Dies ist die Geschichte zweier Brüder,
die von allem zu viel haben: zu viele Möglichkeiten, zu viele Schwächen, vielleicht auch einfach nur zu viel Geld. Wer davon überzeugt ist, dass ein großes Vermögen den Charakter verdirbt, der wird Brandon und Jason Davis für zwei Paradebeispiele halten. Beide wurden sehr reich geboren. Ihr Großvater Marvin Davis hatte mit Öl ein Vermögen gemacht, und so wie die neuen Oligarchen ein Faible für Luxusjachten haben, hatte Opa Davis eines für Film. Er investierte 1981 in das Filmstudio 20th Century Fox, was die Familie automatisch in die oberste Hollywood-Liga katapultierte.
Als Marvin 2004 starb, hinterließ der Selfmade-Mann seinen Nachkommen ein Vermögen von rund 4,7 Milliarden Euro. Seine Enkel gelten seitdem als "Trust Fund Babies" - so nennt man in den USA Männer und Frauen, die durch Erbschaften ausgesorgt haben. Das kann anspornen, wie im Fall des Erben und Weltenretters David de Rothschild, oder aber es führt zu einem Leben, das vor allem darauf ausgerichtet ist, spektakulär und bequem zugleich zu sein – so wie bei Brandon, 31, und Jason Davis, 25. Brandon konzentriert sich seit Jahren vor allem darauf, seinen Ruf als Playboy zu pflegen. Erst küsste er Paris Hilton, ein paar Jahre später deren Schwester Nicky. Er flirtete mit Drew Barrymore und Avril Lavigne, er war mit Mischa Barton liiert, als diese 2004 noch als It-Girl schlechthin galt. Und er ließ sich dabei filmen, wie er beim Verlassen eines Nachtclubs über Lindsay Lohan pöbelte. Der selbst ernannte Kunsthändler erklärte, dass Lohan eine hässliche Vagina habe, und im übrigen würde sie höchstens fünfeinhalb Millionen Euro besitzen und sei somit "wirklich arm".
Dabei sollen die Zeiten des Prassens auch für Brandon inzwischen vorbei sein. 2008 wurde er noch vom australischen Zoll aufgehalten, als er seine damalige Freundin, das Model Cheyenne Tozzi, besuchen wollte - er hatte zu viel Bargeld in seiner Reisekasse. Doch über die Jahre hinweg soll er so viel Geld in Kokain investiert und in Las Vegas verzockt haben, dass ihm seine Familie den Geldhahn zudrehte. Mit seinem maßlosen Lebenswandel hat Brandon, der wegen seiner öligen Haare von der US-Presse "Greasy Bear" (zu deutsch: fettiger Bär) oder auch "Fat Elvis" genannt wird, innerhalb kürzester Zeit seinen Dynastie-Bonus verspielt. Doch im Vergleich zu seinem Bruder Jason, der wegen seiner stämmigen Statur als "Gummibärchen" gehänselt wird, wirkt er immer noch lässig wie James Bond. Jason nämlich gilt unter den Paparazzi von Hollywood als trauriger Clown.
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Wenn die Fotografen in Los Angeles vor dem Restaurant "The Ivy" auf echte Stars warten, dann bitten sie regelmäßig Stammgast "Gummibärchen" um ein paar Statements, denn Jason quasselt immer und überall drauf los. Hauptsache, jemand hört ihm zu. Egal, ob er nun für den Nischensender Ego TV Pornostars interviewt oder in der TV-Sendung "The Millionaire Matchmaker" auf Brautschau geht. In der Dating-Show furzte er nicht nur während der Sendung bei seiner ersten Verabredung, sondern fragte sich auch laut, wie es wohl wäre, mit Patti Stanger, der Moderatorin der Sendung, zu schlafen. Stanger blieb gelassen: "Jason als exzentrisch zu beschreiben wäre untertrieben!" Was sie nicht erwähnt: Jason sagt nicht nur immer genau das, was ihm gerade in den Kopf kommt, er hat auch ein handfestes Heroin-Problem. Darüber zu sprechen war bis vor Kurzem noch Tabu.
Die Davis-Family sperrte stattdessen Jasons Konten, was den jedoch nicht von bizarren Auftritten abhielt. Trauriger Höhepunkt: Auf einer Party wollte der durch eine Fußinfektion gehandicapte und sichtlich zugedröhnte Jason im Rollstuhl über den roten Teppich brettern. Großmutter Barbara, andere Familienmitglieder und Freunde forderten ihn daraufhin geschlossen zum Entzug auf. Das machte Jason wütend. Umgehend bat er Video-Reporter in seine heruntergekommene Mietwohnung und erklärte ihnen im Schlafanzug, dass er kein Junkie sei. Wieder einmal wirkte er nicht ganz zurechnungsfähig, weshalb seine Behauptungen mit Vorsicht zu genießen sind. Vor laufender Kamera erhob Jason allerlei Anschuldigungen gegen seinen Bruder Brandon. Der sei nämlich der Davis mit dem echten Drogenproblem, und im Notfall würde er sogar seinen Körper verkaufen. Als dieses Dokument im Internet veröffentlicht wurde, hatte der Davis-Clan auf einen Schlag einen Großteil seines über Jahrzehnte aufgebauten Glamour-Faktors verloren. Jason kicherte zufrieden - und begab sich kurz darauf dann doch in eine Klinik.
Vielleicht aber gibt es nun ein Happy End. Die neueste Nachricht zumindest lautet: Jason will heiraten! Kaum war der Entzug in Utah beendet, machte er seiner Freundin Michelle einen Antrag - natürlich im "Ivy", und natürlich wurden die Paparazzi informiert. Auch seine Trauzeugen hat er schon benannt: Es sollen Paris und Nicky Hilton sein. Die Kinder von Hollywood halten nämlich zusammen, man kennt sich schließlich seit Ewigkeiten. Und früher waren Jason und Brandon eigentlich relativ normal. Oder nicht?
Alexander Stilcken
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