Er ist herrlich unkompliziert. "Ich geh noch schnell aufs Klöchen!“, ruft Daniel Brühl, 41, als er die Suite im Berliner "Soho House" betritt, wo wir zum Interview verabredet sind. Wenig später sinkt er entspannt ins Sofa. Brühl gehört zu den erfolgreichsten Deutschen in Hollywood, aktuell ist er mit Julie Delpy in dem großartigen Drama "My Zoe" zu sehen. Privat ist Felicitias, 31, die wichtigste Frau für ihn. Und so, wie er von ihr und Sohn Anton Hanno schwärmt, hat man den Eindruck, dass die beiden mit auf dem Sofa sitzen.
Daniel Brühl: "Vatersein ist sehr wohltuend"
GALA: In "My Zoe" soll ein Kind geklont werden. Könnten Sie sich vorstellen, Ihren Sohn zu reproduzieren?
Daniel Brühl: Nein. Vielleicht in 50 Jahren, wenn dies dank der Forschung problemlos möglich wäre. Noch klingt dieser Gedanke aber gruselig für mich.
Macht Ihnen die unendliche Liebe, die man für sein Kind empfindet, manchmal Angst?
Ja, klar! Mein Sohn ist zwar gerade erst drei geworden, aber dieses Loslassen und ihn Hinausschicken in die große, weite, gefährliche Welt beängstigt mich oft. Das hat mit der Kita begonnen, als wir den Kleinen plötzlich anderen Leuten überlassen mussten. Deshalb hat mich das Drehbuch von "My Zoe" auch so berührt, es behandelt das Schlimmste, was Eltern passieren kann. Ich habe es gelesen, als meine Frau hochschwanger war, und es hat mich emotional umgehauen.

Und dann war plötzlich Ihr eigenes Kind da.
Durch meinen Sohn habe ich erst gemerkt, dass mir vorher etwas fehlte. Auf einmal gibt es jemanden, der wichtiger ist als man selbst und der das Leben komplett erfüllt. Ein irres Gefühl. Gerade für mich als Schauspieler ist das Vatersein sehr wohltuend. Früher dachte ich mehr über mich nach, drehte mich dabei manch mal um mich selbst. Das ist vorbei. Die Probleme von damals betrachte ich nur noch als Problemchen.
Sie haben jetzt quasi noch ein Baby: "My Zoe" wurde von Ihrer Firma produziert.
Nach 25 Jahren als Schauspieler hatte ich den Wunsch, in dem Geschäft auch auf andere Art tätig zu sein. Ich bin bei unserer Firma Amusement Park der kreative Produzent, der Projekte an Land zieht. Und im nächsten Jahr werde ich erstmals Regie führen.
Wie kriegen Sie es hin, dass die Familie bei alldem nicht zu kurz kommt?
Meine Frau macht das toll. Sie war bis her flexibel, arbeitet aber seit Kurzem wieder als Psychologin in Berlin. Ich war gerade sechs Monate in Budapest und habe mit Dakota Fanning die zweite Staffel von "The Alienist" gedreht, da hat meine Frau mich mit unserem Sohn öfter besucht. In Zukunft würde ich das Herumreisen ganz gerne reduzieren. Auch deswegen ist es schön, eine Firma in Berlin zu haben.
"Meine Frau ist wie ein Lotteriegewinn"
Ihre Frau hat Sie auch heute begleitet. Wenig getrennt sein - ist das Ihr Glücksrezept?
Das hängt heute eher damit zusam men, dass wir gleich um die Ecke vom "Soho House" wohnen. Ich nutze das FitnessStudio, und wir beide gehen hier gerne etwas trinken. Aber es stimmt: Wir versuchen viel als Paar zu unternehmen, gerade wenn der Kleine in der Kita ist.
Sie haben also Ihren Lebensmenschen gefunden?
Das ist wie ein Lotteriegewinn! Jeder, der den richtigen Partner findet, sollte sich sehr glücklich schätzen. Weil es so schwer ist. Ich weiß ja auch, wie kompliziert und nervig ich sein kann. (lacht) Jemanden zu haben, der das zu nehmen weiß, ist toll. Und wir können beide wunderbar miteinander lachen. Den Humor darf man in einer Beziehung nie verlieren.
Wie wichtig ist Ihre Frau für Ihren Erfolg?
Sehr wichtig. Als Schauspieler muss man sich in Menschen hineinfühlen, und genau das ist auch ihr Job. Als Psychologin ist sie ein wunderbares Korrektiv. Ich kann von ihrem Wissen profitieren. Insofern ist das zwischen uns eine symbiotische Verbindung.
Rollenvorbereitung ist laut und peinlich
Spielen Sie ihr neue Rollen vor?
Das nicht. Aber ich nutze sie zum Anspielen. Das heißt, sie gibt mir das Stichwort oder spricht längere Dialoge, und ich antworte. Das bringt uns beiden großen Spaß. Den Findungsprozess einer Figur betreibe ich aber für mich. Dabei probiere ich mich unbeobachtet aus, bin auch mal laut und peinlich.
Wie geht das genau?
Ich laufe durch die ganze Wohnung. In Bewegung fällt mir das Üben leichter. Dort gibt es ein paar Ecken, die mich besonders inspirieren. Einer meiner Lieblingsrückzugsorte ist eine kleine Sauna auf dem Balkon, die ein Freund für mich gebaut hat. Bei 90 Grad vor mich hinzubrüten ist toll. Ich schaue auf Berlin und schwitze. Dabei komme ich auf die besten Ideen.
"Das richtige Leben wartet zu Hause"
Suchen Sie sich Ihre Rollen danach aus, wer mit Ihnen spielen wird?
Das steht an dritter Stelle. Zuerst geht's ums Drehbuch und die Regie - und dann um die Kollegen. Ein, zweimal gab es Fälle, in denen ich wusste: Oh, da ist der oder die dabei, ach nee. Bevor ich drei Monate mit einer Nervensäge verbringe, lasse ich es lieber sein.
Wie gefallen Sie sich auf dem großen Bildschirm?
Ich mag mich nicht gerne sehen, aber mittlerweile ertrage ich mich immer hin ohne Probleme. Trotzdem schaue ich meine eigenen Filme nicht häufig an. Höchstens dreimal. Ich neige dazu, sehr hart mit mir selbst zu sein. Aber am Ende des Tages geht es ja nur um einen Film. Das richtige Leben wartet zu Hause.