mit Männern immer schon gut zusammengearbeitet.

Paraderolle: Im GALA-Interview macht Kerkeling Hoffnung, dass Chefreporter Horst Schlämmer zurückkehrt 
Paraderolle: Im GALA-Interview macht Kerkeling Hoffnung, dass Chefreporter Horst Schlämmer zurückkehrt 
© Getty Images

GALA: Apropos Männer: Als die Ehe für alle möglich wurde, haben Sie und Ihr Partner sofort geheiratet. Ist Ihnen das Formale wichtig? 

Kerkeling: Das war einfach ein Ja zur Liebe. Darum geht’s. Um nicht mehr, aber auch nicht um weniger.

GALA: Guido Maria Kretschmer und sein Frank haben für ihre Trauringe einen Turmalin geteilt. Wie man sieht, tragen auch Sie einen Ehering.

Kerkeling: Ring ja. Aber wir haben dafür nicht extra Steine aufgeklopft.

GALA: Ihr Mann ist Bayer, und laut Verfassung des Freistaats sind Sie das durch die Heirat nun auch.

Kerkeling: Und ich fühl mich auch so! Seitdem gehe ich noch lieber aufs Oktoberfest.

GALA: Echt? Rein ins Gewühl?

Kerkeling: Ich mochte das immer schon gern. Mittendrin sein, mit vielen Leuten, die alle singen und fröhlich sind. Das will ich zwar nicht jeden Tag haben, aber ein oder zwei Mal im Jahr finde ich das dringend erforderlich.

GALA: Jetzt sitzen wir hier gerade gemütlich mit Blick auf den Rhein. Wenn ich an Ihren Bestseller "Ich bin dann mal weg" denke – hätten wir uns auch zu einer Uferwanderung verabreden können?

Kerkeling: Wandern war ja nie wirklich mein Ding. Es ging und geht mir ums Pilgern, ums Beten mit den Füßen. Pilgern immer wieder gern, weil ich dadurch zu einer kindlichen Religiosität zurückgefunden habe. Wandern eher nicht. Ich bin generell als Sitzer gedacht. Ich denke, das ist schon genetisch so angelegt. Ich erinnere mich auch nicht an viele Tanzereien bei unseren Familienpartys. Da wurde gesessen und geredet.

GALA: Spielverderber sagen gern: Sitzen ist das neue Rauchen.

Kerkeling: Das sehe ich gelassen, weil ich vor vier Jahren mit dem Rauchen aufgehört habe. Und ich habe Kette geraucht! Heute binich nicht nur gesünder, ich fühlemich auch so. So schlimm kann das Sitzen also gar nicht sein. Dazu gelegentlich noch ein Weinchen, denn das ist blutverdünnend. Aber nicht dass Sie jetzt denken, ich bin immer nur am Sitzen! Ich bewege mich auch. Allerdings nicht viel.

GALA: Sport ist kein Thema?

Kerkeling: Was ich letztens mal gemacht habe, ist dieses, na, wie heißt es doch gleich? Nicht EKG, auch nicht FCK – ja, EMS heißt es. Elektro-Dingenskirchen.

GALA: War es gut?

Kerkeling: Ich hatte dabei so ein perverses Gefühl. (lacht) Sich mit Elektroschlägen auf Muskelmasse trimmen zu lassen, fand ich verwegen. Man hat auch irgendwie Schiss. Immer diese Erwartung: Gleich kommt er wieder, der Stromschlag! Ich hab mich dann doch dagegen entschieden.

GALA: Bei Ihrem Humor geht es um Wortwitz, also um die deutsche Sprache. Gab es irgendwann Ambitionen darüber hinaus?

Kerkeling: Ich durfte tatsächlich mal in einem Hollywood-Film mitspielen, auf Englisch. "Jack und Jill" hieß der, mit Adam Sandler, Katie Holmes und Al Pacino. Das war im Jahr 2011. Das Ende vom Lied: Ich wurde leider rausgeschnitten.

GALA: Welche Rolle hatten Sie denn in dem Film?

Kerkeling: Steward auf einem Kreuzfahrtschiff. Und ich hatte sogar eine Szene mit Adam Sandler! Mir hat es sehr großen Spaß gemacht. Nachher wurde mir dann gesagt, ich war nicht schlecht, der Film war einfach zu lang. Ich habe das geglaubt.

GALA: Und das war’s dann mit Hollywood?

Kerkeling: Voriges Jahr kam ein Angebot, bei dem ich beinah noch mal schwach geworden wäre. Von der ABC, dem Fernsehsender. Für eine wirklich dolle komische Rolle in einer Krimiserie. Ich habe meinen Freund Arthur Cohn, den Filmproduzenten, um Rat gefragt. Der schickte mich zu einem Wahrsager in Hollywood, und der wiederum meinte: "Machen Sie das bloooß nicht, das wird ein Flop!" Daher habe ich es gelassen. Und was soll ich sagen – die Serie ist gefloppt. Aber um Ihre Frage konkret zu beantworten: Ich habe das alles nie aktiv angestrebt. Der Zufall wollte es, dass ich mit dieser internationalen Welt in Berührung kam.

Musikfreund: Als Schlagerdiva Uschi Blum bei Gottschalks "Wetten, dass ..?". Kerkeling spielt mit der Idee, irgendwann mal ein Album mit seinen italienischen Lieblingsliedern aufzunehmen 
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© Getty Images

GALA: Immerhin sprechen Sie fünf Fremdsprachen.

Kerkeling: Ich kann ja sonst nix.

GALA: Sie kokettieren!

Kerkeling: Ich habe wirklich nichts Anständiges gelernt. Schauspiel und Regie habe ich mir selbst beigebracht. Insofern sind diese Sprachen das Einzige, wo ich wenigstens einigermaßen etwas vorweisen kann.

GALA: Trotz Ihrer Show-Rente: Ist noch mal mit Horst Schlämmer zu rechnen?

Kerkeling: Mal sehen. Fernsehen juckt mich nicht mehr so. Aber ein weiterer Kinofilm ist vorstellbar. Bei Horst Schlämmer lachen übrigens auch Männer sofort. Mit diesem derben Humor können sich die Herren der Schöpfung offenbar identifizieren.

GALA: Viele Ihrer Sprüche sind heute bereits Allgemeingut. "Ich bin dann mal weg", "Weisse Bescheid, Schätzelein", "Isch hab Rücken"…

Kerkeling: Na sischer dat.

GALA: Kommt es vor, dass jemand auf einer Party so was sagt wie: "Ich hab Knie", und dann wartet er strahlend auf Ihre Reaktion?

Kerkeling: Passiert oft. Ich lache dann auch immer gern über den Gag. Mir macht es Freude, dass das inzwischen geflügelte Worte sind.

GALA: Geht mit Humor wirklich alles besser?

Kerkeling: Ja.

GALA: Und wenn jemand keinen Humor hat?

Kerkeling: Schwierig. Vor allem für ihn selbst. 

Ilka Bessin
Gala

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