Für die meisten von uns verkörpert David Bowie genau den Typen, den er in seinem berühmtesten Lied besingt: einen absoluten "Hero". Leider ließ sich der Held in den vergangenen zehn Jahren - da kam sein bisher letztes Album auf den Markt - kaum blicken. Sogar den prestigeträchtigen Job bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele in London sagte der Brite im vorigen Jahr ab. Was er stattdessen getrieben hat, wissen wir nun: Er bereitete sein großes, selbst für Freunde überraschendes Comeback vor.
Pünktlich zum 66. Geburtstag am 8. Januar lancierte er via Internet die Single "Where Are We Now?" - eine elegische Hommage an seinen einstigen Wohnort Berlin. Von 1976 bis 1978 lebte er, damals Ende 20, in der Hauptstraße in Schöneberg; im Hinterhaus hatte Iggy Pop sein Domizil.

Fast schon wehmütig klingt es, wenn sich David Bowie in seinem Song an die Orte erinnert, die er mit seinem Partner in Crime erkundete. Er besingt den Potsdamer Platz, wo er in den Hansa Tonstudios unter anderem die legendäre Hymne "Heroes" aufnahm, oder die Nürnberger Straße. Dort wippte er als Stammgast in der Disco "Dschungel" am Tresen zu experimenteller Musik und trank dabei seinen geliebten Wodka. "Erkannt wurde er nur von Eingeweihten", sagt die Berliner Modedesignerin Claudia Skoda, eine gute Freundin aus dieser Zeit, "weil er einen Bart trug und sich extrem unauffällig kleidete." Nix Ziggy Stardust, eher der Typ Malocher, der sich im Kreuzberger Fachgeschäft John Glet mit Blaumännern eindeckte. Von harten Drogen, so Skoda zu "Gala", habe der als Multitoxikologe bekannte Bowie in dieser Zeit weitgehend die Finger gelassen. Auch wegen Iggy: "David hat seinen Kumpel extra mit nach Berlin genommen, damit der von den Drogen runterkommt."
In der umgebauten Fabriketage der Designerin waren die Jungs häufig zu Gast. Bekochen ließ sich Bowie dort von den Mädels, am liebsten aß er Steak mit Salat oder chinesisch. Ansonsten fuhr er gern an den Wannsee oder besuchte den Schwulenclub "Anderes Ufer" direkt vor seiner Haustür. An Jungs sei Bowie jedoch nicht wirklich interessiert gewesen, sagt Claudia Skoda: "Er war ein absoluter Womanizer, stand auf große, sexy Frauen, keine verhuschten Mäuschen." Doch sogar der coolste aller Männer blitzte manchmal ab. Einmal flirtete er heftig ein lesbisches Skinhead-Mädchen an, erinnert sich Skoda. Als er ihr schließlich ins Ohr säuselte, sie sehe aus wie ein weiblicher Marlon Brando, servierte sie ihn mit den Worten "Du A ..., du" typisch berlinerisch-schnodderig ab.
Ab und an besuchte ihn seine Frau Angie samt Sohn - denn, ja, der Sänger war damals verheiratet. Viel lieber als mit seiner Frau zog er jedoch mit Iggy Pop los. Ihn begleitete er auch bei Konzerten auf dem Keyboard - hinter der Bühne, damit er ihm nicht die Show stahl. David Bowie liebte es, sich in Berlin durch den Tag (und vor allem die Nacht) treiben zu lassen. "Für mich war es fantastisch. Ich konnte dort uneingeschränkt das Leben führen, wozu ich Lust hatte", sagte er mal in einem Gespräch mit "Gala".
image Dieses locker-flockige Dasein ist längst passé. Bowie lebt heute mit seiner zweiten Frau, Supermodel Iman, und der gemeinsamen Tochter Alexandria zurückgezogen in zwei zusammengelegten Apartments an der Lafayette Street in New York. Am liebsten kümmert er sich um Lexy, so sein Kosename für seine zwölfjährige Tochter, frühstückt mit ihr und bringt sie abends ins Bett. Außerdem muss Bowie sehr genau auf seinen Körper achten. Nach einer Herz-Notoperation 2004 steht es um ihn heute wieder besser, bestätigt sein Produzent Tony Visconti, der häufiger in der WG von Claudia Skoda dabei war. "Ihm geht es sehr gut, er hat sogar rosige Wangen", witzelte Visconti gerade über den meist etwas bleich wirkenden Superstar.
Wem Bowie sein gesundes Aussehen zu verdanken hat? Vor allem Ehefrau Iman, die ihn massiv zur Schonung zwingt - und zur fettfreien Diät. "Als Engländer liebt er Frittiertes. Das gibt es aber nicht mehr", sagt sie. Ins Fitnessstudio schickt sie ihn täglich, und natürlich musste er seinen Alkoholkonsum massiv reduzieren. Wie leicht war das Leben doch auf der Insel der Glückseligen - damals in West-Berlin ...
Mitarbeit: Julide Tanriverdi