Story
Sommer, 1910: Sofia (Helen Mirren), die Ehefrau des russischen Schriftstellers Leo Tolstois (Christopher Plummer) kann es nicht glauben - ihr Mann, mit dem sie seit 48 Jahren verheiratet ist, hat seinem engsten Vertrauten Chertkov (Paul Giamatti) versprochen, die wertvollen Rechte an seinen Werken dem Volk zu vermachen. Seine Frau und die gemeinsamen Kinder sollen demnach leer ausgehen. Und das, obwohl sie seit 48 Jahren mit Leo verheiratet ist und das Manuskript von Krieg und Frieden sechs Mal eigenhändig abgeschrieben hat.

Um zu ihrem Recht zu kommen, versucht Sofia Tolstois jungen, naiven Sekretär Valentin auf ihre Seite zu ziehen. Dem ist es allerdings alles andere als angenehm, zwischen die Fronten seines von ihm verehrten Arbeitgebers und dessen Frau zu geraten. Einerseits bewundert er Tolstoi, besonders dessen Ansichten über die bedingungslose Liebe, andererseits sieht er, wie Sofia unter der Zurückweisung ihres Mannes leidet.
Hin und hergerissen in dem sich zuspitzenden Konflikt, findet sich Valentin selbst ganz plötzlich in seiner ersten Liebesbeziehung mit der hübschen und geistreichen Marsha (Kerry Condon) wieder.

Star-Feature
Helen Mirren brilliert in "Ein russischer Sommer" in der Rolle der tobenden Ehefrau Sofia. Ihr nimmt man die großen Gefühle zu ihrem Mann und die verzweifelte Wut über dessen Zurückweisung ab. Den ganzen Film hindurch bewegt sie sich zwischen grenzenloser Hingabe, beherrschter Wut und völliger Hysterie. Mal liebevoll, mal verzweifelt und besitzergreifend versucht sie, von Tolstoi die Liebe zu bekommen, die sie nach eigener Ansicht verdient hätte. Der Zuschauer leidet mit ihr, kommt aber an einigen Stellen auch nicht über ein Schmunzeln hinweg, wenn Sofia sich fast bis ins Lächerliche nach ihrem Mann verzehrt. Emotionsgeladene Rollen stehen der 64-jährigen Helen Mirren einfach gut zu Gesicht, man denke nur an ihre Rollen in "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" oder "Tötet Mrs. Tingle!".
Für Helen Mirren, die für ihre Interpretation der englischen Königin Elizabeth einen Oscar erhielt, besinnt sich durch die Rolle als Tolstoi-Ehefrau auch auf ihre eigenen russischen Wurzeln zurück. Ihre adligen russischen Großeltern waren während der Oktoberrevolution nach London ausgewandert, wo Helen 1945 unter dem Namen Elena Vasilievna Mironova geboren wurde. Schon nach der Kleideranprobe für ihre Rolle schwärmte Helen Mirren: "In den Kleidern habe ich ausgesehen wie meine Großtante, die in Russland zurückblieb".
Für ihre grandiose Leistung in "Ein russischer Sommer" wurde Helen Mirren in diesem Jahr mit einer Gloden-Globe-Nominierung belohnt. Den Preis schnappte ihr jedoch Sandra Bullock vor der Nase weg. Vielleicht hat Helen bei den diesjährigen Oscars mehr Glück - die Nominierungen werden allerdings erst am 2. Februar verkündet.
Fazit
"Ein russischer Sommer" bietet fast alles: Liebe, Leidenschaft, Familie, Verrat, Intrigen und Revolution. Mal geht es humorvoll, mal zutiefst dramatisch zu, doch in jeder Szene des Films wird deutlich, wie schwierig es ist zu lieben, und erst recht bedingungslos zu lieben. dass es jedoch noch viel schwieriger ist, ganz ohne Liebe zu leben, wird am Ende des Films immer deutlicher. Spätestens dann wird es auch Zeit zu den Taschentüchern zu greifen.
Wer große Gefühle im Kino liebt und sich nicht daran stört, dass die historische Einbettung einige Fragen offen lässt, beispielsweise weshalb Tolstoi ein so großer Medienstar war, für den ist "Ein russischer Sommer" ein durchaus lohnenswerter Kinobesuch.
rbr
