Wer in Drogeriemärkten, Parfümerien und Co. nach neuen Beauty-Produkten sucht merkt schnell, wie unendlich viele Möglichkeiten es gibt. Die Auswahl scheint riesig, doch welche Produkte sind fair und nachhaltig produziert worden? Und welche Alternativen gibt es überhaupt zu Tierversuchen? Im Interview mit GALA erklären Silvia Steinert, Corporate Responsibility Director beim Beauty-Unternehmen cosnova, Cécile Lochard, Chief Sustainability Officer bei Guerlain und ein Sprecher der Marke L'Oréal, wie Nachhaltigkeit und Kosmetik zusammenpassen und worauf Kundinnen und Kunden beim Kauf von fairer Kosmetik achten können.
Nachhaltige Kosmetik: Profis geben Tipps
GALA: Cosnova, Guerlain sowie L’Oréal sind Vorreiter, was nachhaltige und faire Kosmetik betrifft, außerdem verzichten Sie auf Tierversuche. Wie kam es dazu? Und welche Alternativen benutzen Sie?Cosnova: Unsere Produkte sind garantiert sicher und unbedenklich, denn jedes erhält von unseren Fachleuten eine detaillierte Sicherheitsbewertung. Dass das “cruelty-free“ geht, haben wir schon vor gesetzlichen Verboten bewiesen.

Cosnova hat zu keiner Zeit seiner Firmengeschichte Tierversuche durchgeführt oder in Auftrag gegeben. Im Gegenteil, das Thema Tierwohl lag uns schon immer am Herzen. Deshalb haben wir von Anfang an und schon vor der Einführung des gesetzlichen Verbotes, freiwillig auf Tierversuche verzichtet. Wir kooperieren ausschließlich mit Partnern, die ebenfalls komplett tierversuchsfrei arbeiten. PETA hat uns dafür auf ihre offizielle Liste "Kosmetik ohne Tierversuche" gesetzt. Nach dem Gesetz ist jedes Kosmetikprodukt, das in der EU verkauft wird, tierversuchsfrei. Bereits seit 2004 gab es ein Verkaufsverbot für am Tier getestete Produkte; seit 2009 ist auch das Testen von Inhaltsstoffen an Tieren verboten. In Deutschland wurde aber tatsächlich schon seit 1989 freiwillig auf Tierversuche verzichtet.
L'Oréal: Seit den 1970ern arbeiten wir eng mit Experten aus dem Gebiet der Hautbiologie zusammen und haben es geschafft, die menschliche Haut zu rekonstruieren. So können wir Sicherheitstests im Labor an künstlichen Hautmodellen statt an Tieren durchführen. Das Verfahren, mit dem unsere Forschung die äußere Zellschicht der menschlichen Haut (Epidermis) nachgebildet hat, nennt sich Episkin. Die damals einzigartige Technologie wurde später weiterentwickelt und für die Cornea, die äußere Augenhaut und andere Schleimhäute, adaptiert. Um die Alternativmethode zu verbreiten, stellen wir die Episkin seit 1997 in einem großen Umfang auch anderen Unternehmen zur Verfügung.

Guerlain: Wir sind der Ansicht, dass Investieren, Handeln und Engagement für CSR und Naturschutz kein Zwang, sondern ein erstaunlicher Ansporn für Innovation und ein Dreh- und Angelpunkt für Kreativität ist, da unser Engagement unsere Fähigkeit verbessert, mit Kunden in Kontakt zu treten, ihre Loyalität zu stärken und die Attraktivität der Marke zu steigern. Außerdem soll Guerlain als verantwortungsbewusstes Unternehmen wahrgenommen werden und den wachsenden Erwartungen unserer bewussten Konsumenten gerecht werden. Mehr denn je fordern die jüngeren Generationen - Millenials und Gen Z - grünere und sichere Schönheit, und auch die Covid-19-Krise hat die Nachfrage nach sinnvollen Produkten, die unseren Planeten und unsere Menschen respektieren, verstärkt.
Das Problem der Kosmetikbranche
Was muss sich Ihrer Meinung nach grundlegend in der Kosmetikbranche ändern?
L'Oréal: Wir sprechen nicht für andere Unternehmen, aber wir sind überzeugt, dass wirtschaftliches Handeln mit dem Erhalt planetarischer Grenzen einhergehen muss. Nicht erst seit COVID19 sehen wir alle die beispiellosen Herausforderungen, mit denen der Planet konfrontiert ist. Deshalb müssen wir unsere Anstrengungen beschleunigen und einen sicheren Handlungsraum für die Menschheit erhalten. Wir bei L’Oréal haben unser Unternehmen in den letzten zehn Jahren tiefgreifend verändert – und die Nachhaltigkeit zum Mittelpunkt unseres Geschäftsmodells gemacht. Mit unserer neuen Nachhaltigkeitsinitiative "L’Oréal for the Future" beschleunigen und verstärken wir diesen Wandel nun: Wir beschäftigen uns mit unserem eigenen ökologischen und sozialen Fußabdruck, aber wir helfen zudem auch unseren Konsumenten, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. Dabei leisten wir einen positiven sozialen und ökologischen Beitrag. Wir sind der Ansicht, dass es unsere Aufgabe als Branchenführer ist, zum Aufbau einer inklusiven und nachhaltigen Gesellschaft beizutragen.

Guerlain: Eine Verpflichtung hat nur dann einen Sinn, wenn wir Maßnahmen ergreifen. Die Kosmetik-/ Schönheitsindustrie muss deswegen handeln, und dazu gehört auch die Beteiligung am Erhalt der Natur auf lange Sicht. Bei Guerlain haben wir kürzlich eine auf fünf Jahre angelegte Nachhaltigkeits-Partnerschaft mit UNESCO-MAB in Zusammenarbeit mit dem französischen Bienenobservatorium begonnen. Unser Ziel ist es, weltweit 50 Imkerinnen auszubilden, die in der Lage sind, die Entwicklung von qualitativ hochwertigen, modellhaften Imkereibetrieben innerhalb der von der UNESCO benannten Biosphärenreservate als Beitrag zur Agenda für nachhaltige Entwicklung bis 2030, zu schaffen. Die Rolle des französischen Observatoriums für Apidologie (L'Observatoire Français d'Apidologie) wird in der Überwachung der Ausbildung, Unterstützung und Installation der Bienenstöcke liegen.
Die Zukunft nachhaltiger Kosmetik
Wie sehen die Visionen für Ihr Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit aus?
L'Oréal: Mit L’Oréal for the Future haben wir uns für 2030 transformative Nachhaltigkeitsziele gesetzt, die auf den Science Based Targets von UN und WWF fußen. L’Oréal for the future umfasst dabei drei integrale Bereiche: Zum einen transformieren wir uns selbst weiter: Bis 2025 werden alle Standorte klimaneutral sein, bis 2030 werden 100 Prozent der Kunststoffe in den Produktverpackungen entweder aus recycelten oder aus biobasierten Quellen stammen und bis 2030 werden wir die Treibhausgasemissionen pro Produkt um 50 Prozent gegenüber 2016 verringern. Dass wir es ernst meinen, sieht man unter anderem an den neuen Elvital Shampoos, die zu 100% aus recyceltem PET-Plastik bestehen, wodurch wir allein 900Tonnen Plastik pro Jahr sparen.
Cosnova: Nachhaltigkeit ist für uns kein Projekt, sondern eine fortlaufende Transformation des gesamten Unternehmens. Dafür haben wir ein engagiertes Team aus Experten, die gemeinsam mit den Fachabteilungen und der Geschäftsführung die Weichen für die Zukunft stellen. Zur Erreichung unserer Ziele haben wir eine detaillierte Roadmap erarbeitet, an deren Umsetzung wir kontinuierlich arbeiten. Themen, die wir zudem für besonders wichtig halten, sind z.B. Transparenz in der gesamten Lieferkette als auch die Weiterentwicklung unserer CO2-Strategie. Außerdem stellen wir die Sortimente unserer Marken CATRICE und essence seit 2020 auf Formulierungen ohne Mikroplastikpartikel um – alle Produkte, die in diesem Jahr in den Handel kommen, sind entsprechend frei davon; bis spätestens 2025 wird dies für das gesamte Produktportfolio der Fall sein. Und auch die Umverpackungen unserer Produkte sind ein wichtiges Thema: Hier haben wir uns das Ziel gesetzt, bis 2025 30 Prozent weniger Verpackungsmaterial zu verwenden, bis zu 75 Prozent unserer Verpackungen recyclingfähig zu designen und mindestens 50 Prozent unserer Verpackungen aus recyceltem Material herzustellen. Ein erster Meilenstein ist geschafft – so sind ab Herbst vier Varianten unserer beliebten CATRICE Glam & Doll Mascara mit Umverpackungen aus 80 Prozent Rezyklaten erhältlich. Guerlain: Bei Guerlain integrieren wir Nachhaltigkeit in den Kern unserer Strategie. Für uns ist das der Schlüssel, um die Qualität und Langlebigkeit unserer Kreationen zu gewährleisten. Wir schulden den Bienen so viel und es ist unser Ziel, der Natur etwas zurückzugeben und die Schönheit unserer Welt auf unsere Art und Weise zu bewahren. Bei Guerlain sind wir unseren Grundwerten treu geblieben und haben uns gleichzeitig ständig in Hinblick auf die Bedingungen für Nachhaltigkeitsanforderungen und -maßnahmen weiterentwickelt. Als Ergebnis unserer 13-jährigen Laufbahn haben wir es geschafft, von der Formel unserer Produkte bis hin zu ihrem Lebensende, der nachhaltigen Beschaffung, dem Ökodesign und der Transparenz, nachhaltig zu arbeiten.
Wie können sich Konsumenten sicher sein, dass Produkte nachhaltig und fair produziert wurden?
Cosnova: Das ist ein Stück weit Fluch und Segen zugleich: ob ein Produkt nachhaltig ist, sieht man dem Produkt selbst nicht zwingend an. Wir haben uns z.B. klar zum Ziel gesetzt, dass wir nachhaltige Produkte anbieten wollen, wir jedoch bei deren Ästhetik und Produktleistung keine Kompromisse eingehen. Wir versorgen unsere Kundinnen und Kunden sowohl auf unserer Webseite, auf den Social Media Kanälen unserer Marken als auch auf den Produkten und am Point-of-Sale mit Hintergrundwissen, so dass sie gut informiert ihre Kaufentscheidung treffen können. Daher wäre mein Tipp, sich zu informieren und gegebenenfalls nachzufragen.
Verwendete Quellen: eigenes Interview