NY Minute Im Dirndl und Lederhosen auf der Fifth Avenue

Oktoberfest auf der Fifth Avenue
Oktoberfest auf der Fifth Avenue
© Julide Tanriverdi
Bratwurst, Bier und Sauerkraut: Auf der Fifth Avenue in New York wird bei der 50. Steuben Parade Oktoberfest gefeiert - zum Wohle der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft

"Next Stop 63rd Street" lautet die Durchsage im U-Bahn-Abteil im Nummer 6-Train, doch keiner hört zu. Alle Fahrgäste schauen erstaunt auf die Mitreisenden: eine Blasmusikgruppe aus dem Schwarzwald - alle in Lederhosen und Trachtenhut. Sie üben noch schnell die letzten Noten. Auch im vorderen Teil der Subway herrscht keine Ruhe. Zwischen NYPD-Offizieren in blauer Uniform mischt sich eine Polizeitruppe aus Nordfriesland in grün und beigefarbener Uniform.

Nein, dies wird kein gewöhnlicher Samstag, denn heute darf gejodelt und geschubladlert werden: Herzlich Willkommen zur 50. Steuben Parade - ein jährlicher Umzug in Manhattan, der die Deutsch-Amerikanische Freundschaft feiert als wäre man Mitten in Good Old Germany! Die nach dem General Friedrich von Steuben benannte Parade feiert dieses Jahr goldenes Jubiläum, und bietet deshalb mit Trommeln und Trompeten noch mehr als üblich.

Die sonst in den morgen Stunden noch relativ entspannte Fifth Avenue ist zum Treffpunkt für Trachtengruppen, Spielmannszügen und Faschingsvereinen geworden. Der DJ legt Drafi Deutscher auf und alle singen mit. Unfassbar – aber selbst Amis kennen den Song Marmor Stein und Eisen bricht und gröhlen mit.

Über 40 Vereine sind aus Deutschland angereist, dazu kommen 250 aus ganz Amerika. Alle laufen aufgeregt durcheinander und suchen ihren Platz in der Parade. Ganz vorne weg der diesjährige Grand Marshall, der ehemalige US-Außenminister, Dr. Henry Kissinger. Eigentlich hätte auch Helmut Kohl dabei sein sollen. Doch er hat wegen Knieproblemen abgesagt.

Doch das tut der Sache keinen Abbruch. Pünktlich (hey, these are Germans!) um 12 geht's los. Oompah Oompah - ertönt es aus den Posaunen. Der Umzug hat begonnen und die Fifth Avenue scheint heute in Sauerkrautboulevard umbenannt. Links und Rechts sind soviel schwarz-rot-goldene Fahnen zu sehen wie zuletzt nur bei der Fußball-Weltmeisterschaft.

Festzeltstimmung auf der Fifth Avenue
Festzeltstimmung auf der Fifth Avenue
© Julide Tanriverdi

Dorothy aus Long Island erzählt stolz das sie bereits seit 1947 dabei ist und Vorstand in einen Heimatverein sei. Ihr Mann Gerd kommt aus Kaiserslautern, lebt aber schon seit seiner Kindheit in den USA. Beide halten jeweils eine deutsche und eine amerikanische Fahne in den Händen. Und als die Trachtengruppe aus Baden das Lied Muss I denn zum Städele hinaus erklingen lässt, fangen beide an zu singen und halten sich in den Armen. Ein Stück Heimatgefühl für Gerd.

Der Umzug geht von der 63rd Street und endet an der 86th Street, was früher einmal Yorkville war, ein kleines Mini-Deutschland mit Bäcker und Metzger mitten in Manhattan. Heute gibt es dort nur noch vereinzelt deutsche Restaurants und Geschäfte.

Nach drei Stunden Umzug ist die Party aber noch lange nicht vorbei. Im Central Park gibt es ein Oktoberfest. "Let's grab a Schnitzel and a Becks", ruft einer der FDNY-Offiziere zu seinem angereisten Kollegen aus einer Freiwilligen Feuerwehrgruppe aus Bayern zu. Bei Bratwurst, Bier und Folklore trafen sich alle im eigens aufgebauten Zelt wieder. Es gab Buden mit den verschiedensten Köstlichkeiten. Wem die Schlangen zu lange waren, der schloss sich einfach einer Musik-Band aus Sachsen-Anhalt an, die sich spontan entschieden durch den Central Park zu marschieren und Bier her oder ich Fall um zu singen. Die Jogger und Rollerblader verlangsamten ihr Tempo und staunten.

Viele Amis glauben an das Klischee das Deutschland nur aus biertrinkenden, Sauerkraut- und Bratwurst essenden Jodlern besteht. Ironisch ist es schon, dass die Steuben Parade genau das bestätigt, so viele laufen im Dirndl und Lederhosen herum! Doch heute darf jeder die Sau rauslassen. Denn selbst Empire State Buildung strahlt in den deutschen Nationalfarben.

Vanda Bildt gala.de

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