Die Preise, über die nur Hollywoods Schauspieler untereinander abstimmen, sind meist etwas weniger von großen Marketingkampagnen und mehr von der Suche schauspielerischer Qualität getrieben als Golden Globe und Oscar. Doch in diesem Jahr herrscht offenbar auf allen Ebenen eine fast schon langweilige Einigkeit: Als Sonntag Nacht in Los Angeles die "SAG Awards" verteilt und gefeiert wurden, da standen am Schluß de gleichen Gewinner vor dem Trophäenschrank wie bei den Golden Globes vor zwei Wochen. Zumindest was den Bereich des klassischen Kinodramas angeht.
Als beste Hauptdarsteller ausgezeichnet wurden Natalie Portman ("Black Swan") und Colin Firth ("The King's Speech"). Die eindrucksvollste Leistung in einer Nebenrolle brachten Melissa Leo und Christian Bale (beide "The Fighter"). Die vier werden langsam richtige Profis am Dankesmikrofon. Firth sorgte bei seiner Dankesrede für Schmunzler, weil er den Männern von der Saalsicherheit dankte - dafür, dass sie ihn reingelassen hätten. Und Melissa Leo dankte für "Unterstützung bei der Beschaffung eines Typen, den ich heute Nacht guten Gewissens mit nach Hause nehmen kann."
Den Preis für das beste Filmensemble strich das Team von "The King's Speech" ein, neben Colin Firth gehören Helena Bonham-Carter und Geoffrey Rush dazu.
Bei der Beurteilung der TV-Serien unterschied sich die Einschätzung der Schauspielkollegen dann leicht von den vorherigen Preisverleihungen: Betty White ("Hot in Cleveland") und Alec Baldwin ("30 Rock") begeisterten im Bereich Comedy, Steve Buscemi ("Boardwalk Empire") und Julianna Margulies ("The Good Wife") im Bereich Drama. Beste Teamleistungen wurden "Modern Family" und "Boardwalk Empire" bescheinigt.
Den Lebenswerk-Preis erhielt der schon 93-jährige Ernest Borgnine, dessen Schauspielpalette "Das dreckige Dutzend" ebenso umfasst wie die Sprechstimme des "Mermaid Man" aus "Sponge Bob" und der die Leidenschaft seiner jungen Kollegen für ihren privilegierten Job beschwor.
Für die Schauspieler bot sich im "Shrine Auditorium" in Los Angeles viel Gelegenheit für Branchenklatsch und Wiedersehensfreude, zum Spazierenführen von schicken, bunten Kleidern und teurem Schmuck und für gut platzierte Geschichten am roten Teppich. Auf ihre Zwei-Millionen-Dollar-Ohrringe von "Tiffany & Co." angesprochen, sagte Natalie Portman: "Ich möchte da gar nicht so drüber reden. Ich habe Sorge, jemand kommt und schneidet meine Ohren ab, die brauche ich noch." Nicole Kidman plauderte ein bisschen über Neutochter Faith und Jane Krakowski verriet, dass sie während der Schwangerschaft gerne Saft trinkt.
Ob die Oscars in einem knappen Monat - sie werden am 27. Februar - noch eine große Überraschung bieten können? Am spannendsten wird wohl das noch offenen Rennen um den besten Film werden, für den es bisher drei Favoriten gibt. Beim Regisseurpreis (Directors' Guild Awards/ DGA-Awards) gewann ebenfalls am Wochenende gerade "The King's Speech" die Lorbeeren, der hatte auch schon in der Entscheidung der Produzentenvereinigung den ersten Platz belegt. Die Golden Globes hatten "The Social Network" mit den meisten Preisen bedacht. "The Fighter" konnte fast durchgehend alle vier wichtigen Schauspieler in den Besten-Nominierungen unterbringen und hat dank der guten Lobbyarbeit von Produzent Mark Wahlberg noch eine kleine Chance auf einen Überraschungssieg aus dem Hintergrund.
Ein Monat noch, um Interviews zu geben, zu lächeln, viele Kleider und Anzüge ins Haus geschickt zu bekommen - die heiße Jahreszeit für Hollywoods Sterne hat gerade erst begonnen.
cfu