
Collien Ulmen-Fernandes im GALA-Interview
Collien Ulmen-Fernandes: Das war sehr absurd. Ich wäre eigentlich von München nach Hamburg und anschließend nach Frankfurt, Köln, Mallorca und dann für einen Dreh weiter nach Norwegen geflogen. Die Flüge bauten aufeinander auf, doch nach und nach wurde immer ein Puzzleteil entfernt. Dadurch hatten wir zunächst einen riesigen organisatorischen Aufwand, bis schließlich alles abgesagt wurde. Da dachte ich nur: 'Okay, was mach ich jetzt?'. Dann kam es aber recht schnell zu 'Familien allein zu Haus', sodass ich letztendlich tatsächlich nur zwei Wochen frei hatte.
Es war total krass, da es etwas war, mit dem niemand gerechnet hat. Die Situation hat mich sehr aufgewühlt. Bei den meisten Projekten wurde gesagt, dass sie nach Corona gedreht werden würden. "Nach Corona" - wann genau soll das sein? Nicht zu wissen, was all dies konkret bedeutet, wann das Kind wieder in die Schule kann oder wie lange diese Ausnahmesituation anhält, hat mir schlaflose Nächte bereitet.
Ja, weil mir am Anfang nicht ganz klar war, mit welchen Erkrankungen man zu der Risikogruppe gehört. Mein Vater gehört definitiv zur Risikogruppe. Er hat diverse Herz-Kreislauf-Erkrankungen und nimmt das Thema leider nicht richtig ernst. Er kann nicht stillsitzen und ist ständig unterwegs, da mache ich mir große Sorgen. Mein Mann hat Bluthochdruck, auch das gilt als Corona-Risiko und kann einen schweren Verlauf begünstigen. Daher mache ich mir natürlich Sorgen, dass meiner Familie etwas passiert.
"Wir hatten nicht genügend Zeit, um einen ordentlichen Lagerkoller zu entwickeln"
Obwohl mein Mann hypochondrisch veranlagt ist, ist er in diesen Zeiten erstaunlich entspannt. Ich habe eher mit dem Gegenteil gerechnet, aber ihn wühlt das alles gar nicht so wirklich auf. Für seine Verhältnisse ist er erstaunlich gelassen. (lacht)
Ich persönlich war nicht in der Lage die freien zwei Wochen zu genießen. Einer der Experten hat dafür ein ganz tolles Bild gewählt, um zu erläutern, warum das so war. Er hat es damit verglichen, plötzlich im Stau zu stehen. Da hat man auch schlagartig viel Zeit, kann diese aber gar nicht genießen, denn erstens hat man es sich nicht selbst ausgesucht und zudem ist unklar, wie lange dieser Zustand anhalten wird.
Ich war ja recht schnell schon wieder weg! Ich habe tatsächlich nach zwei Wochen wieder gedreht, dadurch waren wir nicht in der Situation, sehr lange alleine Zuhause zu sein. Mein Mann war quasi allein Zuhause und ich war unterwegs.
Mit ihrer zweiten Hochzeit haben Collien und Christian ihre Ehe wieder "mehr in den Fokus" gerückt
Für "The Masked Singer" war ich erst fast zwei Monate in Köln. Im direkten Anschluss habe ich einen Monat lang "Generation Helikopter-Eltern?" und danach einen Film in Spanien gedreht - Christian und ich haben uns also vier Monate nicht gesehen!
Dass wir uns feste Dates vornehmen, denn die gemeinsame Zeit verliert man schnell aus den Augen, wenn man länger verheiratet ist. Wir nehmen uns jetzt regelmäßig Zeit füreinander und verabreden uns ganz offiziell. Früher haben wir abends oft am Computer gesessen, doch jetzt achten wir darauf, an mindestens ein oder zwei Abenden in der Woche Zeit füreinander zu haben.
Wir trinken alkoholfreien Prosecco, setzen uns auf den Balkon oder die Terrasse und reden miteinander. Manchmal spielen wir auch Mühle. Wie ein altes Rentner-Ehepaar. (lacht)
Homeschooling: " Bei mir hat es eher mittelgut bis schlecht funktioniert"
Die ersten zwei Wochen habe ich das übernommen. Als ich dann wieder beim Dreh war, habe ich das Homeschooling an Christian abgegeben. Bei mir hat es eher mittelgut bis schlecht funktioniert. Laut unserer Experten ist das kaum verwunderlich, da Eltern nicht die gleiche Kompetenz haben können wie Lehrer. Die Sendung zeigt, dass es vielen Familien so geht.
Sehr gut. Da hatten wir wirklich Glück, denn vor ein bis zwei Jahren wäre es sicherlich anders gewesen. Mittlerweile kann sie sich aber wahnsinnig gut selbst beschäftigen. Ich brauche ihr nur ein paar Blätter und einen Stift zu geben, dann ist sie acht Stunden mit Malen und Basteln beschäftigt.
Durch Corona haben wir "einen wahnsinnigen Rückschritt in Richtung 1950er Jahre gemacht"
Eine ganze Menge. Wir begleiten in dieser Sendung drei Familien. Dadurch bekommen wir Einblicke in höchst unterschiedliche Familien-Situationen, was äußerst spannend ist. Wir haben eine Schausteller-Familie, die von jetzt auf gleich von der Mittelschicht in Hartz-IV abgerutscht ist, weil sämtliche Volksfeste abgesagt wurden. Zu erleben, wie diese Familie mit der Situation umgegangen ist, war ein tolles Learning.
Die Experten haben das Verhalten der Schausteller-Familie als Positivbeispiel hervorgehoben. Außerdem haben sie das Thema Struktur sehr betont. Einer unserer Experten sagte, dass es zum Beispiel essenziell sei, sich zum Arbeiten entsprechend anzuziehen.
Einige Experten-Interviews fanden per Video-Telefonie statt - und nicht jeder unserer Interview-Partner hatte gutes WLAN. Bei einem ist die Verbindung immer wieder abgebrochen. Es ist schon herausfordernd in diesen Zeiten. Das ist aber eigentlich auch etwas Positives.
Besagter Experte erzählte von Bekannten, die jeden Tag mit ihren Kindern drei Kilometer zu einem Parkplatz fahren, um Homeoffice- und schooling zu machen, weil sie nur dort Internet haben. Da zeigt sich auf, was wir in Sachen Breitbandausbau versäumt haben. Ebenso wie mit der Digitalisierung der Schulen und natürlich auch in Gleichberechtigung.
Können Sie Gleichberechtigung in Bezug auf Corona näher erörtern?
Es sind die Frauen die bügeln, kochen und die gesamte Organisation übernehmen. Das sieht man auch bei unseren Familien. Eine unserer Interview-Partnerinnen bemerkte, dass man als Frau Lehrerin, Hausfrau, Köchin, Büro-Managerin und Mutter ist - während die Männer sich heraushalten.
Inzwischen bestätigen dies offizielle Zahlen, die besagen, dass sich lediglich 24 Prozent der Haushalte in der Coronazeit gleichberechtigt um Kinder und Hausarbeit gekümmert haben. Außerdem haben sich zu 80 Prozent die Frauen mit dem Homeschooling befasst. Da haben wir einen wahnsinnigen Rückschritt in Richtung 1950er Jahre gemacht.