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Babywunsch "Es war die Mühe wert"

Wenn das Wunschkind auf sich warten lässt, helfen Hollywood-Paare der Natur immer häufiger auf die Sprünge. Und einige reden inzwischen sogar über das Tabu-Thema künstliche Befruchtung

Momente wie diesen möchte man am liebsten für immer festhalten: Marcia Cross und Tom Mahoney schieben im kalifornischen Brentwood den Doppel-Buggy, in dem ihre Wonneproppen Savannah und Eden thronen. Mom und Dad strahlen übers ganze Gesicht. Die quälende Sorge - Tom erkrankte Anfang des Jahres an Krebs - scheint vergessen. In diesem Augenblick genießen die Eltern nur ihr großes Glück. Die heute zweijährigen Zwillingsschwestern gäbe es nicht ohne In-vitro-Fertilisation, kurz IVF, ohne künstliche Befruchtung.

Beide Elternteile waren über vierzig, als sie sich lieben lernten - sie hatten keine Zeit mehr zu verlieren. "Wir haben damals im Sommer 2006 auf die geplanten Flitterwochen in Paris verzichtet und stattdessen bereits eine Woche nach unserer Hochzeit mit der Behandlung begonnen", sagt "Desperate Housewives"-Darstellerin Marcia Cross. Die schwere Zeit wird sie nie vergessen: "Es war eine belastende Prozedur, die dem Körper und der Beziehung so einiges abforderte. Wenn Tom nicht in mein Leben getreten wäre, hätte ich mich wohl nicht zu diesem Schritt entschieden." Die Freude über den Nachwuchs ist aber stärker als die Erinnerung an die Quälerei. Das nächste Ziel des Paars heißt nun: Das Glück zu viert so lange wie möglich zu halten.

Die moderne Reproduktionsmedizin wird von immer mehr Hollywood-Paaren genutzt, wenn sich trotz intensiver Bemühungen eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege nicht einstellen will. Wie belastend die In-vitro-Behandlung körperlich und seelisch sein kann, ist vielen im Vorfeld aber nicht bewusst. "Es war eine Geduldsprobe mit zahllosen Arztbesuchen inklusive Blutuntersuchungen, Urinproben, Injektionen", schreibt die zweifache Mutter BrookeShields in ihrem Buch "Ich würde dich so gerne lieben". "Wenn mir wieder mal ein Östrogenpflaster entfernt wurde, sah meine Haut oft aus, als hätte ich eine Hauttransplantation hinter mir. Mein Mann Chris und ich wurden zu Sklaven von Zyklen, in denen zu bestimmten Zeiten eine bestimmte Hormoninjektion nötig war." Selbst wenn sie mit Freunden im Restaurant saß, musste sie sich immer wieder entschuldigen, mal kurz verschwinden und sich Spritzen setzen, die sie in einer kleinen Kühlbox mitgebracht hatte.

"Australia"-Star Hugh Jackman spricht sogar von "einer der härtesten Phasen in unserem Leben", wenn er an die Zeit zurückdenkt, als er und seine Frau Deborra-Lee Furness per IVF versuchten, Eltern zu werden: "Wir haben wirklich viel durchgemacht. Ich habe Deb täglich Spritzen gegeben, und ihre Hormone spielten komplett verrückt." Auch nach zwei Fehlgeburten wollte seine Frau den Wunsch nicht aufgeben, Mutter zu werden. Doch mit dem Wechselbad der Gefühle, dem Auf und Ab zwischen Euphorie und Beklemmung, Hoffnung und Angst, kam Jackman auf Dauer nicht zurecht. "Irgendwann sagte ich: Genug, lass uns aufhören und lieber adoptieren." Heute könnten er und Deborra sich ein Leben ohne Ava und Oscar Maximillian gar nicht mehr vorstellen.



Und vielleicht kopiert demnächst eine weitere Celebrity-Familie genau dieses Lebensmodell in allen Phasen: Von Demi Moore, 46, und Ashton Kutcher, 31, heißt es, auch sie würden eine Adoption erwägen - nachdem ihnen die Reproduktionsmedizin bisher nicht zu einem gemeinsamen Kind verhelfen konnte.

Den Grund für den In-vitro-Boom in Hollywood und vielen anderen westlichen Metropolen sehen Experten vor allem in der veränderten Lebensplanung der Menschen. "Finanzielle Sicherheit, Karriere und Selbstverwirklichung stehen heute erst mal ganz oben auf der Wunschliste, egal ob bei Prominenten oder bei Normalbürgern", sagt Dr. Olaf Naether, Gynäkologe und Reproduktionsmediziner im "Fertility Center Hamburg". Bei weiblichen Hollywood-Stars kommt erschwerend hinzu, dass es bereits mit 40 eng wird mit den guten Rollen. Deshalb stellen diese Paare den Kinderwunsch immer häufiger zurück. Doch das bringt erhebliche Probleme mit sich: "Viele Frauen unterschätzen die Tatsache, dass die Fruchtbarkeit bereits ab dem 25. Lebensjahr langsam, ab dem 35. Lebensjahr sogar sprunghaft abnimmt. Sie denken, dass es erst ab 40 schwieriger wird, schwanger zu werden", so Naether. In-vitro ist daher oft der letzte Weg.

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Ein Indiz für die Bedeutung der Reproduktionsmedizin ist die zunehmende Zahl von Zwillingskindern. Hintergrund: Bei der IVF -Methode werden meist zwei befruchtete Eizellen in den Mutterleib eingepflanzt, um die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft zu erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit, das Babyglück im Doppelpack zu bekommen, liegt nach einer künstlichen Befruchtung rund 20-mal höher, allein in den USA stieg die Zwillingsrate seit 1980 um 70 Prozent. Ein weiterer Hinweis darauf, dass der Natur auf die Sprünge geholfen wurde: Die Tatsache, dass es deutlich weniger gleichgeschlechtliche und eineiige Zwillinge gibt. Und fast sieht es so aus, als hätten sich alle Frauen mittleren Alters zum Beginn des neuen Jahrtausends abgesprochen, dass nun eine neue Mütter-Ära beginnt. Die Liste der möglichen Beispiele ist lang: Julia Roberts, 41, Jennifer Lopez, 39, Geena Davis, 53, Holly Hunter, 51, Lisa Marie Presley, 41 ...

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Eher eine Ausnahme in dieser Runde: Auch der mit 33 Jahren vergleichsweise jungen Angelina Jolie wird nachgesagt, etwas nachgeholfen zu haben. Offen über ihre Erfahrungen sprechen wollen nur wenige, viele schweigen zu den Gerüchten oder dementieren sie. Wie zum Beispiel Jennifer Lopez und Marc Anthony. Allerdings wurden auch sie mehrfach beim Besuch des "Southern California Reproductive Centers" gesichtet, und bei der Diva konnte man 2007 beobachten, wie sie immer wieder unkontrolliert zu weinen begann, unter Schweißausbrüchen und Gewichtsschwankungen litt - die Folge einer Hormonbehandlung?

"Zwar ist In-vitro kein absolutes Tabuthema mehr wie noch vor zehn oder zwanzig Jahren, trotzdem schrecken viele Paare davor zurück sich mitzuteilen", sagt Mediziner Naether. Angst vor einer Stigmatisierung bestehe unterschwellig immer noch, glaubt der Fachmann. "Frei nach der Devise: Bei denen ist offenbar körperlich nicht alles in Ordnung." Den Begriff "künstliche Befruchtung" liebe er persönlich sowieso nicht, er bevorzuge die Formulierung "außerkörperliche Befruchtung": "Wir können nichts künstlich beeinflussen oder erzwingen. Wir können nur Bedingungen optimieren und Wege verkürzen." Die Scheu, über dieses Thema offen zu reden, werde langsam aber sicher verschwinden.

Courteney Cox-Arquette, die mit Ende dreißig ihr Töchterchen Coco zur Welt brachte, kannte diese Scheu nie. "Es ist einfach wundervoll, dass es die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung gibt", schwärmt sie, auf das Thema angesprochen. "Auch wenn ich mich während der Behandlung körperlich und psychisch manchmal ziemlich elend fühlte - spätestens als ich mein Baby endlich im Arm hielt, sagte ich mir: Es war die Mühe wert. Und zwar tausendfach."

gala.de

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