König ist man bis zu letzten Atemzug. Ins Amt kommt man getreu dem Motto "Der König ist tot, es lebe der König" - und ebenso gibt man es wieder ab. Ein Monarch im selbstgewählten Ruhestand? So etwas ist eigentlich undenkbar. Aber Königin Beatrix und König Albert haben mit ihren Abdankungen die Quote der königlichen "Selbstpensionierungen" deutlich erhöht. Und der Thronwechsel per freiwilliger Abdankung ist nicht mal ein neu entdeckter Trend, vielmehr ist es in einigen Ländern ein seit Generationen gewähltes Verfahren.
Wenn sich Europas Monarchen aber zu einer möglichen Abdankung äußern, verneinen sie diese Möglichkeit meist ähnlich deutlich wie Königin Margrethe. In einer Pressekonferenz im Januar 2012, die sie anlässlich ihres 40. Thronjubiläums gab, unterstrich die 73-Jährige noch einmal, dass sie ihren "Job" als Königin als Aufgabe auf Lebenszeit verstehe. Dabei hat sie - genau wie ihre Amtskollegen in den anderen europäischen Ländern - das Rentenalter längst erreicht. Aber selbst wenn Krankheiten oder das Alter die Regierungsgeschäfte für den regierenden Monarchen erschweren, ein Grund abzudanken ist dies offenbar nicht.
König Juan Carlos von Spanien, der sich wiederholt operieren und längeren Reha-Maßnahmen unterziehen musste, sitzt ebenso fest auf dem Thron wie König Harald von Norwegen, der gesundheitlich ebenfalls angeschlagen war. Von seinem Kronprinzen lässt sich der spanische König zwischendurch vertreten - das Zepter aus der Hand gibt er aber nicht. In einem im Januar ausgestrahlten Fernsehinterview stellte er verschiedenen Medienberichten zufolge noch einmal klar, er wolle trotz seiner gesundheitlichen Probleme nicht zugunsten seines Sohnes abtreten und freue sich weiterzumachen.
Wie es anders gehen kann, zeigen die Oranier in den Niederlanden: Hier gab es seit Generationen keine Königin mehr, die bis zum letzten Atemzug, in Alter und Krankheit, regierte. 1948 räumte Königin Wilhelmina mit 68 Jahren den Thron und übergab an ihre Tochter Juliana. 1980 folgte der nächste Monarchinnen-Wechsel von Juliana zu Beatrix. Auch in gesundheitlicher Hinsicht war dies sicherlich eine gute Entscheidung, denn die abgetretene Königin litt später unter Demenz und musste sich vermutlich auch deswegen in den letzten Jahren vor ihrem Tod aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Königin Beatrix setzte die Tradition ihrer Vorfahrinnen fort und übergab am 30. April 2013 den Thron an ihren Sohn Willem-Alexander. Seither ist die Wieder-Prinzessin zwar "Monarchin im Ruhestand", aber nicht aus der Öffentlichkeit verschwunden.
Auch im Nachbarland Luxemburg ist das Motto "Der Großherzog ist tot, es lebe der Großherzog" in den letzten 50 Jahren nicht mehr praktiziert worden. Hier wird vielmehr eine Übergabe auf Raten eingeleitet: Großherzogin Charlotte übertrug ihrem ältesten Sohn Jean 1961 als Stellvertreter bereits die Amtsgeschäfte, ehe sie drei Jahre später abdankte. Dem Beispiel der Mutter folgte der Sohn und übergab 1998 die großherzoglichen Hauptaufgaben auf seinen Sohn Henri. Zwei Jahre später verzichtete Jean schließlich, im Alter von 79 Jahren, auf die Krone, sodass Luxemburg einen neuen Großherzog bekam.
Weniger freiwillig und reibungslos verlief die erste Abdankung, die die vergleichsweise junge belgische Monarchie 1951 erlebt. Ihr voraus gingen Proteste von Teilen der Bevölkerung, die König Leopold III. aufgrund seines Verhaltens während des 2. Weltkrieges ablehnten. Weil die Königsfrage das Land an den Rand eines Bürgerkrieges brachte, dankte Leopold schließlich ab. Neuer König der Belgier wurde sein ältester Sohn Baudouin, der Bruder des nun abdankungswilligen Königs Albert II. Ihn treiben keine politischen Gründe vom Thron, in seiner Erklärung führte der 79-Jährige vielmehr sein Alter und seinen Gesundheitszustand an.
Dass Queen Elizabeth einmal vorzeitig den Thron räumen könnte, gilt als völlig unwahrscheinlich. Denn die erste Abdankung eines britischen Monarchen in rund 1000 Jahren stürzte die Monarchie und die gesamte Familie Windsor in den 1930er Jahren in eine Krise. Edward VIII., der als Junggeselle auf den Thron gekommen war, wollte ausgerechnet die Amerikanerin Wallis Simpson heiraten. Als Königin konnten sich aber weder seine Untertanen noch die Regierung die zweifach geschiedene Freundin des Königs vorstellen. 1936, nach nur 325 Tagen als Regent, verzichtete er schließlich auf sein Amt. In seiner Erklärung hieß es: "Aber Sie müssen mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass es für mich unmöglich ist, die schwere Last der Verantwortung zu tragen und meine Pflichten als König zu erfüllen […], ohne die Hilfe und Unterstützung von der Frau, die ich liebe."
Sein jüngerer Bruder folgte ihm als George V., was auch das Leben von seiner Tochter Elizabeth schlagartig veränderte: Sie wurde aus der zweiten Reihe der Thronfolge an Platz eins katapultiert und hatte damit plötzlich die Aussicht auf ein lebenslanges Amt. Dass sie dieses auch nach über 60 Jahren nicht abgeben will, machte die 87-jährige Langzeit-Monarchin im letzten Jahr noch einmal deutlich. In einer Botschaft zu ihrem Thronjubiläum bekräftigte sie, dass sie ihr Leben weiterhin in den Dienst von Krone und Volk stellen wolle.
Es ist unwahrscheinlich, dass der belgisch-niederländisch-luxemburgische Trend zur Abdankung unter Europas regierenden Monarchen noch mehr Nachahmer finden wird. Weder gibt es in den Königshäusern entsprechende Traditionen, noch scheinen die Gekrönten daran zu denken, eine neue zu begründen. Laut "focus.de" titelten spanische Zeitungen sogar "Juan Carlos ist nicht Beatrix".
Ein kleines Zugeständnis ans Alter macht aber selbst die Queen: Sie hat ihr Terminpensum zurückgeschraubt und einige Auslandsreisen an Prinz Charles delegiert. Getreu dem Motto: Kürzertreten ja, abdanken niemals.