kennen Sie diese kindliche Vorfreude? Wenn die Sehnsucht nach der ultimativen Sommerfrische erwacht, die uns rundum entspannen, erfrischen und bräunen möge?
Vorm geistigen Auge entsteht ein menschenleerer, puderweißer Traumstrand. Im gepolsterten Liegestuhl rekeln wir uns wie Kate Moss, Pippa oder Cristiano Ronaldo und schmökern entspannt in der GALA. Der Partner und die Kinder sind ebenfalls herrlich relaxt, unendlich dankbar und heiter. Und das Hotel ist natürlich eine Wucht. Selbstverständlich spielen auch das Wetter und der Weltfrieden mit. Peace, Pleasure und Planschbecken! Machen wir uns doch nichts vor: In Wahrheit läuft es ganz anders. Die aktuelle GALA hat der Partner blöderweise im Flugzeug liegen lassen. Deshalb muss man jetzt am Strand mit einem Inga-Sandström-Roman vorliebnehmen. Wahlweise "Liebe am Höllerda-Fjord" oder "Polarwölfe küssen kaltschnäuzig". Die Kinder streiten, der Partner schnarcht, genauso wie die meisten der – unzähligen – Leute um einen herum, ohne einen Hauch von Hollywood-Appeal.
Der Strand selbst ist gräulich statt weiß. Macht aber nichts: Hinter der vernebelten Sonnenbrille erkennt man das ja eh nicht so genau. Der Wind bläst aus Nordost, der Sand verkrümelt sich in die Seiten, das Umblättern gerät zur sprichwörtlichen Zerreißprobe. Also startet man zu einem Barfuß-Spaziergang am Meer. Dabei tritt man gleich auf irgendwas Unappetitliches. Hoffentlich nur Kippen … Und dann die Insekten! Ich kann Ihnen verraten: Letztes Jahr an der schwülen Adria hatten wir zusätzlich zur Mückenplage auch noch Glühwürmchen. Ich dachte: Mist, jetzt kommen die kleinen Biester schon mit Taschenlampen!
Genug gegrummelt. Man kann sich doch eigentlich glücklich schätzen, dass man überhaupt Urlaub machen darf, oder? Merke: Die Erwartungshaltung nicht unendlich hochschrauben! Wer schon mal auf den Malediven war, weiß ohnehin, dass es auf Langeoog mindestens so schön ist.Am New Yorker Times Square schlenderte vor mir mal ein verliebtes Pärchen aus dem Ruhrpott. Der tätowierte Muskelprotz bleibt plötzlich stehen und sagt zu seiner blondierten Verlobten: "Weiße wat, Birgit, so viel anders als in Wattenscheid ist dat hier au nich. Wenne mich fragst – die Amis kochen au nur mit Wasser!" Das ist doch mal eine gesunde Einstellung. In meinem Sommerurlaub 2017, das habe ich mir fest vorgenommen, werde ich alles richtig machen. In der ersten Woche entspanne ich in der Hängematte. In der zweiten Woche fange ich dann eventuell ein bisschen mit Schaukeln an.
Meine zweitbeste Freundin Gudrun ist ein weit gereister Holiday-Profi. Gerade kam sie aus Dünabaky zurück. Zur Orientierung: Das ist in der Nähe von Plodmev. Als wir uns in unserer Stammkneipe "Wilddieb" auf einen Killepitsch-Kräuterlikör treffen, frage ich: "Und, wie war's?" – "Fantastisch!", schwärmt sie. "Das Essen im Hotel war so grottenschlecht, dass ich fast zwölf Pfund abgenommen habe. Herrlich!" Zur allgemeinen Erheiterung hatte Gudrun noch einen Witz aus ihrer Sommerfrische im Gepäck: "Was liegt am Strand und spricht Serbokroatisch? Eine Nuschel."
Ich drücke sie! Oder wie der Kroate sagt: Moram poći!