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Kochen wie die Stars Veganer Selbstversuch mit Alicia Silverstone

Alicia Silverstone, Sarah
Alicia Silverstone, Sarah
© Gala.de
Wie ich eine Woche lang mit Alicia Silverstone, Yoga und heißem Reis die Erde rettete

1995 saß ich vor der Kinoleinwand und wollte nur eines: So sein wie Alicia Silverstone in "Clueless". Auf meiner vorpubertären Wunschliste standen die coolen Klamotten, die "Cher" im Schrank hatte, ihr Turnschuh-großes, kabelloses Telefon (Handy!) und natürlich die glänzenden Haare und Akne-freie Haut von AliciaSilverstone.

Fast zwanzig Jahre später schleicht sich Silverstone wieder in meine Gedanken ein, dieses Mal mit ihrem veganen Kochbuch "Meine Rezepte für eine bessere Welt". "Hast du das Gefühl, in Frieden mit dir selbst zu sein? Fühlst du dich in deinem Körper wohl? In deinem Leben?", fragt sie unschuldig im Vorwort und verspricht mir dann, dass ich mich dank ihrer Rezepte bald jünger, kraftvoller und schöner fühlen werde - und ganz nebenbei die Erde rette. Dazu gibt es zahlreiche Fotos von ihr und ihrem Mann Chris beim fröhlichen Getreide-Mahlen, vegane Pasta-Essen und Kühlschrank-Ausräumen. Ja natürlich will ich Frieden mit mir selbst und die Erde retten! Ich beschließe, eine Woche lang nach Alicias Prinzipien zu leben, so schwer kann das vegane Leben ja nicht sein.

Ihr Kochbuch ist für Einsteiger konzipiert und schlägt drei verschiedene Ansätze zum Welt-Retten vor: 1. mit veganer Ernährung flirten 2. Veganer werden und 3. "Superhero" werden und sich zusätzlich makrobiotisch ernähren. Alicia selbst folgt "zu 80 Prozent dem Superhero-Plan", das heißt, dass sie außer auf tierische Produkte auch möglichst auf Nachtschattengewächse (Tomaten, Zucchini, Auberginen, Kartoffeln etc.), Weißmehl und weißen Zucker verzichtet. Puh, das hört sich anstrengend an. Aber dann lese ich, dass die Makrobiotik Alicia "mühelos zu einem perfekten Körper" verhalf und ihr Denken "wirklich klar" wurde. Und das, obwohl sie selbst anfangs skeptisch war, als ihr Mann Chris ihr das vorschlug. ("In Ordnung, Baby. Ich hab vor, Makrobiotik zu machen, aber du musst das nicht tun", hat er zu ihr gesagt.) Sie ließ sich überzeugen, nachdem eine makrobiotische Beraterin ihr die Ernährung gegen ihre Akne empfahl. Hätte mir das mal jemand 1995 sagen können?

Trotzdem kommt mir die "Superhero"-Variante noch etwas grausam vor und ich beschließe, mit dem Flirten anzufangen. Ich soll mir einen Topf Naturreis kochen, im Bioladen Fleisch- und Milchersatzprodukte probieren und Sonnenblumenkerne rösten. Wie es der Zufall so will, gibt es an meinem ersten Tag ein Tofugericht in der Kantine, die Sonnenblumenkerne ersetzen meinen nachmittäglichen Schokoriegel - mein veganer Flirt läuft bestens! Ermutigt springe ich zur nächsten Stufe, suche mir abends Rezepte für die Woche aus und mache mich auf den Weg in den Bioladen.

Distelöl, Ahornsirup, Weißkohl, Couscous und Mandelmilch sind noch einfach zu finden, aber dann stoße ich auf Hindernisse: Weizenkeime für mein veganes Knuspermüsli können momentan nicht geliefert werden, Reissirup ist auch aus und von Naturreis-Crispies hat die Frau an der Kasse noch nie etwas gehört. Nach den "milchfreien Schokoladen- oder Karobchips" frage ich schon gar nicht - Alicias "Erdnussbutter-Treats mit Schokoladenchips" müssen ausfallen.

Gerichte aus meiner veganen Woche mit Alicia Silverstone: Nori-Wraps, Knuspermüsli mit Kokosflocken und Ahornsirup, Pasta mit Sellerie und Kohl, Radieschen-Tabbouleh und Regenbogen-Sojafleischrollen im veganen Restaurant.
Gerichte aus meiner veganen Woche mit Alicia Silverstone: Nori-Wraps, Knuspermüsli mit Kokosflocken und Ahornsirup, Pasta mit Sellerie und Kohl, Radieschen-Tabbouleh und Regenbogen-Sojafleischrollen im veganen Restaurant.
© Gala.de

Dafür sind die herzhaften Rezepte ziemlich lecker. Mein überraschender Liebling: Heißer Reis mit kalter Zitrone, Tomate und Basilikum. Sehr schlicht, schnell zubereitet und schön leicht. Nur als ich die Reste am nächsten Tag wie von Alicia empfohlen in Nori wickle, bin ich nicht überzeugt. Die Algenblätter sind trocken und zäh, ich löffle den Inhalt einfach wieder raus. Die "rustikale Pasta" mit Sellerie, Kohl und Tomaten schmeckt hingegen super und an den Radieschen-Tabbouleh gebe ich einfach noch ein paar Kidney-Bohnen hinzu. Zum ersten Mal in drei Jahren traue ich mich außerdem in der Kantine an das Salatbuffet und bin überrascht: Auch ohne Ei und Käse wird man hier satt, das nachmittägliche Essenskoma fällt dafür aus. Begeistert erzähle ich meinen Kolleginnen von meinen Fortschrittten und wir verabreden uns für die nächste Mittagspause in einem veganen Restaurant in der Nähe - auch das ein voller Erfolg.

Am Mittwochabend lehne ich verschwitzt im Kopfstand an der Wand einer Turnhalle und denke an Alicia Silverstone. Neben dem Topf Reis und Tofu empfiehlt sie Einsteigern auch Yoga, Spaziergänge, Tagebuch-Schreiben und die "heiße Rubbelmassage". Mit einem heiß-nassen Waschlappen soll man sich dabei zwei Mal täglich den Körper abschrubben. Nach meinem Yoga-Kopfstand habe ich aber auf so viel Action keine Lust mehr. Doch wie Alicia verständnisvoll schreibt: "Kein Drama. Keine Schuldgefühle. Veganer zu sein ist eine Reise, nicht ein Ziel."

Überhaupt merke ich, wie ich immer öfter meine innere Alicia höre, vor allem, wenn es um die im Buch unterschiedenen bösen ("Nasty Food") und guten Nahrungsmittel ("Kind Food") geht. Auch wenn ich gar nicht "Superhero" sein möchte, ertappe ich mich dabei, wie ich ein schlechtes Gewissen bekomme, wenn ich Tomaten in meinen Salat schneide. Die Alkaloide darin verursachen Gelenkentzündungen, weiß ich jetzt. Alicia macht das sehr selten und nur, wenn sie sich "gut dabei fühlt."

Fazit nach einer Woche in Alicias Welt: Die einfachen Rezepte mit schlichten und oftmals wenigen Zutaten schmecken super und können leicht nachgekocht werden. Tatsächlich habe ich Käse, Milch oder Fleisch und Fisch allgemein fast überhaupt nicht vermisst. Erschreckenderweise ist mir der Verzicht auf Schokolade am Schwersten gefallen - ich bin wohl wie von Alicia prophezeit tatsächlich Zucker-abhängig. Interessant und fundiert sind auch die ausführlichen Aufklärungskapitel, wo es um die Tierindustrie, Alicia Silverstones persönlichen Weg zum "Superhero" und Gesundheit und Ernährung im Allgemeinen geht.

Schwierig wird es aber bei Gerichten, die besonders ungewöhnliche und schwer zu bekommende Zutaten benötigen: Vor allem die Rezepte der "Superhero"-Kost kann man manchmal nur mit Wörterbuch lesen - ich kannte Daikon, Mirin, Kinpira und Umeboshi jedenfalls vorher nicht. Wer Glück hat und fündig wird, muss sich dann oft auf teure Preise einstellen. In Alicia Silverstones "Superhero"-Leben ist außerdem nicht viel Raum für Spontanität. Während ich sonst nur am Wochenende einkaufen gehe, habe ich jetzt fast täglich gekocht und meine Mahlzeiten durchgeplant, weil nicht immer überall vegane Alternativen zur Verfügung stehen. Deshalb bleibe ich wohl vorerst beim Flirten - auch wenn Alicia schreibt, dass mein Körper mich von selbst zur nächsten Stufe drängen wird.

Als erstes nicht-veganes Gericht habe ich mir übrigens Pasta mit geschmorter Kaninchenkeule und Parmesan bestellt.

Alicia Silverstone: "Meine Rezepte für eine bessere Welt: Bewusst genießen, schlank bleiben und die Erde retten", 19,99 Euro, Arkana Verlag

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