Wenn Gloria Allred am frühen Morgen
ihre Anwaltskanzlei in Beverly Hills betritt, dann ist sie bereit "für den nächsten Kampf". Sie kennt keine Angst vor ihren Gegnern, auch wenn sie nun gerade gegen Tiger Woods, Jesse James oder Roman Polanski Stellung bezieht. Und sie hat keinerlei Dünkel: Manche Frauen, für die sich Allred so sehr einsetzt, genießen einen zweifelhaften Ruf. Doch egal ob Pornostar, Party-Hostess, Stripperin oder einfach nur abgelegte Kurzzeit-Geliebte: Als berühmteste Frauenrechtlerin der USA kennt Gloria Allred keine Luder, sondern nur Klientinnen.
Im Moment ist die Anwältin, die auch schon die Familie der ermordeten Nicole Simpson im Prozess gegen O.J. Simpson vertrat, besonders gut im Geschäft. Für Rachel Uchitel, die zwar kein Wort über Tiger Woods verliert, deren Name aber immer wieder im Zusammenhang mit dem Golf-Star erwähnt wird, soll sie acht Millionen Euro Schweigeprämie erhandelt haben.
Auch für Pornostar Joslyn James, die offen zu ihrer Affäre mit Tiger steht, wurde Allred aktiv. Außerdem vertritt sie eine namentlich nicht bekannte Frau, die mit dem verheirateten "Bones"-Star David Boreanaz intim war und nach Beendigung des Verhältnisses auf eine finanzielle Entschädigung hoffte. „"ch bin eine Kämpferin für die Rechte von Frauen, die normalerweise keine Stimme haben", erklärt die Gründerin der Kanzlei Allred, Maroko and Goldberg ihre Einsätze an der Partygirl-Front.
Die angewandte Taktik der in Philadelphia geborenen ehemaligen Grundschullehrerin ist einfach: Mit der Öffentlichkeit drohen, die Öffentlichkeit nutzen. TV-Kameras und Haudrauf-Statements gehören für sie zum Arbeitsalltag. Immer wieder nutzt sie provozierende Aussagen, um ihre Gegner unsicher zu machen. Egal ob sie nun auf einem Flughafen spontan Hof hält oder zu einem offiziellen Termin bittet, Allred-Pressekonferenzen sind in Hollywood längst legendär.
So lud sie unmittelbar nach dem ersten öffentlichen Tiger-Woods-Auftritt nach Bekanntwerden seiner Affären Journalisten zu einem Termin mit ihrer Mandantin, der Sexdarstellerin Joslyn James, ein. Allred attackierte dabei Woods heftig, weil dieser sich noch immer nicht öffentlich bei ihrer Mandantin für "sein unglaubliches Verhalten" entschuldigt hatte. Joslyn selbst trug bei diesem Auftritt ein braves Kostüm und weinte bitterlich, als sie ihren Ex-Lover auf einem Bildschirm sah. Allred stört es nicht, wenn sie für ihre Taktiken angegriffen wird. "Am Ende zählt das Ergebnis", sagt die geschiedene Mutter einer Tochter, "und das stimmt fast immer." Und so kämpft Gloria Allred nun schon seit 30 Jahren unermüdlich für die "Rechte unterdrückter Frauen", wie sie ihre Berufung umschreibt.
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Ihre eigene Biografie spielt dabei sicherlich auch eine Rolle: "Ich habe all die Schmerzen durchlebt, die so viele Frauen ohne Mandat heute noch durchleben müssen." Als junge Studentin wurde Allred schwanger und heiratete den Vater ihrer Tochter, nur um sich ein Jahr später wieder scheiden zu lassen. Um die Unterhaltszahlungen musste Gloria Allred damals kämpfen. Und während einer Ferienreise in Mexiko wurde sie brutal vergewaltigt. Die anschließende Schwangerschaft unterbrach sie unter schwierigsten, in den USA damals noch illegalen Bedingungen: "Spätestens seitdem weiß ich, dass jede Frau eine starke Stimme an ihrer Seite braucht." Ihr Kollege und Kanzleipartner Nathan Goldberg sagt über seine Mitkämpferin, dass ihr "Durchhaltevermögen und ihre Einsatzfreude dem eines Profisportlers gleichen". Einer ihrer neuesten Fälle ist Charlotte Lewis, die behauptet, mit 16 Jahren von Roman Polanski sexuell missbraucht worden zu sein. Offensiv sucht Allred seitdem nach weiteren Opfern des Regisseurs.
Mittlerweile verdient Gloria Allred viel Geld mit ihren Mandantinnen. Doch darüber spricht sie nicht gern. Auch nicht darüber, wie sie mit ihren Gegnern meist schon vor dem ersten Verhandlungstag einen Deal im Hinterzimmer herauskitzelt. "Eine der ganz großen Stärken von Gloria Allred", sagt ein Anwalt aus Santa Monica. Und ein Kollege bestätigt: "Sie weiß genau, wie sie einen Fall außergerichtlich schnell abwickeln kann."
Allred greift genau dort an, wo es am meisten wehtut: "Image ist einfach alles für mächtige Hollywood-Männer. Ich repräsentiere die Geliebten dieser Männer nicht etwa, weil ich Prominente nicht mag, sondern weil ich nicht möchte, dass diese Frauen im Nachhinein noch einmal mit Füßen getreten werden."
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