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Birgit Fischer "Wer vorne ist, hat Druck"

Birgit Fischer
Birgit Fischer
© Soeren Stache / Picture Alliance
Deutschlands erfolgreichste Olympionikin Birgit Fischer spricht über die Psycho-Krisen junger Sportler.

Eigentlich hatte Simone Biles, 24, das Olympia-Gold in Tokio so gut wie sicher. Die US-Amerikanerin, eine der besten Turnerinnen der Welt, gewann in den vergangenen Jahren schon viele Medaillen und galt jetzt wieder als Favoritin. Doch dann ihre spektakuläre Entscheidung: In letzter Minute setzte sie im Mannschaftsfinale aus, verzichtete zudem auf mehrere Einzelwettkämpfe. Ihre Erklärung: "Die mentale Gesundheit steht an erster Stelle."

Die Schattenseite von Olympia

Die Weltklasse-Turnerin ist nicht die einzige, die mit dem Druck im Spitzensport nicht zurechtkommt. Tennis-Ass Naomi Osaka, 23, machte im Frühjahr ihre Depressionen und Angstzustände öffentlich. Die Japanerin schied in Tokio bereits in der zweiten Runde aus. "Es gab eine Menge Druck", so die Weltranglisten-Zweite. Ganz Japan hatte erwartet, dass sie selbstverständlich im eigenen Land Gold holen würde.

"Wer vorne ist und dort bleiben will, der hat Druck", bestätigt Deutschlands erfolgreichste Olympionikin Birgit Fischer, 59, gegenüber GALA. Und: "Wer viel Geld verdienen möchte, muss eine Gegenleistung bringen." Im Spitzensport bedeutet das, nicht nur bei Wettkämpfen erfolgreich zu sein, sondern auch unzählige PR-Termine zu absolvieren. Vor allem, wenn man wie Simone Biles oder Naomi Osaka das Werbegesicht großer Konzerne ist und wie die Japanerin dafür fast 40 Millionen Dollar im Jahr bezahlt bekommt.

Birgit Fischer: "Man darf den Sport nicht zu ernst nehmen"

Sich zurückzuziehen, wenn der Druck zu groß wird, findet Birgit Fischer dennoch konsequent. "Es gibt einfach einen Moment, in dem das Fass überläuft. Kann sein, dass man das erst während eines großen Wettkampfs merkt – den Zeitpunkt kann man sich nicht aussuchen. Wenn man aber vorher weiß, dass man es nicht schaffen wird, seine Mannschaft zu hundert Prozent zu unterstützen, dann sollte man gar nicht antreten." Wie ging sie selbst mit Druck um?

"Ich hatte meine Ventile: meine zwei Kinder, meine Familie, mein Sportstudium. Ich hatte ein Leben neben dem Sport. Das war mir wichtig. Man darf den Sport nicht zu ernst nehmen." Dass man als Kanutin nicht im Fokus der Öffentlichkeit steht, sei gut für sie gewesen. Denn weniger Aufmerksamkeit sorgt für weniger Stress. Birgit Fischer: "Ich wollte in Ruhe über die Straße oder in einen Pub gehen. Klar, das bedeutete auch weniger Geld. Aber Geld ist nicht alles, und es macht nicht glücklich."

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