Schmerzhafte Verluste haben schon in jungen Jahren das Leben von Prinz Harry, 38, geprägt: Der Tod seiner geliebten Mutter Prinzessin Diana, †36, im Jahr 1997 in einem Pariser Tunnel scheint noch heute wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf zu schweben. Seine Memoiren mit dem Titel "Spare" [deutscher Titel: "Reserve"] werden von dieser intensiven, unverarbeiteten Trauer getragen. Doch noch ein weiterer Schicksalsschlag beschäftigt den Royal in seinen Lebenserinnerungen: Erstmals spricht er öffentlich über den tödlichen Unfall seines besten Freundes Henry van Straubenzee, †18, der ihn bis heute erschüttert.
Prinz Harry: Tod seines Freundes Henry war für ihn unbegreiflich
An jenem Sonntagmorgen, kurz vor Weihnachten im Jahr 2002, brach für Harry erneut eine Welt zusammen – und alte Wunden rissen wieder auf: "Die Nachricht muss mich übers Telefon erreicht haben", schreibt er. "Henners und ein anderer Junge waren nach einer Party in der Nähe von Ludgrove gegen einen Baum gefahren. Auch wenn die Erinnerung an den Anruf verschwommen ist, weiß ich noch genau, wie ich reagierte. Genau so, wie ich reagiert hatte, als Pa mir das mit Mummy erzählte"
Harry konnte es zunächst kaum fassen, glaubte, sein Freund sei im Krankenhaus und fragte, ob er wieder "in Ordnung" käme. Doch jede Hoffnung wurde im Keim erstickt. Während der Fahrer zu diesem Zeitpunkt in Lebensgefahr schwebte, war sein Freund bereits tot.
"Genau wie Mummy"
"Willy und ich gingen zur Beerdigung. Eine kleine Pfarrkirche in der Straße, in der Henners aufgewachsen war." Bilder der Trauerfeier erscheinen vor seinem inneren Auge und noch heute hört er das Flüstern der Trauergäste. "Es war neblig, weißt du (...) Sie waren auf einer Party, und die Musikanlage war kaputt! Also sind sie los, um eine neue zu besorgen (...) Sie wollten von einem Freund einen CD-Player ausleihen. Ganz in der Nähe, weißt du ... Sie schnallten sich gar nicht erst an ..." Für Harry ein Detail, das wie ein Nadelstich sitzt und ihn in brutal die Vergangenheit zurück katapultiert. "Genau wie Mummy." Auch Prinzessin Diana, †36, war bei ihrem tödlichen Unfall auf dem Rücksitz nicht gesichert.
Harry und Prinz William arbeiten im Namen von Henry zusammen
Henry ist nun schon seit fast 21 Jahren nicht mehr am Leben – und doch ist der alte Freund noch der letzte Kitt zwischen den entfremdeten Brüdern Harry und Prinz William, 40. Die Geschwister sind seit 2009 Schirmherren des Henry van Straubenzee Memorial Fund. Aus dem Fonds fließen Investitionen in Schulen in Uganda. Insgesamt 3 Millionen Pfund [circa 3,4 Millionen Euro] wurden bisher als Spenden gesammelt. Durch dieses Geld konnten seit 2003 mehr als 1.700 Projekte abgeschlossen werden.
Erst kurz vor seinem Tod hatte Henry sein Abitur an der Harrow School gemacht. Er hatte vor, ein Auslandsjahr in Ostafrika zu verbringen. Seinen Platz für ein anschließendes Betriebswirtschaftsstudium an der an der Newcastle University hatte er bereits sicher. Zudem auch ein Armeestipendium für die Royal Military Academy in Sandhurst, wo er nach der Universität studieren wollte. Er hatte gerade erst seine Nebenjob als Junior Master an seiner Privatschule Ludgrove beendet, als er starb.
Bittersüße Erinnerungen
Für Harry war er während der gemeinsamen Schulzeit ein treuer Begleiter: "Wenn ich nicht über die Flure streunte, streunte ich über das Schulgelände, gewöhnlich mit meinem besten Kumpel Henners. Wie ich hieß Henners eigentlich Henry, aber ich nannte ihn immer Henner, er mich Haz." Sein Freund ist ihm in besonderen Momenten noch immer allgegenwärtig. Der Royal erinnert sich an gemeinsame Raubzüge auf einer Farm zum Selberpflücken. "Sobald ich in eine Erdbeere beiße, bin ich wieder dort, in diesen Furchen, zusammen mit Henners."
Als Harry auf das Elite-Internat Eton ging und Henners nach Harrow, vermisste er vor allem seinen Freund: "Mit der Zeit hatte ich mich mühsam an die Spitze der Ludgrove-Pyramide gekämpft. In Eton stand ich wieder ganz unten. Und das auch noch ohne meinen besten Freund Henners, der eine andere Schule besuchte."
"Ich machte mir Sorgen"
Das letzte Treffen der beiden Kumpels fand im Herbst 2022 in Edinburgh statt – nur zwei Monate vor Henners Tod. Die beiden tauschten sich über ihre Pläne für ihre einjährige Auszeit aus und versprachen einander, sich in Afrika zu treffen. Auch die Option, zur Armee zu gehen, beschäftigte sie: "Vielleicht, sagten wir, würden wir eines Tages Seite an Seite in ein Gefecht marschieren oder gemeinsam Menschen am Ende der anderen Welt helfen".
Jugendliche Träume. "Die Zukunft", schreibt Harry. Wir fragten uns, was sie für uns bereithalten würde. ich machte mir Sorgen, Henners jedoch nicht. Er nahm die Zukunft nicht ernst, er nahm gar nichts ernst. 'Nimm das Leben, wie es kommt, Haz.' So war Henners, so war er immer gewesen. Ich beneidete ihn um seine Gelassenheit."
Harry wurde nach Henners Tod ein guter Freund von dessen älterem Bruder Thomas von Straubenzee, 40. Der Geschäftsmann ist Patenonkel von Williams Tochter Prinzessin Charlotte, 7. Das Band zu seinem geliebten Weggefährten ist also auch nach dessen tragischem Unfall nicht zerrissen. Im Herzen trägt der Royal seinen Kumpel Henners bis in alle Ewigkeit bei sich.
Verwendete Quelle: Prinz Harry "Spare"; erschienen am 10. Januar 2023