wenn Sie meine Kolumne in der vorigen Woche Grippe-bedingt nicht verpasst haben, dann wissen Sie, dass ich ein absolut hingebungsvoller Musikfan bin. Stichwort Amanda Lear.
Aber wussten Sie auch, was ich sonst noch glühend verehre? Unsere Fußball-Nationalmannschaft und unserer Demokratie. Allerdings bin ich so gar kein Freund von Volksabstimmungen. Das kann nämlich richtig ins Auge gehen. Allein der Brexit, what a mess! Ein bisschen Europa fährt im Linksverkehr unumkehrbar vor die Wand.
Wohlweislich haben die Mütter und Väter unseres weltweit gerühmten Grundgesetzes auf das riskante plebiszitäre Element verzichtet. (Ja, ich kann auch Fachchinesisch.) Wir geben unsere Stimme doch ohnehin oft genug ab. Europawahl, Bundestagswahl, Landtagswahl, Kommunalwahl – und ich durfte vor ziemlich genau einem Jahr sogar den Bundespräsidenten mitwählen. Am 19. März war ich Mitglied der Bundesversammlung.
Das Zweitwichtigste vorab: Die Würstchen mit Senf und die Käsehäppchen auf kaltem Toast bei der CDU-Fraktion waren sensationell lecker und irgendwie zu wenig. Die Suppe bei den Grünen hätte meinetwegen mehr Pfiff haben können. Und wie zu erwarten, gab es bei der SPD nach der Wahl toskanischen Rotwein.
Übrigens: Man wird nicht zum Mitglied der Bundesversammlung ernannt, sondern vom Landtag seines Heimat-Bundeslandes auf Vorschlag der Fraktionen gewählt. In meinem Fall hat mich die CDU in Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen und der Landtag in Düsseldorf gewählt. Als Ruhrpottler bin ich allerdings von Geburt an Sozi. Unmittelbar nach der Geburt kriegen wir da alle eine rote Birne. Aber genau "den Sozi" Steinmeier wollten die Christdemokraten ja ins höchste Staatsamt bringen. Passte also. Am Tag der Wahl genießt man übrigens – strafrechtlich betrachtet – Immunität. Ich hätte also meinen Wagen quer vorm Kanzleramt parken können, selbst die Hausherrin hätte wenig bis gar nichts dagegen tun können.
Apropos: Am Vorabend gab es bei der CDU ein lockeres Stelldichein mit Angela Merkel. Am kalten Büffet plauderte eine tiefen-entspannte Kanzlerin. Amtsmüdigkeit? Konnte ich nicht entdecken. Dafür gesunden Appetit und eine angenehme Ausstrahlung.
Meine zweitbeste Freundin Gudrun hat die Wahl des Bundespräsidenten damals am TV verfolgt. Bis heute behauptet sie, ich sei mehrfach eingenickt. Und ich behaupte, ich hätte meine Brille vergessen und krampfhaft versucht, mein Programmheft mit zu gekniffenen Augen zu entziffern. (Auch wenn das Foto unten mich verrät.) Zur Wahlurne bin ich schließlich mit Kollegin Veronica Ferres gegangen. Sie hatte an dem Tag Füße und war froh, dass sie sich in ihren Wahltag- Pumps an mir festhalten konnte.
Es war eine rundum würdevolle Veranstaltung. Ich bin seitdem – Sie ahnen es – Fan von Elke Büdenbender, unserer First Lady. Sehr charmant, sehr kompetent, immer ungekünstelt. Klasse Frau. Sie und Kate beim Afternoon-Tea im Garten vom Bellevue, das hatte schon was. Solche Bilder erfreuen mein Kolumnistenherz. Aber nun denken Sie nicht, dass ich wegen so ein bisschen Schlosskulisse, teurem Porzellan und Gewinke heimlich mit der Monarchie als Staatsform für Deutschland flirte. Nein, auf unsere Republik lasse ich nichts kommen!
Ich drücke Sie,
Ihr