Ihr letztes Album ist knapp vier Jahre her. Was haben Sie die ganze Zeit getrieben?
Ich war lange auf Tour, was sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat. Das neue Album hat auch insgesamt ein Jahr gebraucht, bis es fertig war. Ich weiß, das klingt alles nicht sehr sexy und aufregend, aber so war es.
Ihre Fans sind schon vor der Veröffentlichung in den Social Media Kanälen heiß gelaufen, konnten das neue Album kaum erwarten. Sind Sie groß bei Facebook und Co. unterwegs?
Absolut. Ich habe gerade erst Twitter für mich entdeckt, aber irgendwie scheine ich das Konzept dahinter nicht ganz zu verstehen. Ich bin eher ein Facebook-Typ. 80 Zeichen reichen mir meistens einfach nicht. Der Austausch auf Facebook liegt mir mehr.
Lesen Sie alle Kommentare, die sie bekommen?
Natürlich. Ich bekomme ja nicht so viele Kommentare wie etwa ein Kanye West, also lässt sich das zeitlich alles machen.
Das neue Album heißt "Closer to the people". Was verbirgt sich hinter diesem Titel?
Der Titel hat einen doppelten Boden. Das Internet gaukelt uns vor, dass die Menschen weltweit immer näher zusammen rücken, doch wenn man genau hinschaut, ist genau das Gegenteil der Fall. Gerade im Internet zeigen viele Menschen in der vermeintlichen Anonymität ihre hässliche Seite, Internet-Trolle mobben Menschen und versuchen, sie fertig zu machen. Man würde doch meinen, dass mehr Wissen über die Welt die Menschen menschlicher macht. Der andere Aspekt des Titels: Das Album ist sehr persönlich und intim geworden und kommt den Zuhörern hoffentlich sehr nah.
Sie haben einen sehr interessanten Familienstammbaum. Ihr Vater kommt von den Fidschi-Inseln, ihr Mutter aus Malaysia. Geboren sind Sie im westfälischen Münster. Mit welchen Augen sehen Sie die augenblickliche Flüchtlingsdebatte in Europa?
Auch hier passt der Albumtitel. Wir befinden uns in einer bisher nicht dagewesenen Ausnahmesituation. Ich sehe, wie in Deutschland Angela Merkel für ihren Kurs kämpft, der ihr vielleicht die Karriere kosten könnte. Aber welchen anderen Weg könnte sie auf einer moralischen Ebene denn einschlagen? Schlimm, wenn Menschen als Personen zweiter Klasse gesehen werden, weil sie vor Terror und Gewalt fliehen und ein neues zu Hause suchen müssen.
Haben Sie in ihrer Jugend aufgrund ihrer Herkunft Rassismus und Diskriminierung erfahren?
Ich hatte Glück. Mein Vater war ja in der Armee stationiert und dort kamen Menschen aus allen Kulturkreisen zusammen, so dass ich nie wirklich Vorurteile gegen mich erfahren habe.
Sie leben in London. Finden Sie dort das internationale, kulturelle Umfeld, das Sie brauchen?
Ich lebe in einer sehr schönen Gegend, in Primrose Hill. Für mich gibt es keinen Ort in Europa, in dem so viele Kulturen zusammen leben. Ich kann mir keinen besseren Lebensmittelpunkt wünschen.
Wie schreiben Sie Ihre Songs? Haben Sie eine bestimme Muse in ihrem Leben? Brauchen Sie eher Trubel oder absolute Ruhe?
Das Problem mit jedem Album die Fülle an Möglichkeiten, die man als Künstler hat. Man will sich selber treu bleiben und seinen Stil durchsetzen, aber wird leicht abgelenkt. Ich brauche einen ganz klaren Kopf, um alles im Blick zu behalten.
Künstlerinnen wie Adele oder Melody Gardot haben Musikrichtungen populär gemacht, die eigentlich gar nicht mehr angesagt waren. Wie kommt das?
Die Hörgewohnheiten haben sich geändert. Spotify und Co. helfen nicht zur Hörern, sondern auch Sängern, ganz leicht Zugang zu vergessener Musik zu bekommen. Das wiederum hat dann einen direkten Einfluss auf die Musik, die sie schreiben.
1988 feierten Sie mit "Twist in My Sobriety" und "Good Tradition" Welterfolge. Damals sagten Sie, sie fühlen die Last der ganzen Welt auf ihren Schultern. Haben Sie diese Last etwas ablegen können?
Oh ja, schon sehr schnell danach. Ich war damals 19 Jahre alt, und wer in diesem Alter fühlt nicht, dass man ganz allein alle Probleme der Welt lösen muss?