Das Familienwappen wird von einem Kleeblatt geziert. Es ist ein dreiblättriges. Wer abergläubisch veranlagt ist, kann darin ein Vorzeichen sehen für das fehlende Glück in Deutschlands bekanntester Adelsfamilie. Doch auch nüchtern betrachtet mag das Schicksal der Nachfahren Otto von Bismarcks vorherbestimmt sein: Wer den Gipfel erreicht hat, kann anschließend nur tief sinken. Von der einflussreichen Politdynastie ist ein Haufen zerstrittener Menschen geblieben. Partys, Polizeieinsätze, tragische Unfälle, zerrüttete Ehen: Der Name Bismarck mag zwar noch Strahlkraft haben, die Namensträger jedoch enttäuschen.
Wie geht das zusammen mit den hehren Worten von Carl-Eduard von Bismarck: "Der Name Bismarck ist Ansporn und Verantwortung"?

Wer von Hamburg hinausfährt zum Familiensitz in Aumühle, spürt sie noch, die Aura von Tradition und Verpflichtung gegenüber dem Allgemeinwohl. Umgeben vom Sachsenwald - ein Geschenk Kaiser Wilhelms II. an seinen verdienstvollen Reichskanzler Otto von Bismarck - liegt das Stammschloss der Familie. Doch hinter den Mauern von Friedrichsruh rangeln die Brüder Carl-Eduard, 52, und Gregor, 49, um die Nachfolge von Vater Ferdinand, 82. Vor zwei Jahren kam es nach "Rangeleien" im Schloss sogar zu einem SEK-Einsatz.
Berechtigt allein die Erbfolge Carl-Eduard, genannt Calle, zur Chefrolle? Auch dann, wenn der legitime Nachfolger des Fürsten schon in jungen Jahren seinen Alfa Romeo mit 1,84 Promille an einen Hochspannungsmast setzte, mit Hamburgs halbseidenem Partymacher Michael Ammer die Nächte durchfeierte und schließlich als "Deutschland faulster Bundestagsabgeordneter" in die Geschichte einging? Und der sich - trotz reumütiger Bekenntnisse, durch seine Alkoholsucht dem Namen Bismarck geschadet zu haben - diesen Sommer von einem Mittelmeer-Hotspot zum nächsten feierte?
Öffentliche Abstürze und Reue im Wechsel sind Gift fürs Renommee. Fürst Ferdinand setzte deshalb in den vergangenen Jahren vor allem auf den beständigen Sohn Gregor. Er war es, der sich um die Verwaltung des 6000-Hektar-Anwesens im Sachsenwald kümmerte, als Calle in Berlin Politik zu machen versuchte oder in Amerika seine Alkoholsucht therapierte. Gleichzeitig will der traditionsbewusste Fürst jedoch nicht die seit Generationen übliche Erbfolge ändern. Er drängt auf eine Schlichtung.
Doch offenbar sind sich Fürst und Fürstin nicht einig, welchem ihrer Söhne sie mehr (zu-)trauen. Schließlich geht es nicht nur darum, Geld weiterzugeben, sondern auch den berühmten Namen, der theoretisch zu Anstand verpflichtet. Dieser Anspruch, das Erbe im besten Sinne fortzutragen, mag Ferdinand einst dazu angetrieben haben, seine Kinder schon mit zehn Jahren auf die weltbesten Internate zu schicken. Dass ihnen deshalb die familiäre Wärme fehlte, mag der Grund sein, warum er es Gräfin Nathalie, Calles aktueller Gattin, heute gestattet, allein mit ihren Kindern in London zu leben.

Der desolate Zustand der Familie ist bekannt, öffentlich äußern will sich dazu aber niemand. Jette Joop, ebenfalls Trägerin eines berühmten Namens, möchte "Gala" gegenüber keinen Kommentar abgeben, obwohl sie Calle seit Urzeiten bestens kennt. Und von der CDU im Herzogtum Lauenburg heißt es lapidar: "Carl-Eduard von Bismarck ist 2008 aus der Partei ausgetreten, und seitdem ist er bei uns im Kreis nicht mehr politisch aktiv gewesen."
Die jungen Bismarcks sind nicht die Ersten, die vom Erbe der Väter erdrückt werden, die vor lauter Vorgaben die Orientierung verlieren. Ausgerechnet diejenige, von der alle am wenigsten erwarteten, behauptet sich am besten: Vanessa von Bismarck, 42, lebt mit Mann und Kind in New York und hat eine PR-Agentur. "Man kann sich hier nie zurücklehnen", sagte sie einmal. "Wenn man mal den Geschmack von Erfolg auf der Zunge hatte, will man das weiter ausbauen." Eine erfolgreiche Frau in vierter Generation - das hätte Ur-Ur-Großvater Otto wohl überrascht.