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Sologamie Hamburgerin braucht keinen Prinzen, sondern heiratet sich selbst

Symbolbild: Eine Braut betrachtet sich im Spiegel. 
Symbolbild: Eine Braut betrachtet sich im Spiegel. 
© Shutterstock
Geheiratet wird viel, aber eine junge Eheschließung in der St.-Pauli-Kirche hat es in sich. Eine Frau sagte in der Hansestadt "Ja" zu sich selbst und bringt damit eine internationale Bewegung endlich nach Deutschland

"Wer soll dich lieben, wenn du dich nicht selbst liebst?", lautet ein allgemein bekannter Spruch, der auch der besagten Braut im Kopf hängen geblieben sein muss. Auf dem weltbekannten Hamburger Kiez ließ sie sich von Pastor Martin Paulekun trauen. 

Wie reagierte der Pastor auf die kuriose Anfrage? 

Als dieser von dem etwas untypischen Vorhaben der angehenden Braut erfuhr, staunte er zunächst nicht schlecht. Im kunterbunten Hamburg ist der Pastor schließlich schon einiges gewöhnt, aber eine junge Frau in ihren 30ern, die einen Trauungsgottesdienst ohne Partner oder Partnerin möchte, hat auch er noch nicht erlebt. Der Herzenswunsch der Dame, die gerne anonym bleiben möchte, ist in anderen Ländern längst Gang und Gebe. Nachdem Pastor Paulekun sich dem Thema genauer angenommen hat, kam es am vergangenen Sonntag, den 16. September, endlich zur Zeremonie. 

So verlief der Gottesdienst

Zu dem besonderen Anlass trafen zahlreiche Freunde und Familienmitglieder ein, denen die Vergangenheit der Braut bekannt war: Fehlgeschlagene Beziehungen und harte Schicksalsschläge, die der Pastor nicht weiter kommentieren möchte, machten den Wunsch der Braut verständlich. Statt einen anderen Menschen zu begegnen, hat sie sich selbst gefunden. Grundsätzlich, so Paulekuns Einschätzung, hätten Anfragen dieser Art eine stark seelsorgerische Seite, wofür die Kirche der richtige Ort sei. Er selbst würde aber nicht von einer Trauung oder Selbstheirat sprechen, da es hinterher weder im weltlichen noch im kirchlichen Bereich Dokumente gebe. Für ihn stand die Segenshandlung und die Hilfestellung für die Person im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Die Braut wollte mit sich selbst Frieden schließen und ein öffentliches Bekenntnis zu sich selbst abgeben.  Auch Lucy Gallant ging den Bund fürs Leben mit sich selbst ein.

Sarah Jessica Parker sagte in "SATC" bereits "Ja" zur Sologamie

Ob gelockt, gewellt oder bügelglatt: Sarah Jessica Parker hat uns schon als Carrie Bradshaw regelmäßig mit neuen Langhaarstyles überrascht. Hier trägt die Schauspielerin ihr langes Haar glatt und offen. Ein paar kürzere Strähnen um das Gesicht lassen den Look noch jugendlicher und lässiger wirken. 
Ob gelockt, gewellt oder bügelglatt: Sarah Jessica Parker hat uns schon als Carrie Bradshaw regelmäßig mit neuen Langhaarstyles überrascht. Hier trägt die Schauspielerin ihr langes Haar glatt und offen. Ein paar kürzere Strähnen um das Gesicht lassen den Look noch jugendlicher und lässiger wirken. 
© Getty Images

Was in Deutschland noch wie ein interessanter Einzelfall klingt, ist in anderen Ländern längst Gang und Gebe. So gibt es in den USA bereits zahlreiche Agenturen, die das Planen von Sologamie-Bekenntnissen zu ihrem Spezialgebiet gemacht haben. 2003 wurde die Einzelhochzeit bereits durch Carrie Bradshaw, Sarah Jessica Parkers Rolle in  "Sex and the City", populär, als diese beschloss, sich selbst zu heiraten. Neben ihr trällerte auch schon Sängerin Björk selbstbewusst in ihrem Song Isobel: "My name’s Isobel, married to myself!"

Pastor Paulekun empfand die besondere Trauung zwar "als eine gute Erfahrung", aber sie sollte sich dennoch nicht häufen, "denn alles hat seine Grenzen". 
Ob man es sich nun für sich persönlich vorstellen kann oder nicht, ist eine Sache. Trotzdem sollte man sich fragen, aus welchem Verlangen die Bewegung entsteht, die hauptsächlich von Frauen angeführt wird.

1. Selbst ist die Braut: Ein Zeichen von Feminismus?

Frauen, die ab einem gewissen Alter noch nicht unter der Haube sind, haben heute noch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Im Zeitalter des Feminismus ist #selflove ein prägender Begriff. Gegenüber GALA erklärt Feministin Dr. Antje Schrupp, dass jenen Frauen, die früher ausgestoßen und als "alte Jungfer" abgetan wurden, nun neue Möglichkeiten geboten werden. "Das Nicht-Verheiratet-Sein wurde immer als Verlust, gar als Makel oder persönliches Versagen angesehen", erläutert die Politikwissenschaftlerin. Allerdings hat sie auch etwas zu bemängeln: "Von der Feier her ist es eher eine Kopie der Ehe. Das Alleinsein zu feiern ergibt für mich inhaltlich eigentlich keinen Sinn, außer man versteht es als Abgrenzung zur traditionellen Ehe. Sie bezweifelt, dass diese Frauen wirklich "allein" leben, wie der Begriff "Sologamie" oder "Solo-Heirat" suggeriert. Stattdessen vermutet sie schon Beziehungen und Freundschaften. "Feministisch gesehen wäre es doch irgendwie schöner, die zu feiern!", sagt sie mit einem kleinen Augenzwinkern. Tatsache ist aber, dass es sich um die Emanzipation einer gesellschaftlichen Norm handelt, was etwas Gutes ist. 

2. Der psychologische Aspekt: Zwischen Narzissmus und gesundem Egoismus 

Der "Selbstheirat" wird auf der anderen Seite nachgesagt, dass sie ein Ausdruck von Egoismus oder gar Narzissmus sei. Sie sei eine Trotzreaktion auf zuvor gescheiterte Beziehungen und gebrochene Herzen. Kritiker fragen, wie weit die selbstsüchtige Haltung des Menschen noch gehen soll. Zudem behaupten sie, es sei "ein trauriger Trend" und Ausdruck von bitterer Verzweiflung heiratswilliger Frauen, die keinen Partner finden. Psychologen betonen hingegen immer wieder, dass die Solo-Trauung durchaus positive Aspekte mit sich bringt. So mache sie Menschen unabhängig und fördern das Selbstvertrauen á la "Sei selbst dein Fels in der Brandung".
Die Ansichten sind also sehr unterschiedlich und der einzige Fakt, den wohl alle Parteien unterschreiben würden, ist, dass diese "Ehe" ein Leben lang hält.

Gala

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