Eigentlich ist Jessica Albas Buch "The Honest Life" kein Kochbuch. Das muss man fairerweise sagen - es ist eine Art Lifestylebibel, und beschäftigt sich neben guter Ernährung auch mit ökologisch verträglicher Kleidung, Putzmitteln, Konsumverzicht, Naturkosmetik, Familienwerten undundund. Dennoch gibt es ein sechsunddreißig Seiten langes Kapitel über "honest food", ehrliches Essen. Das in Kombination mit der Tatsache, dass Jessica auch regelmäßig verlockende Essensbilder postet, ließ mich schon hoffen, hier das eine oder andere Rezept abstauben zu können. Sie hat - wie ich - zwei kleine Kinder, das Bild neben dem Inhaltsverzeichnis suggeriert, dass beide mindestens so gern Eis essen wie meine. Die kulinarische Hoffnung war berechtigt. Aber Jessica, vielleicht kommst du, wenn wir uns mal treffen, zum Essen doch lieber zu uns?
Beim ersten Versuch musste ich ein bisschen mogeln, beziehungsweise abwandeln. Als Jessica Alba ihr Buch schrieb, war ihre kleine Tochter Haven noch im Breialter - also gibt es Breirezepte. Mein gleichaltriger Sohn hätte mir das zum Erscheinungszeitpunkt des Buches schon um die Ohren gespuckt. Ich hab mich also entschieden, aus dem Breirezept einfach eine Nudelsoße zu machen, das geht eigentlich immer. Gut, das Rezept war jetzt keine große Innovation (ein Pfund Blumenkohl, Karotten und geschälte Pfirsiche in Hühnerbrühe kochen, mit Nelke und Ingwer würzen, passieren, mit etwas Öl anreichern, fertig.) Doch es hat geschmeckt, Tag eins war abgehakt.
Tag zwei gestaltete sich etwas schwieriger. Erstmal: ein Rezept finden. Jessica Alba gibt tolle, kurze Tipps rund um allerlei Obst- und Gemüsesorten, ihre besten Teile oder womit man sie gut mixen kann. Nur mit Rezepten hält sie sich zurück. Eine der rezeptähnlichen Regeln ihres Ratgebers für gutes Essen lautet: "Im Zweifel rösten". Die beste Art, alle möglichen Gemüse zuzubereiten sei es, sie kleinzuschneiden, in eine Auflaufform zu füllen, mit Öl zu begießen, zu salzen, bisschen Zitrone drüber und sie für 30 Minuten in den Ofen zu schieben. So soll sogar Rosenkohl besser schmecken als Kartoffelchips, Zitat Jessica Alba.
Hm, ich bin nicht überzeugt. Also - unser Auflauf aus verschiedenen Gemüsen war lecker, ja. Aber er dauerte länger als dreißig Minuten, backte trotz mehrfachen Umrührens an der Auflaufform an und die von Alba gepriesenen knusprigen Stücke waren insbesondere den Kindern eher suspekt.
Für jeden Tag wäre mir das nicht nur zu eintönig, sondern auch zu zeitaufwendig. Jessica Alba steht total drauf - egal, wo man guckt, bei ihr wird im Zweifelsfall immer alles mit Olivenöl und Zitrone begossen, gesalzen, geröstet, gegessen. Blumenkohl. Fisch. Süßkartoffeln. Spargel. Rüben werden nicht gewürzt, sondern nur geröstet, dann zerkleinert und in Salat mit Ziegenkäse geworfen. Und Karotten mag Jessica Alba am liebsten, wenn sie geraspelt, mit Avocadostreifen, Mandeln und Rosinen vermengt und mit Zitronensaft und Olivenöl (ja, wieder!) als Salat gereicht werden. Ich finde ja viel Gemüse essen super. Aber gleichzeitig auch: puh!
Das Testprogramm für Tag drei war eher unser Ding: Für Kindersnacks hat Jessica Alba tolle Tipps parat. Karotten mit Hummus-Dip zum Beispiel. Apfel oder Banane mit ein bisschen Erdnussbutter. Putenwurstscheiben auf Birnen- oder Pfirsichstücken. Joghurt mit frischen Früchten. Maisfladen mit Käse und Gemüse gefüllt. Lässt sich alles gut verpacken, gut draußen essen, ist abwechslungsreich und auch die Kinder mögen es - da liegen Jessica und ich auf einer Wellenlänge.
Tag vier sollte das Kinderhighlight werden: Wir machen Eis selber. Die Zutaten sind überschaubar: Naturjoghurt, Honig, frische Beeren. Wir haben uns für die "Red, White & Blue Pops" entschieden (Achtung, Eisrezepte sind nicht im Essens- sondern im Inspirationsteil des Buches zu finden, Seite 18 ist die wichtigste Seite) und deswegen Erdbeeren und Blaubeeren vorbereitet. In der Annahme, dass eine Dreifarbigkeit in unseren kleinen Eisbehältern sowieso schwierig wird, habe ich nur zwei Joghurtmassen gemixt - eine mit Erdbeeren, eine mit Blaubeeren. Dann hat meine Vierjährige die beiden Mischungen nacheinander in Wassereishüllen gefüllt, dabei ordentlich rumgekleckst, aber auch viel Spaß gehabt. Und viel probiert!
Nach ein paar Stunden im Gefrierschrank (man kann die Eishüllen gut kopfüber in Eierkartons gefrieren lassen) war das Eis fertig und die Kinder waren sehr zufrieden. Einen großen Farbunterschied zwischen beiden Schichten gab's zwar leider nicht zu erkennen, aber das kümmert ein Kind mit Eis in der Hand wenig. Jessica Alba schlägt zwei weitere Eissorten vor, eine mit Erdbeeren und Basilikum, eine mit Banane, Ananas und Spinat. Zweitere werde ich mal lieber nicht ausprobieren.
Apropos Grünzeug: Jessica Alba hat noch drei weitere supergesunde Lieblingszutaten, an die ich mich, teils saisonbedingt, teils kindbedingt, in dieser Kochwoche nicht rangewagt habe.
Nummer eins: Quinoia. Eine alte Getreideart, die dafür gerühmt wird, weniger Gluten und mehr Protein zu enthalten als Weizen, Roggen und was wir sonst so verwenden. Jessica Alba kocht Quinoia statt Reis und berichtet, Honor esse das gekocht in Hühnerbrühe und gewürzt mit Olivenöl, Salz und italienischen Kräutern. Ich hab zwar probehalber Quinoia im Schrank, finde aber, dass Hirse und Grünkern auch gute Möglichkeiten sind.
Nummer zwei: Bohnen. Ich denke mal, es müssen die südamerikanischen Wurzeln sein, die Jessica Alba dazu bewegen, offenbar immer gekochte Bohnen im Kühlschrank zu haben. Die zweite schnelle Mahlzeit für Honor, laut Buch: schwarze Bohnen, am Wochenende gekocht und die Woche über als Beilage eingesetzt. Alba kocht auch Bohnen aller Farben, Linsen und braunen Reis in Hühnerbrühe, würzt das mit Olivenöl, Salz und Gewürzen (klingt bekannt?) wie Knoblauch und Zwiebel. Oder Linsen, die sie mit Kreuzkümmel, Koriander und anderen indischen Gewürzen abschmeckt. Das Buch beinhaltet sogar ein "Wie lange kocht man unterschiedliche Hülsenfrüchte"-Schaubild - Seite 210!
Nummer drei: Grünkohl. Ist es eine kalifornische Verschwörung? Überall taucht Grünkohl ("kale") auf, als Beilage, als Salat, in Getränken. Ich kenne Grünkohl als etwas, das im Herbst nach dem ersten Frost geerntet und zu Kochwurst gegessen wird. Ich wüsste nicht einmal, wo ich im Sommer frischen Grünkohl herbekommen soll. Und aus dem Zeug im Glas, wenn es das denn gibt, mache ich mir keinen Smoothie, sorry. Ich habe Schauspielerin Kimberly van der Beek, die auch gerne grünkohlhaltige Rezepte via Facebook postet, mal gefragt, wo sie denn bloß den Kohl herbekommt - leider hat sie mir noch nicht geantwortet. Wenn ich Jessica Alba zu fassen bekomme, wird das auch die erste Frage sein, die ich an sie richte. Und bis dahin finden Grünkohlsalat und Grünkohlgetränk einfach ohne mich statt.
Eine Leckerei erwähnt Alba zwar im Buch, lässt aber das Rezept vermissen: die Lasagne ihrer Mutter. Sie beschreibt, wie ihre Mutter früher ständig etwas auf dem Herd köcheln hatte und wie sie viele Menschen zusammenkommen ließ und tolles Essen servierte. Zum Beispiel ihre legendäre Lasagne. Da Rezept hätte ich wirklich gern ausprobiert - Jessica Alba verrät leider nicht einmal die Telefonnummer ihrer Mutter. Lasagnefans müssen also zu einem anderen Buch greifen.