"Thor" ist Sonntagabend (27. Oktober) nach Berlin gekommen, doch die meisten Fans hat sein dunkler Gegenspieler Loki und dessen Darsteller Tom Hiddleston an den roten Teppich gelockt: Wie Loki hatten sich viele, oft weibliche Fans verkleidet, sein Name erklingt in Sprechchören, als seine Limousine vorfährt, ist der Jubel am lautesten. Dabei ist der Donnergott "Thor", gespielt von Chris Hemsworth, die eigentliche Heldenfigur des an die nordische Götterwelt angelehnten Spektakels aus der Comicwelt von Marvel. Und beide Heldendarsteller erarbeiten sich ihre Fanscharen - in Berlin waren es Tausende - mit Leib und Seele. Sie schreiben Autogramme, strahlen in Kameras, lächeln, danken, sehen dabei blendend aus und sind rundum gut gelaunt und ganz offensichtlich von dem, was sie da spielen dürfen, begeistert - so was kommt an.
In Hollywood sind Hemsworth und Hiddleston heiß gehandelter Nachwuchs, ihre Terminkalender sind voll, die Auswahl wird größer.
Den 30-Jährigen Australier sah man schon in "Star Trek", "Cabin in the Woods", "Snow White and the Huntsman", zuletzt gerade im Rennfahrerfilm "Rush" neben Daniel Brühl. Noch in der Nacht nach der Premiere muss er weiter, zurück nach London - nicht nur zu Frau und Tochter, sondern auch ans Set von "Heart of the Sea", das neue Werk von Regiegröße Ron Howard. Morgens um fünf Uhr geht es los, verrät der zurzeit braunhaarige Hüne. Und meistert all die Fragen, die Schreie und die Autogrammwünsche dennoch mit einem Lächeln. Als nächste Projekte stehen für ihn der kommende "Avengers"-Film an, in dem er wieder den Hammer schwingen wird. Ob er auch im zweiten Teil der Schneewittchen-Neuauflage wieder dabei sein wird, weiß er noch nicht, sagt er. Und was hat der Mann mit solch einer Kostümfilmhistorie für Halloween-Pläne, feiert er mit der Familie? "Wann ist das denn?", erkundigt sich Hemsworth erstmal vorsichtig - der Umzug nach Los Angeles ist ganz offensichtlich noch nicht allzu lange her. "In vier Tagen? Nein, da muss ich arbeiten." Aber, ganz ehrlich, welches Superheldenkostüm würde er denn für eine Halloweenparty auswählen? Er muss nicht lang überlegen - "Dies hier, oder? Hängt schon im Schrank, wie praktisch ...". So sieht es aus, wenn ein Star noch richtig auf dem Boden geblieben ist, obwohl ihm gerade jede Menge Menschen ins Gesicht gekreischt haben.


"Thor - The Dark Kingdom" ist der zweite Teil des Erzählstrangs um den Donnergott, die schwierige Beziehung zu seinem Götterbruder Loki und seinem Vater Odin (Anthony Hopkins) und die genauso schwierige Liebesgeschichte, die ihn zunehmend mit der menschlichen Wissenschaftlerin Jane Foster (Natalie Portman) verbindet. Wurde Thor im ersten Film noch auf die Erde gestürzt und musste dort nur mit Charme und seiner beeindruckenden Physis durchkommen, verlagert sich die Geschichte im zweiten Teil stärker in die Götterstadt Asgard. Und mit dem alten Dunkelelfen-Anführer Malekith (Christopher Eccleston) gibt es auch einen neuen Bösewicht.

Nach Berlin waren aber nur die Helden der Geschichte, die drei Hauptdarsteller Hemsworth, Hiddleston und Portman gekommen, dazu Regisseur Alan Taylor, der sich schon mit TV-Serien wie "Mad Men", "Boardwalk Empire" und "Game of Thrones" einen Namen gemacht hat - gerade mit letzterem im Hintergrund darf man dann auch vor Horden kreischender Marvelfans treten und sich stürmisch begrüßen lassen. Auch wenn die Dimensionen der Begeisterung für einen Fernsehmann neu sind, das gibt er selber zu. Und dass er es wahnsinnig aufregend findet, all diese Aufmerksamkeit, all diese Menschen, die mit ihm sprechen wollen, wie könne es nicht schmeichelhaft sein? Passend zum roten Teppich hat er sich in dunkelrote Lederschuhe geworfen, darauf angesprochen kommentiert er mit Augenzwinkern "Ja, fast wie in einem Tanzfilm, oder?" oder macht ein paar tänzelnde Schritte über den Teppich. Auch ein paar Grüße an die Familie - seine Frau stammt aus Deutschland - sind noch drin.

Natalie Portman bewegt sich in einem weißen Kleid ebenso elegant wie langsam über den roten Teppich. Sie ist der etablierteste der anwesenden Stars, sie, die immerhin schon einen Oscar gewonnen hat. Und sich dennoch den Spaß macht, sich diesen Auftritt im eher lustigen, bunten Popcorn-Universum von Marvel zu gönnen. Die Fans begrüßen sie freundlich, aber mit weniger Enthusiasmus als die in Scharen anwesende Presse. Bezaubernd ist ihr Auftritt dennoch - sie hatte "eine Auswahl von Dior-Kleidern für den Abend" mit in Berlin und wollte "mal schauen, welches sich nach dem Abendessen am bequemsten anfühlt", verriet sie uns früher am Tag. Gegen Ende des roten Teppichs, als ein paar Stufen hinunter gingen, konnte man ansehen, wie die zierliche Frau mit dem großen Kleid von zwei Helfern fast die Stufen hinuntergehoben werden musste - ihrem Lächeln und einer weiteren Runde Autogramme für wartende Fans tat das natürlich keinen Abbruch.

Am längsten dauert der Auftritt für den 32-jährigen Tom Hiddleston, der im Film den Thor-Bruder und Gegenspieler Loki, den Gott der Verwandlung und der bösen Intrigen gibt. Glück hat er, weil es währenddessen wenigstens aufhört zu regnen. Seine Fans konnte das Wetter sowieso nicht vertreiben - sie warfen sich in ausgefeilte Kostüme, plapperten Anzüglichkeiten über den Hammer in seiner Hose in die TV-Mikrofone und - das bemerkte der aufmerksame Brite sofort und lachte - hielten ihm sogar Pferdemagazine zum Unterschreiben hin. "So sehr lieben sie dich", kommentierte der Teppich-Moderator - doch Hiddleston, der sich nach Aussagen des Regisseurs genau mit der nordischen Mythologie beschäftigt hat, wird die Anspielung auf seinen Charakter sicher verstanden haben. Alle anderen müssen googlen. Hiddleston wurde mit der "Wallander"-TV-Serie bekannt, inzwischen sah man ihn auch bei den "Avengers", in "Midnight in Paris", in "Gefährten", aktuell gerade in Jim Jarmuschs bildgewaltigem Vampirfilm "Only Lovers Left Alive" an der Seite von Tilda Swinton. Über einen Mangel an Aufträgen kann er sich nicht beklagen. Dass Fans seit morgens um fünf am Hotel campieren, kann er kaum fassen. Sein Umgang damit: Ein sehr aktiver Twitter-Account ( @twhiddleston ) und ein ehrliches Danke an die Fans - siehe die Videobotschaft am Anfang des Artikels.
Marvel wird auf seine neuen Stars in Zukunft kaum verzichten wollen. Doch auch der Rest von Hollywood ist aufmerksam geworden: Diese jungen Götter werden noch über viele rote Teppiche gehen.