Völlig aus der Puste komme ich nach der Arbeit in meiner Dachgeschosswohnung an, da klingelt mein Handy. Es ist meine Schwester, sie ruft per Facetime an. Sie und ihr Freund sind gemeinsam in Paris - ein Überraschungstrip von ihm organisiert - und ich hatte schon so eine Vorahnung. Freudestrahlend hält meine Schwester einen funkelnden Verlobungsring in die Kamera und wedelt mit ihrer Hand herum: "Naneeee, ich bin verlobt!".
Tatsächlich hatte ich in den kommenden Tagen mit diesem Anruf gerechnet. Dass der Freund meiner Schwester direkt am ersten Abend ihrer Reise auf die Knie geht, hätte ich jedoch nicht gedacht. Doch irgendwie wusste ich: Es wird auf dieser Reise passieren.
Für mich war schon vor der Verlobung klar, dass ich die Trauzeugin sein werde
Später hörte ich, dass der Verlobte meiner Schwester den Antrag schon seit Weihnachten plante - im Juli passierte es dann. Meine Eltern wussten über alles Bescheid, mein Vater hatte den Ring mit ausgesucht, meine Mutter das Restaurant in Paris und auch bei der Auswahl des Hotels standen sie mit Rat und Tat zur Seite. Was für eine schöne und romantische Geschichte!
Um ehrlich zu sein war ich mir schon lange sicher, dass die Beiden einmal heiraten werden. Deshalb hatte ich mir den Moment diesen entscheidenen Anrufs auch schon ein paar Mal vorgestellt und dachte auch, dass meine Schwester mich dann eventuell sofort fragt, ob ich ihre Trauzeugin werden möchte. Denn: Meine Schwester und ich sind nicht nur verwandt, wir sind auch beste Freundinnen und haben uns deshalb geschworen, dass wir beide die Trauzeugin der anderen werden.
Meine Schwester ließ mich zappeln

Bis zur entscheidenen Frage aller Frage, musste ich jedoch noch ein wenig Geduld haben. Meine Schwester hielt mich ganze zwei Monate hin. Im September traf sich die ganze Familie auf Mallorca, ich wurde 30 und wollte diesen besonderen Geburtstag im Kreise meiner Liebsten feiern.
Am ersten Abend saßen wir bei einem Italiener, dort waren wir schon früher in unserem Familienurlaub häufig. Meine Schwester zog eine weiße Box aus einer Tüte und überreichte mir diese. "Nane" stand in einer goldenen Schrift auf der Box. In der Box befanden sich Blumen, ein Brief, ein Trauzeuginnen-Planer und ein Trauzeuginnen-Armband.
In meinem Freundeskreis gab es bisher nicht viele Hochzeiten. Es ist also meine Premiere als Trauzeugin. Ich bin eine absolute Perfektionistin und somit war von Anfang an klar: Für die größte Herausforderung sorge ich selbst.

Welche Erwartungen hat eine Braut an ihre Trauzeugin?
Meine Schwester nahm das alles sehr entspannt. Ihre Hochzeit hatte sie innerhalb weniger Wochen quasi vollständig organisiert. Eine Agentur übernimmt nahezu jede Aufgabe. Bei einem ersten Treffen mit dem Brautpaar und dem Trauzeugen des Bräutigams stellte sich schnell heraus: So viel ist für uns gar nicht zu tun.
Um ehrlich zu sein: Natürlich klingt das zunächst einmal ziemlich entspannt. Doch hatte ich mir schon an der ein oder anderen Stelle mehr Mitspracherecht und Aufgaben gewünscht. Aber mir wurde auch klar, dass ich nicht die perfekte Trauzeugin sein werde, wenn ich möglichst viel mache und auf die Beine stelle, sondern, dass ich dann die optimale Trauzeugin sein werde, wenn ich mache, was die Braut sich wirklich wünscht.
Perfekt ist nicht gleich perfekt

Der größte Wunsch meiner Schwester war und ist es, dass keiner aus der Familie wahnsinnig viel Stress am Tag ihrer Hochzeit hat und dass wir einfach alle zusammen sind und eine gute Zeit haben.
Natürlich lasse ich mir dennoch nicht nehmen ihr einen unvergesslichen Junggesellinnenabschied zu bescheren und die ein oder andere kleine Überraschung für die Hochzeit zu organisieren. Ein paar Aufgaben hat sie mir dann doch auch noch übertragen und ich freue mich auf diese Herausforderung mich auch mal selbst zu bremsen.
Bis zur Hochzeit meiner Schwester sind es noch ein paar Monate. Aber ich kann es gar nicht erwarten auch im offiziellen Teil eine so wichtige Rolle zu spielen und diesen Moment mitzuerleben. Jana, für mich ist es eine wahnsinnige Ehre deine Trauzeugin zu sein und mein Ziel für diesen Tag ist es, dass er für dich perfekt wird - nicht für mich. Diesen Part darfst du dann gerne irgendwann an meinem Hochzeitstag übernehmen. Doch dafür muss ich erst einmal deinen Brautstrauß fangen.