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Hans-Jochen Wagner "Bitte keine Kuschelrunde der Softies"

Nachdenklicher Typ: "Ich lerne immer gerne dazu", sagt TV-Star Hans-Jochen Wagner.
Nachdenklicher Typ: "Ich lerne immer gerne dazu", sagt TV-Star Hans-Jochen Wagner.
© tagesspiegel / imago images
Schauspieler Hans-Jochen Wagner über die Frauenbewegung, Waldgesänge mit seinem Sohn – und warum er den neuen Bond lächerlich findet.

Seine Haare trägt Hans-Jochen Wagner, 52, gern etwas länger, so wie es bereits in den 1980er Jahren Mode war – sehr praktisch für seine Rolle in "Faking Hitler", das in dieser Zeit spielt. In der neuen RTL+- Serie wird die Geschichte um die gefälschten Hitler-Tagebücher erzählt, einer der größten Skandale in der Geschichte des deutschen Journalismus. Wagner, beeindruckend schon in vielen "Tatort"-Folgen oder in "Big Manni", gehört zum hochkarätigen Ensemble.

Hans-Jochen Wagner im GALA-Interview: "Ich habe mich zunächst nicht auf die Bühne getraut"

GALA: Welche Schlagzeile hat Sie in Ihrem Leben am tiefsten beeindruckt?
Hans-Jochen Wagner: Während meiner Zeit an der Schauspielschule habe ich abends in Kneipen nebenbei die "taz" des nächsten Tages verkauft. Das war manchmal zäh, an einem Abend aber erschien sie mit der Schlagzeile: "OJ Simpson freigesprochen". Da wurde sie mir aus den Händen gerissen.

Ohne ihre Echtheit wirklich geprüft zu haben, hat der "stern" 1983 die angeb­lichen Hitler-Tagebücher veröffentlicht. Die Story erschien einfach viel zu verlockend. Welchen Versuchungen mussten Sie schon widerstehen?
Manchen Versuchungen kann ich durchaus erliegen – Geld gehört aber ausdrücklich nicht dazu. Ich mache zum Beispiel keine Werbung. Außer für einen guten Zweck, wofür ich dann selbst natürlich kein Geld bekomme.

Der Versuchung der Bühne sind Sie allerdings erlegen.
Stimmt. Wobei ich eigentlich nicht auf die Bühne wollte, ich habe mich zunächst nicht getraut. Lieber wollte ich in Richtung Regie gehen. Der Applaus hat ihnen dann doch gefallen. Klar. Man darf das allerdings nicht verwechseln: Der Beifall gilt nicht der Person, sondern der Arbeit. Kollegen, die das nicht auseinanderhalten, bekommen oft ein Problem. Die müssen vielleicht anfangen zu saufen oder ähnliches, um das zu kompensieren. 

Im neuen Sechsteiler "Faking Hitler" (RTL+) spielt Hans-Jochen Wagner (r.) einen "stern"-Ressortleiter, der mit einer Jungredakteurin (Sinje Irslinger, l.) zu klären versucht, ob die von Reporter Gerd Heidemann (Lars Eidinger) angeschleppten Hitler-Tagebücher echt sind.
Im neuen Sechsteiler "Faking Hitler" (RTL+) spielt Hans-Jochen Wagner (r.) einen "stern"-Ressortleiter, der mit einer Jungredakteurin (Sinje Irslinger, l.) zu klären versucht, ob die von Reporter Gerd Heidemann (Lars Eidinger) angeschleppten Hitler-Tagebücher echt sind.
© RTL / Wolfgang Ennenbach

"Auch Männer sollten für sich klären, was ihnen wichtig ist"

In "Faking Hitler" leidet eine junge Journalistin unter dem Sexismus in der Redaktion. Ist das nicht auch ein Problem in der Filmwelt?
Ich selber habe das bislang nicht bewusst erlebt, kenne es nur vom Hörensagen. Es gab aber natürlich auch Verhältnisse zwischen älteren Männern und jungen Kolleginnen, die sich mir nicht erschlossen haben.

Braucht das Thema "Männer­domänen und Machtverhältnisse" mehr Aufmerksamkeit?
Es ist auf jeden Fall wichtig, darüber zu sprechen. Auch wenn bei manchen die Sorge aufkommt, dass das Pendel dann in die andere Richtung ausschlägt.

Haben Sie ein Beispiel?
Wenn ich einer Kollegin sage: "Du siehst toll aus", erkläre ich oft gleich, dass ich das ohne Hintergedanken gemeint habe – obwohl das eigentlich selbstverständ­lich sein müsste. Das finden manche Männer schwierig. Sie beklagen sich, man dürfe ja gar nichts mehr sagen.

Und wie geht es Ihnen damit?
Ich finde, wenn man das aufrecht meint und auch so anspricht, ist das okay. Es geht hier um mehr Bewusstsein. Das ist vielleicht etwas anstrengender, aber es ist kein Zensieren.

Und doch stört Sie offenbar etwas.
Ich finde, die Frauenbewegung war und ist wichtig. Aber ich hätte mir manchmal auch eine Männerbewegung gewünscht. Und zwar nicht nur als Kuschelrunde der Softies. Wir sollten einmal die Frage klären, was uns Männern wichtig ist und was wir ver­teidigen wollen.

Ich denke, es besteht die Gefahr, dass auch ein falsches Männerbild entsteht.

Inwiefern?
Wenn Daniel Craig im neuen Bond die Frauen fragt, ob er sie anfassen darf, aber gleichzeitig alles umballert, was geht, ist das lächerlich. Meine Defini­tion vom "alten weißen Mann" ist übrigens durchaus komplex. Ich habe es mir nicht ausgesucht, in dieses Schema gesteckt zu werden. Mich kann man auch nicht einfach weghauen, weil ich nicht mehr zeitgemäß bin. Damit stärkt man nur die Gegenbewegung. Aber ich lerne immer gern dazu. 

So erzieht der "Tatort"-Star seinen Sohn

Sie sind Vater eines fünfjährigen Sohnes. Erziehen Sie ihn nach einem neuen Männerbild?
Nicht nach Lehrbuch. Aber ich ver­bringe zum Beispiel schon viel mehr Zeit mit ihm, als es mein Vater mit mir gemacht hat. Wir sprechen natür­lich auch übers Hauen oder wie man Konflikte besser löst.

Aber er muss auch mal loslegen dürfen, nicht nur brav und still dasitzen.

Ich tobe viel mit ihm herum. Und Mädchen sind heute auch nicht mehr nur die Zurück­haltenden. (lacht)

Kraftquelle: Mit der Regisseurin und Drehbuchautorin Nana Neul, 47, ist Wagner seit 2014 verheiratet. Das Paar lebt mit seinem fünf Jahre alten Sohn in Berlin.
Kraftquelle: Mit der Regisseurin und Drehbuchautorin Nana Neul, 47, ist Wagner seit 2014 verheiratet. Das Paar lebt mit seinem fünf Jahre alten Sohn in Berlin.
© Future Image / imago images

Sie spielen mehrere Instrumente. Machen Sie auch mit Ihrem Sohn Musik?
Ja, er singt manchmal dazu, wenn ich Gitarre spiele. Und wenn wir durch den Wald spazieren, grölen wir beide auch schon mal das Lied "Saßen zwei Gestalten auf dem Donnerbalken und schrien nach Klo­papier". Das singt er voller Inbrunst.

Welche Schlagzeile möchten Sie gern mal über sich lesen?
Vielleicht einfach nur: "Er hat es ge­schafft". In unserem Job ist ja ständig Luft nach oben.

Gala

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