Sie ringt um Fassung, kämpft im Gespräch mit Star-Reporterin Robin Roberts immer wieder mit den Tränen. Zwar war schon vor ihrem Besuch in der "Good Morning America"-Show klar, dass Christina Applegate über ihre Brustkrebserkrankung sprechen würde - aber nicht, welches Ausmaß sie dabei offenbaren würde. "Ich habe mir beide Brüste abnehmen lassen", sagt sie leise. "Nachdem ich alle Behandlungsmethoden, die für mich in Frage kamen, abgewogen hatte, schien mir das am sinnvollsten. Trotzdem: Es war eine harte Entscheidung." Und dann erläutert Christina noch fachkundig den Hintergrund für diesen radikalen Schritt: "Ich trage das Brustkrebs-Gen BRCA1 in mir."
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Was das genau bedeutet, erklärt Prof. Dr. Diethelm Wallwiener, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Frauenklinik Tübingen: "Diese Frauen entwickeln mit hoher Wahrscheinlichkeit in der ersten Hälfte ihres Lebens Brustkrebs. Zehn Prozent aller Frauen sind Trägerinnen dieses Gens." Dass Christina Applegate sich frühzeitig daraufhin untersuchen ließ, hat einen guten Grund: Schon ihre Mutter Nancy Priddy, heute 67, litt unter Brustkrebs - zweimal brach die Krankheit aus. Bei der ersten Diagnose war Christina gerade mal sieben Jahre alt. "Ich habe miterlebt, wie ihr die Brust abgenommen wurde, wie sie zwei Jahre Chemotherapie und acht Operationen durchgestanden hat", erzählt die Schauspielerin. Solch ein langer Leidensweg wird ihr selbst nun erspart bleiben. Ein Risikofaktor bleibt das Gen in ihrem Körper trotzdem: Es kann in der zweiten Lebenshälfte Eierstockkrebs verursachen.
Vielleicht auch deshalb möchte die Rekonvaleszentin - die OP ist nun vier Wochen her - ihre Familienplanung so bald wie möglich angehen. "Da sie keine Chemo- oder Strahlentherapie bekommt, spricht, wenn alles gut verheilt ist, nichts dagegen", so der Frauenarzt Wallwiener. Aus medizinischer Sicht scheine eine baldige Schwangerschaft sogar äußerst vernünftig: "Wenn die Familienplanung abgeschlossen ist, wird man ihr ohnehin anraten, die Eierstöcke entfernen zu lassen. Sie stellen dann lediglich noch Risikofaktoren dar." Sollte Christina allerdings eine Tochter bekommen, könnte der ein ähnliches Schicksal wie Mutter und Großmutter drohen. Das Mädchen wird das Brustkrebs-Gen mit bis zu 30-prozentiger Sicherheit erben.
Jetzt ist erst mal Optimismus angesagt: "Ich bin nach der Operation zu 100 Prozent brustkrebsfrei", sagte Christina Applegate in "Good Morning America". Innerhalb der nächsten acht Monate sollen ihre Brüste wieder aufgebaut werden. Was die Tapfere sogar zu einem kleinen Scherz animierte: "Hey, ich werde tolle Brüste haben, bis ich 90 bin!", sagte sie in dem Interview. Ihre große Zuversicht wird sie brauchen. Schließlich ist nicht ausgeschlossen, dass der Krebs eines Tages zurückkehrt, wie Prof. Wallwiener erläutert: "Falls Krebszellen aus dem entfernten Knoten in die Lymphe oder ins Blut ausgeschwemmt wurden, können sie sogar noch nach zehn oder zwanzig Jahren Metastasen im Körper verursachen."
An diese Variante will Christina Applegate heute nicht denken. Lieber beschäftigt sie sich mit dem Schicksal anderer potenziell gefährdeter Frauen. So wird sie am 5. September mit ihren Schauspielkolleginnen Jennifer Aniston und Charlize Theron im TV-Charity-Special "Stand Up To Cancer" auftreten. Am 21. September folgt die Verleihung der Emmy Awards. Dort geht Christina, die in der Kultserie "Eine schrecklich nette Familie" Al Bundys naive Tochter Kelly spielte, als Nominierte in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin" über den roten Teppich, diesmal für ihren Part in der Comedyserie "Samantha Who?" (ab 3. September mittwochs um 21.15 Uhr auf Pro7).
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Begleitet wird sie bei dem Event wahrscheinlich von ihrem Freund, dem holländischen Musiker Martyn Lenoble, 39. Er weicht ihr kaum noch von der Seite, bietet ihr die starke Schulter, die sie jetzt braucht. Denn trotz aller Zuversicht kennt auch Christina Applegate verzweifelte Momente: "Manchmal schreie ich, werde wütend oder versinke in Selbstmitleid. Und natürlich weine ich viel", sagte sie in dem Fernseh-Interview.
Vielleicht weint sie bald vor allem Freudentränen - wenn das ersehnte Baby unterwegs ist.