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Frisch hapeziert Warum Karneval uns alle verbindet

Kolumnist Hape Kerkeling über die fünfte Jahreszeit 
Liebe GALA-Freunde,

die fünfte Jahreszeit ist in vollem Gange. Fasching, Fastnacht, Karneval: Von jetzt auf gleich werden wir da im Rheinland raderdoll. Wolle mer ’ne roilosse, den Fun-Faktor? Ich bin dabei!

Alles läuft natürlich auf das Highlight hinaus, die Zeit um den Rosenmontag herum. Im Geiste sehe ich mich schon wieder Konfetti werfen, Kamelle fangen und Gassenhauer trällern. Da können Sie mich für drei Tage komplett abhaken. Und bei meiner zweitbesten Freundin Gudrun gleich noch ein paar Tage dranhängen. Als Leichtmatrose durfte ich mal auf einem Mottowagen im Düsseldorfer Rosenmontagszug anheuern und selbst Kamelle werfen. Unvergessen! Das ist für eine rheinische Frohnatur mindestens so spektakulär wie für andere ein Ticket für die Hochzeit von Harry und Meghan.

Einmal lud mich die gute Hella von Sinnen an Karneval zu sich ein. Wir wollten den Kölner Zug von der Fensterbank aus genießen, ganz klassisch mit verschränkten Armen auf einem Sofakissen. Aber dann juckte es uns doch, mittenmang zu sein. Problem: Wir hatten keine Kostüme parat, und in Zivil trauten wir uns nicht unters tobende Volk. Doch Helli-Propelli ist immer für eine Überraschung gut. In ihrem privaten Fundus fanden sich eine Hühnermaske samt quietschgelber Federboa und ein pinkfarbener Ski-Anzug mit Pudelmütze und Brille. Hella als übergewichtige Rosi Mittermaier und Hape als Moppel-Chicken: Wir blieben tatsächlich unerkannt. Was für ein närrischer Spaß!

Auf den Straßenkarneval lasse ich nix kommen. Trotz des unappetitlichen Wildpinkel-Phänomens. Köln knöpft dem blasenschwachen Herrn inzwischen 200 Euro ab. In Mainz sind es nur 75 Euro Strafe, in Düsseldorf sogar nur magere 35 Euro. Welche Schlüsse Sie jetzt aus diesen Summen ziehen, überlasse ich Ihnen. Das diesjährige Motto in Köln heißt passenderweise: "Mer Kölsche danze us der Reih." Der offizielle Motto- schal – 189 Zentimeter, 100 Prozent Acryl, 15 Euro – hat eine jecke Zusatzfunktion, eine kleine Tasche mit Reißverschluss. Da passt das Handy rein. Oder eine Puderdose zum Nachschminken. Oder auch andere liebevolle kleine Helferlein.

Die werden vermutlich überall auf der Welt beim Karneval gebraucht, ob in New Orleans oder auf Barbados, wo Rihanna im Mini-Fummel und mit Federn auf dem Kopf tanzt. Oder in Rio, wo so unterschiedliche VIPs wie Pam Anderson, Jude Law und Gisele Bündchen plötzlich gemeinsam die Samba-Sause bejubeln. Ich sag ja: Karneval verbindet. Das Leben ist wie eine wackelige Hängebrücke über einer tiefen Schlucht. Weihnachten, Ostern und Karneval sind das Halteseil, an dem wir uns übers Jahr tapfer entlanghangeln können. Greifen wir also danach! Zivilisation entsteht durch gelebte Tradition. Das Wildpinkeln würde ich allerdings nicht dazuzählen. Das Bützchen hingegen, der Wangenkuss, gehört unstrittig zum Brauchtum.

Wer das bereits als sexuelle Belästigung auffasst, sollte dem Karneval lieber fernbleiben. Sagt mein Anwalt. Gudrunchen geht übrigens immer als Horst Schlämmer, der Schmuddel-Lokalreporter. Sie bedient sich dafür klamottentechnisch in meiner Rumpelkammer, so spart sie Geld für die "noch wichtigeren Dinge des Lebens".

Apropos: Falls auch Sie am Rosenmontag in Köln unterwegs sind – Sie erkennen Gudrun am Eierlikör-Fläschchen. Doornkaat verträgt sie erstaunlicherweise nicht.

Ich drücke Sie mit einem dreifach kräftigen Alaaf, Helau und Aloha!

Gala

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