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Mad Men Style and the City

"Mad Men" - Jon Hamm
"Mad Men" - Jon Hamm
© Ben Leuner/AMC
Die großartige US-Serie "Mad Men" ist endlich in Deutschland zu sehen. Selten zuvor war Fernsehen so stylish und sexy. Und ein neuer "Mr. Big" wird auch noch geboten

Sein Name: Draper. Don Draper.

Der Mann ist Werber, verkauft den Menschen Träume – und ist selbst ein Traum: umwerfend elegant gekleidet, unwiderstehlich arrogant. Er raucht Kette, trinkt schon zum Lunch drei Martinis und vernascht zum Nachtisch die Damen reihenweise. Abends fährt er dann in den Vorort zu Frau und Kindern.

"Mad Man" Don Draper, gespielt von Jon Hamm, ist Kreativdirektor der Werbeagentur Sterling Cooper.
"Mad Men" Don Draper, gespielt von Jon Hamm, ist Kreativdirektor der Werbeagentur Sterling Cooper.
© Ben Leuner/AMC

Dieser Don Draper ist der attraktive Antiheld der gefeierten US-Serie "Mad Men", die jetzt in Deutschland als DVD erhältlich ist. Gespielt wird Draper von Jon Hamm, 38, einem bis dato unbekannten Schauspieler, den diese Rolle auf sämtliche Sexiest-Man-Listen katapultierte. In Amerika ist längst eine "Mad Man"-Mania ausgebrochen. Seit "Sex And The City" war keine Serie so stilprägend wie das TV-Ereignis um eine New Yorker Werber-Clique in den frühen Sechzigern. Der Retro-Chic aus "Mad Men" hat Kaufhäuser und Laufstege erobert, Kostümdesignerin Janie Bryant wird gefeiert wie sonst nur "SATC"-Ikone Patricia Field. Und Star Jon Hamm ist der neue "Mr. Big", ein Erfolgstyp, den Frauen begehren und Männer beneiden.

Der Begriff "Mad Men" wurde Ende der Fünfzigerjahre von New Yorks Werbe-Profis kreiert und bezieht sich auf die vornehme Madison Avenue, in der sie ihre Büros hatten. Es war eine Zeit des Wohlstands und des Aufbruchs, symbolisiert durch John F. Kennedy, der 1961 ins Weiße Haus einzog. Und es war eine Zeit, in der Männer noch Männer waren und in jeder Situation das Sagen hatten. Frauenbewegung? Ein Witz!

Die Agentur Sterling Cooper, in der Kreativchef Don Draper und seine Kollegen den amerikanischen Traum mitgestalten, mutet an wie ein exklusiver Herrenclub. Man trägt zackige Scheitel, Krawatte und Hemden mit Manschettenknöpfen. Bereits zum Elf-Uhr-Meeting wird Bourbon gereicht, und alle rauchen, dass einem schon vom Zuschauen die Tränen in die Augen treten. Frauen werden grundsätzlich mit "Schätzchen" angeredet und sind Freiwild. Für die Mad Men ist, O-Ton Don, "die ganze Welt ein BH-Verschluss, der nur darauf wartet, geöffnet zu werden".

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Don selbst ist schnittig wie seine Maßanzüge und hat stets einen Slogan parat: "Was Sie unter Liebe verstehen", belehrt er eine Kundin, "wurde von Leuten wie mir erfunden, um Nylonstrümpfe zu verkaufen." Die Lady wird Dons Geliebte, wie so viele vor und nach ihr. Daheim im Vorort-Idyll harrt indessen Dons Trophy-Wife Betty bei den Kindern aus - und ist todunglücklich. Im Hause Sterling Cooper feiert Karrierist Peter, der eifrig an Dons Stuhl sägt, seinen Junggesellenabschied, macht sich aber sofort an Dons zaghafte neue Vorzimmerdame Peggy heran. Chefsekretärin Joan ist so etwas wie die First Lady der Agentur, weil sie ihre Reize souverän einsetzt und weiß, sich unentbehrlich zu machen. Zum Beispiel indem sie immer eine Flasche Whisky, Aspirin und Pflaster für verkaterte Chefs parat hat.

"Mad Men" ist nicht einfach Fernsehen - "das ist eine ganze Welt", schwärmt der Chef des US-Senders AMC, der die Serie seit zwei Jahren und drei Staffeln ausstrahlt. Und er hat recht: Spätestens nach zwei Episoden möchte man sich vom Sofa bis zum Cocktailshaker neu einrichten; Frauen träumen von den mondänen Kleidern, den High Heels, den Negligés.

Doch hinter der perfekten Fassade tut sich ein emotionaler Abgrund nach dem anderen auf. Auch der smarte Don Draper verbirgt sein Innenleben hinter den Rauchschwaden unzähliger Zigaretten. Die Themen bei "Mad Men" - Liebe, Familie, Einsamkeit, der Sinn des Lebens – sind universal. Aber nie zuvor wurden sie so chic verpackt präsentiert.

Retro-Chic: Seit "Sex And The City" ist keine TV-Serie derart ins Blickfeld der Modewelt gerückt wie "Mad Men".
Retro-Chic: Seit "Sex And The City" ist keine TV-Serie derart ins Blickfeld der Modewelt gerückt wie "Mad Men".
© Ben Leuner/AMC

Der kreative Kopf und Produzent Matthew Weiner, der zuvor mit der Mafia-Kultserie "Die Sopranos" TV-Geschichte schrieb, gab seinem Team zur Einstimmung zwei Hausaufgaben: Billy Wilders Filmklassiker "Das Appartement" (1960, mit Jack Lemmon und Shirley MacLaine) zu sehen und den Roman "Zeiten des Aufruhrs" von Richard Yates (mit Kate Winslet und Leo DiCaprio verfilmt) zu lesen. Authentizität ist das eigentliche Erfolgsgeheimnis der Serie, die - neben vielen weiteren Auszeichnungen - gerade zum zweiten Mal mit dem Golden Globe prämiert wurde: "Mad Men" stellt die Errungenschaften der Zeit aus, ohne in die Nostalgiefalle zu tappen. Hier sieht zwar alles schön aus, nichts aber wird schöngeredet.

Die Serie aus der Vergangenheit verändert auch die Gegenwart: "Mad Men"-Mode ziert die Schaufenster des New Yorker Edel-Kaufhauses "Bloomingdale's", der Herrenausstatter "Brooks Brothers" in der Madison Avenue präsentiert limitierte "Mad Men"-Anzüge (merke: das Jackett wird mit zwei Knöpfen geschlossen), eigens entworfen von Kostümdesignerin Janie Bryant. Und dann erst ihre Bleistiftröcke, Blusen und Petticoats für die Dame! Mehr Vintage als bei "Mad Men" geht nicht: So führt in der Serie Dons Ehefrau Betty („eine Kreuzung aus Grace Kelly und meiner Großmutter") schon mal jenes blaue Kleid aus, das im richtigen Leben Bryants Mutter 1962 zu ihrer Verlobung trug. Powerfrau Joan betont ihre sexy Kurven mit kräftigen Farben; Peggy, die Neue, trägt zugeknöpfte Ensembles Marke Musterschülerin. Drunter - darauf legt Miss Bryant Wert - tragen die Schauspielerinnen übrigens wirklich Mieder und Hüftgürtel wie damals: für die richtige Haltung. Und die Herrenriege um Jon Hamm bindet sich ihre Krawatten selbst, damit der Look nicht künstlich wirkt.

Mit oder ohne Schlips ist Hamm ein Bild von einem Mann, dem eine große Kinokarriere prophezeit wird, wie vor ihm George Clooney, der ja auch als TV-Schauspieler anfing. Dieser Vergleich ist dem ehemaligen Lehrer aus St. Louis, der 2000 in "Space Cowboys" seine erste kleine Filmrolle spielte, eher peinlich. "Die Welt hat schon einen George Clooney, und der wird uns noch eine Weile erhalten bleiben. Aber ich fühle mich wie ein Junge, der endlich zur Party eingeladen worden ist. Und ich habe vor, die ganze Nacht aufzubleiben!" Seit dem "Mad Men"-Erfolg kann Hamm sich vor Angeboten und Gratis-Anzügen kaum retten. Doch im Gegensatz zu seinem Alter Ego Don Draper ist er seit zwölf Jahren nur einer treu: Kollegin Jennifer Westfeldt, 40. Das Paar lebt abwechselnd in New York und in Los Angeles, wo "Mad Men" - oh schöne Scheinwelt - im Studio gedreht wird.

Wäre Nikotin nicht so verpönt -dank dieser Serie wäre Rauchen wieder in. Beruhigend, dass das dauerqualmende Ensemble beim Dreh keine Risiken eingeht: Man zieht an harmlosen Kräuterzigaretten. Auch wenn niemand Schaden nimmt: Mit der vierten Staffel, die für Sommer angekündigt ist, wird die Zeit für die "Mad Men" unwiderruflich abgelaufen sein. Dann ist die Serie im Jahr 1964 angekommen - als die Beatles ihre ersten Live-Auftritte im US-Fernsehen hatten und mit E-Gitarren und Pilzköpfen eine neue Ära einläuteten.

Urike Schröder

gala.de

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