Lily-Rose Depp, Kristen Stewart & Co. Ein bisschen bi oder wie?

Stella Maxwell, Lily-Rose Depp
© instagram.com/stellamaxwell
Immer mehr junge Showbiz-Frauen bekennen sich zur Bisexualität, zeigen sich offensiv sexy mit Freundin. Wahre Liebe oder PR-Nummer? GALA-Autorin Paula Lambert geht der Sache auf den Grund

Zarte nackte Arme, gebräunte Haut, eng verschlungene mädchenhafte Körper und dazu unschuldige Blicke: Alles strahlt puren Sex aus. Nur dass wir keinen Porno sehen, sondern den Instagram-Account von Johnny Depps Tochter Lily-Rose.

Vor Kurzem hat die 16-Jährige verkündet, "nicht 100 Prozent hetero" zu sein, was sie nun offenbar beweisen will, indem sie mit ihrer Modelfreundin Stella Maxwell kuschelt. Da gibt es nur ein kleines Problem: "Victoria’s Secret"-Engel Stella ist eigentlich mit Miley Cyrus liiert …

Alles nur Show?

Ein paar typische Pärchen: Cara Delevingne und Annie Clark alias St. Vincent, noch einmal Cara Delevingne mit Michelle Rodriguez, Kristen Stewart und Alicia Cargile, Amber Heard und Tasya van Ree (bevor Amber Johnny Depp heiratete, war sie vier Jahre mit der Fotografin liiert) – Frauenliebschaften sind schwer angesagt.

Das Must-Have in der Karriereplanung junger Künstlerinnen ist, so scheint es, ein bisschen Bi. Ein öffentlicher Kuss beim Basketballspiel, Hand in Hand ins Fitnessstudio – die Foto-Optionen sind endlos. Man ist geneigt zu sagen: Alles Show!

"Showlesben"

Wurde das, was in den USA bereits "Lesbian Chic" genannt wird, von PR-Experten geschaffen? Oder fühlen sich tatsächlich so viele Frauen auch zu Frauen hingezogen und können sie ihre Neigungen erst jetzt öffentlich ausleben, wo zumindest in den westlichen Staaten das homophobe Klima milder geworden ist? In Lesbenforen sind die meisten eher verärgert über diese Zurschaustellung weiblicher Liebe. "Es hilft uns überhaupt nicht“, schreibt da jemand. "Wirklich lesbische Mädchen werden in der Schule immer noch entsetzlich gemobbt."

Als "Showlesben" bezeichnet jemand anderes die Prominenz. Bei einem bestimmten Indiz ist man einig: Eine Frau mit langen Fingernägeln kann nicht wahrhaft lesbisch sein – zu hoch wäre die Verletzungsgefahr beim Liebesspiel.

Es fing in den Neunzigern an

Angefangen hat der Trend vielleicht gar nicht erst, als Katy Perry "I Kissed A Girl (And I Liked It)" sang, sondern schon in den Neunzigern. Da gab es die US-amerikanische Techno-Formation Fem2Fem, deren zwei Sängerinnen angeblich lesbisch waren. Ein netter Skandal entwickelte sich, der die magere Musik hübsch übertünchte. Nackig machten sich die beiden dann im "Playboy". In einem politisch relevanten Magazin, das vielleicht der gesellschaftlichen Akzeptanz lesbischer Mädchen und Frauen geholfen hätte, sah man sie nicht.

Erfundene Liebe

Ziemlich schnell stellte sich heraus, dass die "Lipstick Lesbians" von Fem2Fem, dass die schönen, geschminkten und in Liebe verbunden Frauen eine Erfindung der Plattenindustrie waren. Entwickelt hatte die Idee ein männlicher Manager. Genauso wie bei den Popsternchen der russischen Mädchenband Tatu, die in ihrem ersten Video miteinander herummachten und so das eher schauerliche Liedchen "All The Things She Said" europaweit in die Charts hoben.

Porno-Fantasie

Lesbische Frauen gleich Erfolg: So lautete die kecke Formel, mit der sich Katy Perry 2008 ans Werk machte. Und ja, sie hatte natürlich recht. Wie wären die Reaktionen gewesen, wenn ein junger Mann "I Kissed A Boy (And I Liked It)" gesungen hätte? Irritation, Ablehnung, vielleicht Ekel, zumindest Desinteresse, möchte man meinen. Das liegt unter anderem daran, dass lesbische Paarungen in der Popkultur eine Schöpfung der Pornoindustrie sind.

Noch heute gehört "Lesbian Sex" zu den meistgesuchten Begriffen auf Porno-Webseiten. Zwei junge schöne Frauen, sie sich küssen und, so die Fantasie des Betrachters, Sex miteinander haben, sind nicht anrüchig. Sie rütteln nicht an männlichen Rollenbildern und stellen auch keine Gefahr für den immer gegenwärtigen Machismo in der Gesellschaft dar. Sie sind, ja was? Eben sexy und süß.

Immer mehr bekennen sich zu ihrer echten Bi - oder Homosexualität

Im Hollywood-Umfeld bekennen sich immer mehr arrivierte weibliche Stars öffentlich zu ihrer – echten – Bi- oder Homosexualität. Cynthia Nixon aus „Sex And The City“, Moderatorin Ellen DeGeneres, Schauspielerin Lily Tomlin, um nur einige zu nennen. Vor die Kameras der Paparazzi drängen sie nicht. Die Vermutung, dass Cara Delevingne und Co. ihre sexy Freundinnen vor allem zur Eigenvermarktung benutzen, liegt deshalb so nah, weil sie ihre Beziehungen nur zu gern in den Medien ausleben.

Karriere durch Frauenliebe befeuern

Dass PR-Liebe nicht gut für die Seele ist, kann man sich denken. Karriereförderlich ist sie allemal. Miley Cyrus produziert am laufenden Band Skandälchen, um im Gespräch zu bleiben. Cara Delevingne ist jetzt, da es sie mit einer weiteren heißen Frau im Doppelpack gibt, zur Männerfantasie geworden und noch besser im Geschäft als vorher. In Deutschland haben Silikonkissen Gina-Lisa Lohfink und Stimmungssängerin Loona versucht, ihre lahmenden Karrieren mit ein bisschen Gefummel auf Ibiza zu beleben. Ein erbärmlich gescheiterter Versuch, der zeigt: Vier Brüste führen nicht automatisch zum Halleluja.

Vielleicht ist die Sache auch viel einfacher. Beziehungen mit prominenten Männern sind oft kompliziert, siehe Taylor Swift und Jake Gyllenhaal, John Mayer, Harry Styles. Kristen Stewart hat ihre große Liebe Robert Pattinson durch einen ebenso teenager- wie amateurhaften Betrug verloren.

Und Leonardo DiCaprio kann sich nicht um alle kümmern. Also schnappt man sich eine gute Freundin, deren Liebe man sich sicher sein kann, tauscht Zärtlichkeiten aus, begibt sich nicht in Gefahr und befeuert nebenbei noch seine Karriere so sehr, dass einem die Paparazzi bis ins Waxing-Studio folgen.

Mit der Liebe sollte man ncht spielen

Aus dem Fokus verschwinden dadurch jene ganz normalen Mädchen und Jungen, deren Sexualität nicht vermarktbar ist und die Tag für Tag um Anerkennung kämpfen müssen. Die nicht fotogen für die Magazine sein wollen, sondern einfach die Menschen, die sie sind. Die schlichtweg geliebt werden wollen. Die leiden oder sich sogar das Leben nehmen, weil ihre Familien, ihre Freunde nicht anerkennen, dass die Partnerwahl eine zutiefst persönliche Entscheidung ist.

Liebe ist, das wird beim "Lesbian Chic"schnell vergessen, das wertvollste Gut der Welt. Man sollte nicht damit spielen.

Paula Lambert Gala

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