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Pygmalion-Effekt So beeinflussen die Erwartungen anderer unser Verhalten

Frau schaut aufs Meer | Pygmalion-Effekt: So beeinflussen die Erwartungen anderer unser Verhalten
© JürgenBauerPictures / Adobe Stock
Ob andere viel oder wenig von uns erwarten, kann einen großen Effekt auf unsere Leistung und unser Verhalten haben. Warum das so ist, erklärt der Pygmalion-Effekt.

Die meisten von uns haben gerne Recht, das ist die menschliche Natur. Dabei spielt es oft keine Rolle, ob wir ein positives oder ein negatives Ergebnis erwarten – insgeheim freuen wir uns in jedem Fall, dass wir mit unserer Einschätzung richtig lagen. Aber was, wenn wir mit unserer Erwartung beeinflussen, was passiert? Wenn die Person, von der wir eine bestimmte Handlung oder Leistung erwarten, genau das tut – und zwar weil wir damit rechnen? Im umgekehrten Fall könnte das bedeuten, dass auch wir auf eine bestimmte Weise reagieren, weil unser Gegenüber es antizipiert. Der sogenannte Pygmalion-Effekt beschreibt genau dieses psychologische Phänomen.

Pygmalion in der griechischen Mythologie

Der Pygmalion-Effekt hat seinen Ursprung in der griechischen Mythologie, und zwar im gleichnamigen Bildhauer. Der war von den Frauen so enttäuscht, dass er eine Statue schuf, auf die er alle seine Erwartungen an das weibliche Geschlecht projizierte. Pygmalion verliebte sich in die Statue – die die Liebesgöttin Venus auf seine Bitte hin dann sogar zum Leben erweckte. So hatte Pygmalion buchstäblich die perfekte Frau aus seinen Erwartungen geschaffen.

Ganz ähnlich ist es bei dem psychologischen Phänomen: Das besagt, dass Menschen ihre Leistung steigern und ihr Verhalten ändern können, weil andere etwas Bestimmtes von ihnen erwarten. Der Pygmalion-Effekt ist besonders häufig im schulischen Umfeld zu beobachten. Lehrkräfte, die davon ausgehen, dass ein:e Schüler:in besonders begabt ist, sorgen damit häufig unbewusst für eine tatsächliche Steigerung der Leistungen.

Der Pygmalion-Effekt: Im Schul-Experiment in den 60ern nachgewiesen

Der US-amerikanische Psychologe Robert Rosenthal hat den Pygmalion-Effekt gemeinsam mit der Schulleiterin Lenore F. Jacobsen in einem Feldexperiment in den 1960er-Jahren untersucht. Dafür haben die beiden den Lehrkräften an Jacobsens Grundschule gesagt, dass 20 Prozent der Schüler:innen kurz vor einem großen Entwicklungssprung stünden und im kommenden Jahr eine deutliche bessere Leistung zu erwarten sei. In Wirklichkeit hatten sie diese Kinder zufällig per Losverfahren ausgewählt.

Zu Beginn des Experiments und nach acht Monaten haben alle Schüler:innen der Grundschule einen IQ-Test absolviert. Der Intelligenzquotient der Kinder, die angeblich das große Potenzial zur Leistungssteigerung hatten, steigerte sich stärker als der der anderen Kinder. Alle Bedingungen außer der Info über das vermeintliche Potenzial waren gleich geblieben. Daraus folgerten Rosenthal und Jacobsen, dass einzig die höheren Erwartungen der Lehrkräfte die Verbesserung des IQ herbeigeführt hatte.

Die Erwartung als sich selbst erfüllende Prophezeiung

Die beiden sahen ihre anfängliche Vermutung bestätigt, dass die Lehrkräfte die Schüler:innen, von denen sie einen Entwicklungssprung erwarteten, unbewusst anders behandelt und stärker gefördert hatten. Damit hatte sich die erwartete Leistungssteigerung als sich selbst erfüllende Prophezeiung erwiesen. So, wie Pygmalion in der griechischen Mythologie aus seinen Vorstellungen die ideale Frau erschaffen hat, haben die Lehrkräfte die verbesserten Leistungen der Kinder hervorgerufen.

Die Erkenntnis aus Rosenthals und Jacobsens Experiment lässt sich aber auch auf andere Lebensbereiche übertragen: Eine Mutter erwartet von einem ihrer Kinder besonders viel und sorgt so unbewusst dafür, dass der Nachwuchs tatsächlich mehr leistet als seine Geschwister. Ein Teammitglied, von dem die Chefin sich besonders viel Unterstützung bei einem Projekt erhofft und das sie deshalb stark fördert, wird diesen hohen Erwartungen wahrscheinlicher gerecht als andere.

Auch in der Partnerschaft kann sich der Pygmalion-Effekt zeigen. Denn so, wie wir unsere:n Partner:in sehen, verhält er:sie sich sehr wahrscheinlich auch. Wenn wir unser Gegenüber in einem besonders positiven Licht betrachten und mit bestimmten Dingen innerhalb der Beziehung rechnen, kann es gut sein, dass wir damit genau dieses Verhalten fördern.

Aber auch der umgekehrte Fall kann eintreten: Erwarte ich ohnehin nicht viel von meinem:meiner Partner:in – à la "Die vergisst doch eh wieder, den Müll runterzubringen" –, dann stehen die Chancen gut, dass das auch wirklich eintritt. Denn so signalisieren wir der anderen Person unbewusst, dass wir nicht wirklich an sie glauben. Sie resigniert dann möglicherweise, weil sie glaubt, es uns ohnehin nicht recht machen zu können.

Wie können wir das Wissen um den Pygmalion-Effekt nutzen?

Wie viele weitere Beispiele bestätigt der Pygmalion-Effekt, wie mächtig unsere Gedanken sind. Sie beeinflussen nicht nur, wie wir selbst uns verhalten und wie wir auf andere wirken, sondern letztlich auch, wie andere sich uns gegenüber verhalten. Wir sollten diese Macht nicht vergessen – weder im Beruf noch in der Beziehung oder im Umgang mit Kindern. Denn unbewusst spüren andere Menschen unsere Erwartungen an sie ganz genau – auch wenn wir sie nicht explizit aussprechen.

Verwendete Quellen: geo.de, duq.edu, spektrum.de

Gala

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