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Nikotin Rauchschwaden am Star-Himmel

Ab Juli gilt bundesweit: Schluss mit der Zigarette in öffentlichen Gemäuern. Auch ehemalige Raucher-Hochburgen wie NRW und Thüringen verbannen die Zigarette an die frische Luft. Wie raucht Hollywood?

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"Papa, was ist das?",

den Zigarettenstummel im Blick schaut der 5-jährige Sarah-Jessica-Parker-Spross seinen Vater Matthew Broderick aus großen Augen fragend an. "Warum raucht man?" James Wilkie will es wissen, im Hause Parker/Broderick herrscht Klärungsbedarf. "Unser Sohn ist total wissbegierig wenn es ums Rauchen geht. Ich kann sehen, wie sich das Raucher-Gen in ihm entfaltet", berichtete Papa Matthew jüngst dem "New York Magazine" und bringt weltweit die moralischen Alarmglocken zum Schrillen. Mit unbekümmerter Offenheit skizziert Matthew Broderick alltägliche Familienszenen im schauspielenden Vorzeige-Haushalt. Wie kann er nur? Ganz einfach, sein Raucher-Gen ist Schuld. Matthew Broderick kann es einfach nicht lassen.

"Ich hab früher viel geraucht, und vor kurzem wieder angefangen. Ich rauche immer mal wieder. Und meine Frau ist da sogar noch schlimmer als ich." Matthew trotzt wagemutig Hollywoods Leidenschaft zu Entgiftung-Trips und Gesundheits-Trends und beerdigt im selben Atemzug alle Annahmen´, Sarah-Jessica-Parker habe zusammen mit Carrie Bradshaw erfolgreich der Zigarette entsagt: Sie raucht, ihr Ehemann auch, und sie tun es gerne auch zusammen - wie Fotos der beiden vor einem irischen Pub beweisen. Im Jahrzehnt des nikotin-feindlichen Nachtlebens bleibt Rauchen selten ein Geheimnis, denn auch ein Star muss zum Qualmen vor die Tür. Und eines ist sicher: Die Fotografen warten schon!

Die Raucherzone als Paparazzi-Paradies. Die Tage, in denen Hollywood unbekümmert zur Zigarette griff, sind lange gezählt. Das öffentliche Raucherverbot gibt es in Kalifornien zwar schon seit 1998, aber erst die Paparazzi machten die Situation schwierig. Durch sie bekommen alle den Akt des Anstoßes zu sehen. "Die meisten Stars behalten ihre Sucht für sich. Wenn sie dann doch fotografiert werden, bitten sie den Fotograf inbrünstig, das Foto nicht zu veröffentlichen und bieten im Gegenzug andere Motive an," berichtet Gary Morgan , Mitgründer der Fotoagentur "Splash", der "New York Times". Lieber "Oben ohne" als mit Kippe im Mund? Solange die Haut straff sitzt, ist da laut Morgan sicherlich was dran: "Gerade junge Stars haben Angst, dass es wegen ihrer Qualmerei Ärger mit den Studiobossen gibt. Wenn du ein sauberes, positives Image hast können Zigaretten sehr schädlich sein" .

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Zauberlehrling Daniel Radcliffe hat diese Lektion bereits gelernt. Statt sich Alters-und Imagegerecht am Set zu "Harry Potter und der Halbblut-Prinz"die Drehpausen mit zuckerfreien Bonbons und Light-Limonade zu versüßen, griff der 18-jährige zur Schachtel. Ein Augenzeuge: "Sobald der 'Cut'-Ruf ertönte, zückte Daniel die Zigarette. Wirklich widerlich." Zwanzig Zigaretten soll er so pro Drehtag inhaliert haben. Eindeutig zu viel für Image und Lunge. Aus "Harry Potter" wurde "Harry Puffer" und Kollegen Rupert Grint, Emma Watson und die verantwortlichen Filmemacher schlugen besorgt die Hände über den Köpfen zusammen. Die Folge: Daniels Pausenhof-Kompatibilität im Visier wurde es ihm umgehend verboten, in der Öffentlichkeit zu rauchen - Harrys gefährlichster Gegner "Nikotin" lauert seitdem in der eigenen Hosentasche.

Hollywood entschlackt, Hollywood joggt und Hollywood baut pestizidfreies Gemüse an. Aber: Hollywood raucht trotzdem weiter - davon kann auch Vorzeige-Gesundheits-Fan Jennifer Aniston ein Liedchen singen. Trotz Bio-Bessessenheit und Workout-Versessenheit kommt sie nicht von den Zigaretten los. In der Beziehung zu Brad Pitt soll ihr Rauchverhalten immer wieder zu Beziehungskrisen geführt haben: Jennifer übertrieb es in seinen Augen. An der Seite von Musiker-Flamme John Mayer qualmt sie derzeit unbehelligt weiter, Rockstars sehen das halt lockerer. Die Glaubwürdigkeit ihres Vorzeige-Lebensstils leidet dennoch.

"Auf der Leinwand werden Zigaretten nach wie vor genutzt, um Charaktere stärker herauszuarbeiten. Ob privates Rauchen bei Stars dem Image schadet oder selbiges unterstützt, kommt auf die Persönlichkeiten an, die man auch im Film verkörpert", erklärt der amerikanische Soziologe Steven Ross in der "New York Times" und beleuchtet gleichzeitig den Fall Shia LaBeouf.

Hollywood aktueller Star-Rebell mit Unterschichten-Vergangenheit darf aus Imagegründen, was andernorts als verwerflich gilt: Rauchen in der Öffentlichkeit und sich dabei fotografieren lassen. Dafür gab es zwar bereits doppelt Ärger mit der Polizei, aber den vielbeschäftigten Hollywood-Helden kratzt das wenig. Rauchen gehört bei ihm zum Geschäft und laufend neue Rollenangebote sichern die Kautionsdeckung, falls er mal wieder im rauchfreien Bereich vor kalifornischen Schreibwarenläden pafft oder wie zuletzt in Set-naher Museumsatmosphäre qualmt.

Ein weiterer "Indiana Jones"-Film mit Shia in ausgebauter Hauptrolle ist dennoch im Gespräch und der "Transformer"-Darsteller dreht zurzeit Teil Zwei des Actions-Spektakels. Filmpartnerin Megan Fox soll sich trotz kommender Roboterliebe zwischen den beiden noch nicht über Shias Muffelatem beschwert haben. Liegt das an ihrer eigenen Vergangenheit als Raucherin? "Bevor ich den ersten Transformer-Film gedreht habe, hab ich selbst geraucht. Aber die Dreharbeiten waren so anstrengend, ich musste einfach aufhören, um leistungsfähig zu sein." Hollywoods Imagefabrik darf aufatmen: Manche Probleme lösen sich von ganz alleine in Rauch auf.

Marie Lutz

gala.de

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