Der Mai ist in St. Moritz Neben-Nebensaison. Die Schaufenster der Designerboutiquen sind noch leer oder mit Laken verhangen, und die zahlreichen Luxushotels zwecks Renovierung geschlossen. Die Bewohner warten und bereiten sich vor - auf den Start der Sommersaison und auf Boris Becker.
Am 12. Juni will das Tennis-Idol in den Schweizer Alpen Sharlely "Lilly" Kerssenberg, 32, das Ja-Wort geben. Bobbele heiratet. Zum zweiten Mal. Erstmals allerdings kirchlich und obendrein im Glamour-Dorf St. Moritz. Ein Fest also, das viel pompöser ausfallen wird als seine erste Hochzeit mit der hochschwangeren Barbara Feltus 1993 in Leimen. Ein Ereignis, das so viel Liebe und Romantik ausstrahlen wird, dass man Beckers Verlobung mit Sandy Meyer-Wölden, 26, im letzten Jahr beinahe vergisst.
"Wissen Sie, das Leben als solches ist doch verrückt - und Boris' Leben war vielleicht sogar noch etwas verrückter. Aber gerade deshalb ist es doch toll, wenn er jetzt die Frau fürs Leben gefunden hat", findet Brent Fisher, 69. Dass Becker in Sachen Frauen und Affären seine Erfahrungen gemacht hat, ist dem vergnügten US-Amerikaner mit dem Walross-Schnauzer egal, und auf Fishers Meinung kommt es durchaus an: Er ist der Mann, der Boris und Lilly trauen wird.
Der Pastor im Ruhestand ist eine Institution im Ort und die perfekte Wahl für die beiden Verliebt-Verlobten: Geboren in New York, lebt er seit mehr als 20 Jahren in der Schweiz. Die Trauung soll er - wohl auch aus Rücksicht auf Lillys noch ausbaufähige Deutschkenntnisse - auf Englisch durchführen. Fisher: "Details will ich nicht verraten, aber es wird trotzdem alles in allem eher eine Hochzeit im deutschen, nicht im amerikanischen Stil, also mit deutscher Liturgie und so weiter."
Lilly ist evangelisch, Boris katholisch. Und Fisher? Der ist Pastor der evangelischen Kirche. Konfessionstechnisch lässt Yes-Sager Becker seiner Freundin also den Vortritt, selbst wenn das bedeuten dürfte, dass die katholische Kirche seine Ehe wohl nicht anerkennen wird. Lilly ist es auch, die mit dem Kirchenmann in Kontakt steht: "Sie hat mir schon zehn, zwölf E-Mails geschrieben."
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Immerhin: Die Zeremonie findet am frühen Abend in der katholischen Kapelle Regina Pacis statt. Das Kirchlein steht seit 1928 am Suvretta-Hang direkt vor dem Luxushotel "Suvretta House". Es gibt sieben Bankreihen, eine kleine Empore - großzügig geschätzt, passen 150, vielleicht 160 Personen in die Kapelle.
Ein Becker-Vertrauter, der die ausufernde Gästeliste gesehen hat, wundert sich: "Ich weiß gar nicht, wie alle da reinpassen sollen." Irgendwo muss schließlich auch das TV-Team - RTL hat die exklusiven Fernsehrechte eingekauft - seine Ausrüstung aufbauen, und obendrein wird im Ort von Musikern gesprochen, die bei der Trauung spielen sollen.
Boris will den Gästen etwas bieten - vor allem aber seiner Braut.
Das Festessen soll im Anschluss im "Badrutt's Palace" stattfinden, dem ebenso legendären wie luxusüberladenen Grand-Hotel. Außerdem sind rund um die Trauung auch Festivitäten im ebenso feinen "Suvretta House" und ein Event im "El Paradiso" geplant. Das Bergrestaurant gehört dem Milliardär Kurt Engelhorn. Um es zu erreichen, werden die Gäste mit der "Suvretta Randolins"-Sesselbahn auf 2216 Meter Höhe ins Corviglia-Skigebiet schweben.

Viel Aufwand, vor allem wenn man bedenkt, dass das Restaurant und auch die Hotels extra für Becker noch vor dem Saison-Start aufmachen. Auf mindestens 1000 Euro werden die Kosten pro Gast geschätzt, doch durch den Verkauf von Foto-und Bildrechten kann Boris großzügig planen.
Ein ansässiger Hotelier, der nicht namentlich genannt werden will, schwärmt: "Klar, es gab schon vor Becker Leute, die mindestens genauso viel Geld in ihre Hochzeit investiert haben - aber die haben nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Gerade unter den Fünf-Sterne-Häusern ist die Konkurrenz riesig. Die Becker-Party ist da eine tolle Chance, um im Gespräch zu bleiben."
Noch ist aber nicht alles geregelt. Geklärt werden muss zum Beispiel noch, wer Lilly zum Altar führt - einen Vater hat sie nicht mehr. Auch sind angeblich noch nicht alle Formulare und Genehmigungen eingereicht. Trotzdem zweifelt niemand daran, dass die Trauung ein grandioses Spektakel wird.
Boris Becker und seine Verlobte bringen sich zumindest voll ein: In dieser Woche wurden die beiden für einen weiteren Planungsbesuch im Ort erwartet. Dass es keine normale Trauung wird, ist auch Pfarrer Fisher klar. Normalerweise berechnet er 175 Schweizer Franken pro Stunde, also 115 Euro:
"Im Normalfall kostet eine Trauung bei mir gut 2000 Franken, weil ich im Schnitt so 13, 14 Stunden daran arbeite - in diesem Fall wird das wohl kaum reichen." Becker will halt eine Grand-Slam-Hochzeit. Wimbledon? Das war einmal. Im Moment heißt der Ort seines Lebens: St. Moritz.
