Mediziner sprechen von einer Penicillin-Allergie, wenn nach Gabe des Medikaments eine Immunreaktion mit Entzündungszeichen auftritt. Etwa jeder Zehnte berichtet seinem Arzt, gegen Penicillin allergisch zu sein. Laut der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) liegt jedoch in neun von zehn Fällen keine Allergie vor. Voreilige Diagnosen sind bei dieser Arzneistoff-Allergie besonders gängig und erschweren damit die Chance auf eine ideale Behandlung im Infektionsfall. Dabei sind Penicillin-Antibiotika die Art von Antibiotika, die Leben retten.
Warum Penicillin?
Penicillin ist das bedeutendste Antibiotikum im Kampf gegen bakterielle Erkrankungen. So ist der Arzneistoff beispielsweise zur Behandlung von Beschwerden wie Mittelohr- und Lungenentzündungen, aber auch bedrohlichen Infektionen wie einer Meningitis oder Blutvergiftung unentbehrlich. Penicillin wirkt besonders gut, ist verträglich, relativ günstig im Vergleich zu anderen Medikamenten, und Bakterien entwickeln nur selten Resistenzen gegen das Antibiotikum der Wahl. Allerdings werden die Bakterienkiller heute nicht so oft eingesetzt wie nötig. Denn viele Menschen glauben, Penicillin nicht zu vertragen. Dabei legen Untersuchungen nahe, dass 85 bis 90 Prozent von den selbst ernannten Allergikern mit der unnötigen Diagnose Penicillin-Allergie herumlaufen.
Wie kommt es zur häufigen Fehldiagnose "Penicillin-Allergie"?
Einige Patienten zeigen nach der Einnahme von Penicillin Reaktionen wie Ausschlag oder Atemnot. Das ist aber noch kein Beweis dafür, dass das Antibiotikum der Auslöser für diese Symptome ist. Häufig löst der Infekt selbst die Anzeichen aus, die als allergische Reaktion fehlinterpretiert werden. Manchmal sind auch die herkömmlichen Penicillin-Nebenwirkungen wie Durchfall, Übelkeit, Magenschmerzen oder Pilzerkrankungen, die bei jedem Patienten früher oder später auftreten, Schuld an der Fehldiagnose.
Es kann vorkommen, dass Mediziner zwischen dem Auftreten der Missempfindungen und der Einnahme von Penicillin Pseudoassoziationen herstellen. Viele Allergie- und Impfpässe werden infolge dieser Reaktionen ausgestellt, ohne die Diagnose zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu überprüfen. Besteht einmal der Verdacht auf Penicillin-Allergie, verordnen die später behandelnden Ärzte ein anderes Antibiotikum (sogenannte Reserveantibiotika wie beispielsweise Fluorchinolone, Clindamycin, Vancomycin). Das ist nicht immer die beste Therapie und trägt außerdem zur Entstehung von Resistenzen bei. Antibiotika sind dann nicht mehr wirksam. Ärzte plädieren aus diesen Gründen dafür, dass sich Patienten testen lassen, ob eine echte Allergie vorliegt.
Welche Penicillin-Allergie-Symptome sind bekannt?
Die Auswirkungen einer Penicillin-Allergie sind von Patient zu Patient unterschiedlich. Zu den häufigsten allergischen Reaktionen gehören:
- Starker Juckreiz
- Hautausschlag (Rötungen, Quaddeln, Pusteln)
- Nesselsucht
- Zungenschwellung
- Ekzeme
- Ödeme
- Fieber
- Geschwollene Lymphknoten
- Anaphylaktischer Schock (Erbrechen, Durchfall, Blutdruckabfall, Krampfanfälle, Bewusstseinsverlust)
Die Penicillin-Allergie-Symptome können sofort oder auch erst nach vier Wochen auftreten.
Penicillin-Allergie – wie wird die Diagnose gestellt?
Manchmal lässt sich bereits in einem Anamnese-Gespräch der Verdacht entkräften. Experten empfehlen zur Abklärung einer Penicillin-Allergie folgende Fragen:
- Welche Medikamente wurden vor dem Auftreten der Reaktion eingenommen?
- Wie hat sich die Reaktion geäußert?
- Wie viel Zeit verging zwischen Einnahme des Antibiotikums und den ersten Symptomen?
- Wie wurde behandelt? War ein Krankenhausaufenthalt nötig? Was war das Ergebnis der Behandlung?
Um die Diagnose zu sichern, prüft der zuständige Facharzt anschließend mehrere Penicilline. Diese Analyse ist besonders zeitaufwendig. Sie umfasst eine Mischung aus Hauttests (Pricktest, Intrakutantest, Epikutantest) und Provokationstests und erfolgt vorrangig in Kliniken. Meist wird ein Patient zwei- bis dreimal ins Allergieambulatorium geschickt, danach weitere Male (drei bis vier) in die Allergieambulanz.
Patienten wird empfohlen, sich für die Diagnose an einen Allergologen zu wenden. Für ein korrektes Testergebnis ist es wichtig, alle Daten und Befunde zu berücksichtigen.
Penicillin-Allergie, was hilft?
Für Betroffene ist es ratsam, Überempfindlichkeitsreaktionen auf Penicillin mittels Tests abklären zu lassen. Dadurch könnte die Verwendung von Alternativantibiotika gesenkt werden, die mitunter eine schlechtere Wirksamkeit und höhere Nebenwirkungsraten aufweisen.
Wenn eine Penicillin-Allergie besteht, ist die wichtigste Therapiemaßnahme das sofortige Absetzen des Wirkstoffs. Heilen lässt sich diese Arzneimittelunverträglichkeit nicht. Manchmal eignen sich Ausweichpräparate zur Behandlung. Ist dies nicht das Fall, empfiehlt sich eine Toleranzinduktion. Dabei wird dem Patienten ein Medikament in zunächst winzigen Mengen verabreicht. Im weiteren Verlauf wird die Dosis erhöht. Auf diese Weise lässt sich eine Toleranz für die Dauer der Antibiotikagabe erreichen. Ist diese Toleranzinduktion nicht möglich, können sogenannte Cephalosphorine bei einer gesicherten Penicillin-Allergie zum Einsatz kommen.
Außerdem gibt es Hinweise, dass eine Penicillin-Allergie im Laufe des Lebens abklingt. So geben Forscher an, dass bei Personen mit Penicillin-Allergie zehn Jahre nach der allergischen Reaktion nur noch 20 Prozent allergisch sind.
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen, weshalb wir Ihnen dringend ans Herz legen, einen Spezialisten aufzusuchen. Gute Besserung wünscht Ihr GALA.de-Team.
Verwendete Quelle:Deutsche Apothekerzeitung